Bremst ASS Aortenaneurysmen?

Größte Studie bis dato-- Bei Patienten, die aus diversen Gründen täglich ASS einnahmen, vergrößerten sich bestehende Bauchaortenaneurysmen weniger schnell als bei Patienten ohne ASS-Behandlung, beobachteten US-Untersucher.

Von Peter Overbeck Veröffentlicht:

Eine Behandlung mit Acetylsalicylsäure kann möglicherweise die Progression von abdominalen Aortenaneurysmen (AAA) verzögern. Darauf deutet eine retrospektive Analyse der Daten eines Zentrums an der Cleveland Clinic in Cleveland/Ohio hin.

Langsamere Progression

Danach vergrößerte sich der Durchmesser der Bauchaortenaneurysmen von mit ASS behandelten Patientinnen und Patienten im Mittel um 2,8 mm pro Jahr, im Vergleich zu 3,8 mm bei Personen ohne ASS-Einnahme (p = 0,001). Die Wahrscheinlichkeit einer raschen Progression der AAA (Durchmesserzunahme um 0,5 cm oder mehr pro Jahr) war im Fall einer ASS-Verordnung relativ um 36 % geringer (p = 0,002). Die ASS-Behandlung war weder mit einer Abnahme der Gesamtmortalität (aHR: 0,92; p = 0,32) noch mit einer Risikoerhöhung für schwerwiegende Blutungen assoziiert (aHR: 0,88; p = 0,12). Die Analyse gründet auf Daten von 3.435 Patientinnen und Patienten (mittleres Alter 73,7 Jahre; 77,5 % Männer), bei denen zwischen 2010 und 2020 ein AAA unterhalb der Nierenarterien mit einem maximalen Durchmesser von 3 cm oder mehr festgestellt worden war. 62,5 % nahmen ASS ein (81 mg/Tag in rund 70 % der Fälle).

Kein Unterschied bei der Mortalität

Die Nachbeobachtung betrug im Median 4,9 Jahre. Bei Raten von 23,7 % (mit ASS) versus 24,7 % (ohne ASS) bestand bei der Gesamtmortalität kein Unterschied. Auch bezüglich Aneurysma-Reparaturen (21,3 % vs. 17,1 %), Dissektionen (0,5 % vs. 0,3 %) und Aneurysma-Rupturen (0,4 % vs. 0,5 %) gab es keine wesentlichen Differenzen. Bei AAA entsteht die Schwächung der Gefäßwand oft auf Grundlage atherosklerotischer Gefäßveränderungen. Die amerikanischen Kardiologengesellschaften ACC und AHA stufen entsprechende Aortenaneurysmen hinsichtlich kardiovaskulärer Komplikationen als „KHK-Äquivalent“ ein. Sie empfehlen in ihren Leitlinien von 2022 als präventive Maßnahmen analog zur KHK eine Normalisierung von Blutdruck und Cholesterin (Klasse-I-Empfehlung). Für niedrig dosiertes ASS (81 bis 162 mg/Tag) gibt es mit Blick auf AAA und intramurale Thromben oder penetrierende aortale Ulzerationen eine zurückhaltende Klasse-IIb-Empfehlung (Evidenzlevel C).

Es fehlt eine randomisierte Studie

In experimentellen Studien reduzierte ASS die intramurale Thrombusbildung sowie entzündliche Reaktionen von Aneurysmen und somit das Rupturrisiko. Die Evidenz für günstige Effekte auf das Aneurysmawachstum war aber sehr begrenzt. Die aktuelle Studie ist die bislang größte ihrer Art, allerdings mit den üblichen Limitierungen monozentrischer, retrospektiver Analysen behaftet. Gewissheit über eine mögliche progressionsverzögernde Wirksamkeit von ASS bei Patienten und Patientinnen mit AAA kann erst mit einer randomisierten kontrollierten Studie geschaffen werden.

Fazit

In einer retrospektiven, wenn auch großen und sorgfältigen Analyse zeigt sich ein geringeres Wachstum infrarenaler Aortenaneurysmen unter ASS, aber kein Effekt auf Rupturen, Aneurysmen oder die Mortalität.

Eine prospektive randomisierte Studie wäre wünschenswert.

Bisher besteht für ASS bei Aortenaneurysmen eine Klasse-IIb-Empfehlung.

Literatur-- Hariri E et al. JAMA Netw Open. 2023;6(12):e2347296

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