ESC-Kongress
Braucht’s Routinechecks mit Stresstest?
Nach PCI-- Im Praxisalltag wird bei Hochrisikopatienten, die eine PCI erhalten haben, zur Nachkontrolle nicht selten ein Stresstest gemacht. Eine randomisierte Studie macht jetzt deutlich: Ein solcher Routinecheck bringt prognostisch nichts.
Veröffentlicht:Ein routinemäßig vorgenommener Stresstest ein Jahr nach der PCI bringt Hochrisikopatienten keine prognostischen Vorteile. Das ist das ernüchternde Ergebnis der randomisierten POST-PCI-Studie, die beim ESC-Kongress vorgestellt und zeitgleich im „New England Journal of Medicine“ veröffentlicht wurde. „Die POST-PCI-Studie bietet beeindruckende neue Evidenz für eine künftige Klasse III-Empfehlung für eine routinemäßige Kontrolltestung nach einer PCI“, lautet das Fazit von Dr. Jacqueline Tamis-Holland, die die Ergebnisse in einem Editorial kommentiert. „Bis es so weit ist, müssen wir uns mit der Verordnung einer Stresstestung zur Nachkontrolle einer PCI bei unseren Patienten zurückhalten, wenn keine klinischen Anzeichen oder Symptome auf ein Stentversagen hindeuten“, so die Empfehlung der Kardiologin aus New York.
Aktuell eine Klasse IIb C-Empfehlung
Derzeit sprechen die ESC-Leitlinien eine schwache Empfehlung für eine solche Kontrolluntersuchung aus. Konkret heißt das: Über die Durchführung einer Imaging-basierten Stresstestung kann bei Hochrisikopatienten 6 Monate nach einer Revaskularisation, sonst ein Jahr nach PCI bzw. > 5 Jahre nach CABG nachgedacht werden (Klasse IIb C). Trotz dieser zurückhaltenden Empfehlung scheinen Stresstests zur Nachkontrolle einer PCI im Alltag gängige Praxis zu sein, das jedenfalls legen Studien nahe, wobei die Implementierung solcher Kontrollchecks stark von der jeweiligen Klinik abzuhängen scheint.
Valide Evidenz für ein solches Vorgehen gibt es derzeit aber nicht, wie der POST-PCI-Studienautor Dr. Duk Woo Park, Seoul, beim ESC-Kongress bemängelte. Dieser Umstand hat ihn und sein Team zur Durchführung der Studie bewegt. Randomisiert wurden 1.706 Patientinnen und Patienten, die eine Hochrisikoanatomie (linker Hauptstamm, Bifurkationsstenose usw.) oder klinische Risikocharakteristika (Diabetes, Niereninsuffizienz usw.) aufwiesen und eine PCI erhalten hatten: zu einer nach einem Jahr routinemäßig vorgenommenen funktionellen Testung mittels Belastungs-EKG, Stressecho oder nuklearmedizinischer Verfahren (bei 92,5 % wurde dies gemacht) oder zur Standardversorgung, bei der solche Diagnostika nur im Falle klinischer Indikation vorgenommen wurden (das traf für 9 % zu).
Kein Einfluss auf Prognose
Beim primären Endpunkt – dazu zählten Todesfälle, Herzinfarkte und Klinikeinweisungen wegen Angina – gab es nach zwei Jahren keinen Unterschied: 46 Patienten aus der Stresstestgruppe (5,5 %) vs. 51 Patienten aus der Standardcare-Gruppe (6,0 %) waren betroffen (Hazard Ratio, HR: 0,90; p = 0,62). Und das obwohl, die routinemäßige Stresstestung tendenziell zu einer Zunahme invasiver Koronarangiografien (11,9 % vs. 9,0 %) und wiederholter Revaskularisationen (7,8 % vs. 5,6 %) in den zwei Jahren geführt hat, wenngleich nicht statistisch signifikant (p = 0,07 bzw. 0,09). Sprich, das aktive Eingreifen hat sich auf die Prognose der Patienten wohl nicht ausgewirkt. „Unsere Studie befürwortet keine aktive Nachkontrolle mit einem routinemäßig durchgeführten Stresstest als Follow-up-Strategie bei Hochrisikopatienten, die sich einer PCI unterzogen haben“, schloss Park daraus. Als Limitation verwies der Kardiologe auf die relativ niedrigen Ereignisraten, die geringer ausgefallen seien als erwartet. Diesen Umstand führt er auf die verbesserten Techniken zur Durchführung einer komplexen PCI und der generell optimierten Nachsorge zurück. In diesem Kontext sollte man erwähnen, dass bei 74,4 % der Patienten während der PCI eine intravaskuläre Bildgebung zum Einsatz gekommen war.
Fazit
Ein routinemäßig vorgenommener Stresstest 1 Jahr nach einer PCI hat bei Hochrisikopatienten und -patientinnen keine prognostischen Vorteile gebracht.
Der Studienautor rät deshalb von einer solchen Nachkontrolluntersuchung ab.
Eine Expertin plädiert angesichts dessen für eine Leitlinienänderung.
Quelle-- ESC Congress, 26. bis 29. August 2022 in Barcelona
Literatur--Park DW et al. N Engl J Med. 2022; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2208335
Tamis-Holland JE. N Engl J Med. 2022; https://doi.org/10.1056/NEJMe2210021