Bessere Infarktdiagnostik mit KI?

Künstliche Intelligenz-- Ein Team von Medizinern und Informatikern hat ein Modell der künstlichen Intelligenz entwickelt, das helfen soll, Herzinfarkte durch Gefäßverschlüsse besser zu erkennen. Die Ergebnisse lassen hoffen.

Von Robert Bublak Veröffentlicht:
Mit KI zur präzisen Diagnose. Chappy/stock.adobe.com/Generated with AI

Mit KI zur präzisen Diagnose.

© Chappy/stock.adobe.com/Generated with AI

Die Diagnostik okklusiver Myokardinfarkte ist mit einigen Schwächen behaftet, so die Arbeitsgruppe um Robert Herman von der Universität Neapel:

Kaum 25 % der ACS-Patienten weisen im Eingangs-EKG die typische ST-Hebungen auf.

Bis zu 35 % der Patienten ohne ST-Hebung zeigen bei einer verzögerten Angiografie einen kompletten Koronarverschluss.

20 % der Patienten mit Koronarokklusion erfüllen die Kriterien eines ST-Hebungs-Infarkts (STEMI) im initialen, 30 % in einem Folge-EKG. Aber in vielen dieser Fälle wird dennoch kein STEMI diagnostiziert.

NSTEMI-Patienten, die eine okklusive Koronarstenose zeigen, haben eine höhere Sterblichkeit und schlechtere linksventrikuläre Funktion als NSTEMI-Patienten ohne okkludierende Stenose.

Abhilfe könnte der Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) auf der Basis maschinellen Lernens und einer neuronalen Netzwerkarchitektur versprechen. Die Leistung eines solcherart mit EKG-Daten trainierten Modells, gestützt allein auf den Input eines einzelnen Standard-EKG, verglichen die Autoren zum einen mit der Aussagekraft von STEMI-Kriterien, definiert als: ST-Hebungen ≥ 1 mm in zwei angrenzenden Ableitungen außer V2–V3; in V2–V3 ST-Hebungen ≥ 2 mm bei Männern ab 40, ≥ 2,5 mm bei Männern unter 40, ≥ 1,5 mm bei Frauen. Zum andern wurden die KI-Befunde jenen von zwei erfahrenen EKG-Experten gegenübergestellt.

Genauigkeit erreicht 90,9 %

In die retrospektive Analyse gelangten 3.254 EKGs von 2.222 Patienten mit Verdacht auf akutes Koronarsyndrom und dokumentiertem klinischem Outcome – bei 21,6 % wurde schließlich ein okklusiver Infarkt diagnostiziert. Die KI schlug sich wacker. Die Genauigkeit der KI-Diagnosen mit Blick auf Infarkte mit Koronarokklusion betrug 90,9 %, die Sensitivität lag bei 80,6 % und die Spezifität bei 93,7 %.

Die humanen EKG-Spezialisten konnten mit der KI mithalten.

Die STEMI-Kriterien wurden damit übertroffen, deren Genauigkeit betrug 83,6 %. Die Kriterien produzierten 330 falsch negative Ergebnisse, nur jeder Dritte wurde binnen zweier Stunden einer Revaskularisation unterzogen. Bei den übrigen falsch negativ diagnostizierten Patienten erkannte die KI den Koronarverschluss bei 61,0 % korrekt, damit hätte es bei ihnen nicht, wie geschehen, mehr als neun Stunden bis zur Revaskularisation dauern müssen.

Immerhin konnte die natürliche Intelligenz der humanen EKG-Spezialisten mit der KI mithalten. Deren diagnostische Genauigkeit lag bei 90,8 %, auch Sensitivität und Spezifität ihrer Befunde unterschieden sich nicht signifikant von jenen des künstlichen Kollegen.

Die Autoren bescheinigen ihrer KI das Potenzial, die Triage von Patienten mit akutem Koronarsyndrom zu verbessern. Die prospektive Validierung steht aber noch aus.

Fazit

KI hat das Potenzial, die HerzinfarktDiagnostik zu verbessern.

Sie erreichte in dieser Studie das Niveau von EKG-Experten.

Literatur-- Herman R et al. Eur Heart J Digit Health. 2023; https://doi.org/10.1093/ehjdh/ztad074

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