Heart Failure-Kongress

Antikörper könnte Herz wiederherstellen

ATTR-Kardiomyopathie-- Bisherige Medikamente zur Therapie einer ATTRKardiomyopathie können bereits vorhandene Amyloid-Ablagerungen im Herzen nicht entfernen. Ein neuer Antikörper scheint dazu in der Lage.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:

Ein neuer rekombinanter Antikörper (N1006) hat das Potenzial, die Herzfunktion von Patientinnen und Patienten mit einer ATTR-Kardiomyopathie wiederherzustellen. Jedenfalls ergibt sich eine solche erfreuliche Perspektive aus den ersten Erfahrungen am Menschen. Dr. Pablo Garcia-Pavia aus Madrid hat die Daten einer Proof-of-Concept-Studie beim Heart Failure-Kongress vorgestellt, parallel sind sie im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht worden.

Kein Medikament bisher kann Herzfunktion wiederherstellen

Was das neue Medikament im Vergleich zu den bereits vorhandenen ATTR-Therapien wie Tafamidis besonders macht, brachte Garcia-Pavia beim Kongress folgendermaßen auf den Punkt: „Alle Medikamente, die aktuell zur Verfügung stehen, stoppen zwar die Amyloid-Akkumulation, aber keines entfernt das Amyloid aus dem Herzen.“ N1006 wiederum ist genau für diese Aufgabe entwickelt worden: Der IgG1-Antikörper bindet selektiv an fehlgefalteten Transthyretin-Proteinen (TTR) – also an den Ablagerungen, die für die Entstehung der ATTR-Kardiomyopathie verantwortlich sind, weil sie das Herz versteifen und dadurch eine diastolische Dysfunktion verursachen. Durch Bindung des Antikörpers an die Fibrillen wird die Phagozytose und Entfernung dieser Fibrillen aus dem Gewebe induziert. Diese Wirkung könnte – so die Hoffnung – eine Erholung der Herzfunktion herbeiführen.

In der von Garcia-Pavia vorgestellten, doppelblinden Phase-I-Studie sollte nun die Grundlage für die weitere Erforschung des Medikamentes gelegt werden. 40 Patientinnen und Patienten mit ATTR-Kardiomyopathie und chronischer Herzinsuffizienz bekamen 2:1 randomisiert N1006 als monatliche i.v.-Infusion für vier Monate oder stattdessen eine Placebo-Infusion. Die N1006-Dosen wurden auftitriert (0,3–60 mg/kg Körpergewicht). Nahezu alle Patienten hatten gleichzeitig eine Behandlung mit Tafamidis erhalten (89 % bzw. 92 %), andere ATTR-spezifische Behandlungen waren nicht erlaubt. Im Anschluss an diese vier Monate wurden die Patienten in eine offene Extensions-Phase überführt, in der alle mit dem Antikörper für acht Monate lang behandelt wurden.

Das getestete Medikament verursachte keine behandlungsassoziierten Nebenwirkungen. Einzig ins Auge fiel eine höhere Rate an überwiegend milden Arthralgien in der Verumgruppe. „Wir sind zuversichtlich, dass das Medikament sicher ist“, bekräftigte Garcia-Pavia. Das hohe Maß an Sicherheit scheint auch mechanistisch begründet, da N1006 nur an fehlgefaltetem, aber nicht an physiologischem TTR bindet.

Antikörper entfernt Amyloid-Ablagerungen im Herzen

Auf der Nutzenseite ging die Einnahme von N1006, besonders ab Dosen von 10 mg/kg Körpergewicht, mit Veränderungen bestimmter Bildgebungsmodalitäten einher, die auf einen Rückgang von abgelagertem Amyloid hindeuten. So nahm die kardiale Tracer-Anreicherung in den im Verlauf vorgenommenen Szintigrafie-Untersuchungen ab. Zudem reduzierte sich das extrazelluläre Volumen (ECV) in der Kardio-MRT. Beide Bildgebungsbefunde sind Surrogatparameter für eine abnehmende Amyloid-Last im Herzen. Für einen solchen Effekt spricht auch die im Therapieverlauf zu beobachtende Reduktion von NT-proBNP und Troponin. Wie Garcia-Pavia berichtete, besserten sich während der zwölf Monate auch echokardiografische Befunde wie Wanddicke, linksventrikuläre Auswurffraktion und diastolische Funktion, ebenso wie die Lebensqualität. Die Studie bringe den Nachweis für das „proof of concept“ eines TTR-Abbaus durch N1006, folgerte der Kardiologe daraus. Die Daten stützen somit die weitere Erforschung der Substanz.

Fazit

Ein rekombinanter Antikörper wurde dafür entwickelt, Amyloid-Fibrillen bei einer ATTR-Kardiomyopathie zu beseitigen.

In einer ersten Studie am Menschen hat dieses Konzept funktioniert, darauf deuten Bildgebungsbefunde hin.

Diese Studie unterstützt damit die weitere Erforschung des Medikamentes.

Quelle-- Heart Failure, 20. - 23. Mai 2023, Prag

Literatur-- Garcia-Pavia P et al. N Engl J Med. 2023; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2303765

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