Erste Genkorrektur der FH

Hoffnung auf Heilung-- Erstmals ist es gelungen, bei familiärer Hypercholesterinämie (FH) mit einer einmaligen Genkorrektur das Low-density-LipoproteinCholesterin erheblich zu senken.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Mithilfe von CRISPR-Cas9  wird das PCSK9-Genin Leberzellen inaktiviert. Design Cells/stock.adobe.com

Mithilfe von CRISPR-Cas9 wird das PCSK9-Gen in Leberzellen inaktiviert.

© Design Cells/stock.adobe.com

Bei familiärer Hypercholesterinämie (FH) ist der Abstand von IST und SOLL beim LDL-Cholesterin (LDL-C) oft so groß, dass es schwierig wird, die erheblich beschleunigte Atherosklerose-Entstehung lebenslang mit LDL-Senkern in Zaum zu halten. Vor diesem Hintergrund wäre es ein Segen, wenn es gelänge, mit einer einmaligen Genkorrektur die PCSK9-Produktion in der Leber auszuschalten oder zumindest erheblich zu reduzieren.

CRISPR-Technologie

Eine solche gezielte Genkorrektur auf Basis der CRISPR-Technologie ist von der Firma Verve Therapeutics entwickelt und zunächst im Tierversuch sowie in menschlichen Leberzellen erfolgreich getestet worden. Beim AHA-Jahreskongress sind erste Daten einer Pilotstudie beim Menschen mit heterozygoter FH vorgestellt worden. Bisher wurden neun Probanden behandelt, die an fortgeschrittenen atherosklerotischen Erkrankungen litten und trotz oraler lipidsenkender Therapie in maximal verträglicher Dosierung sehr hohe LDL-Spiegel (im Schnitt 202 mg/dl) aufwiesen. Verabreicht wurde einmalig eine in Lipidnanopartikel verpackte RNA, die einen punktuellen Fehler im PCSK9-Gen der Leberzellen verursacht, der letztlich zur Inaktivierung des Gens führt. PCSK9 verhindert das Recycling der LDL-Rezeptoren und erhöht somit das LDL-C.

LDL-C in etwa halbiert

Getestet wurden vier Dosierungen, wobei sechs Patienten die beiden niedrigeren Dosierungen (0,1 und 0,3 mg/kg) erhalten hatten, die sich als nicht ausreichend erwiesen. Die beiden höheren Dosierungen (0,45 und 0,6 mg/kg) reduzierten die PCSK9-Aktivität bei drei Probanden um 47 %, 59 % und 84 %. Das LDL-C sank dadurch um 39 %, 48 % und 55 %. Beim einzigen Patienten mit 0,6-mg/kg-Dosis sank das LDL um 55 % innerhalb von einem Monat und behielt dieses Niveau auch nach 6 Monaten bei.

Wie sicher ist die Therapie?

Eine entscheidende Frage wird der Sicherheit des Eingriffs ins Genom gelten. In der vorliegenden Studie zeigten vier Patienten eine Reaktion auf die Infusion. Beim Probanden mit der höchsten Dosis wurde ein vorübergehender Anstieg der Leberenzyme festgestellt. Ein Patient erlitt am Tag nach der Infusion einen Herzinfarkt, ein zweiter verstarb nach fünf Wochen an einem Herzstillstand. Beide waren schwer herzkrank gewesen und die Komplikationen passen zur Grunderkrankung. Der Hersteller wird die Dosis-Findungsstudie mit den beiden höheren Dosierungen fortsetzen und die Patientenzahl erhöhen. Für 2025 ist eine Placebo-kontrollierte Phase-II-Studie geplant. Sollte sich die Genkorrektur als wirksam und verträglich erweisen, könnte dies für Betroffene mit FH eine Chance auf Heilung bedeuten

Fazit

Erstmals wurde eine Genkorrektur zur LDL-Cholesterin-Senkung am Menschen getestet.

Erste Ergebnisse zeigen, dass es funktioniert, doch die Sicherheit muss sehr sorgfältig evaluiert werden.

Der Ansatz würde eine Aussicht auf Heilung der familiären Hypercholesterinämie bedeuten.

Quelle-- American Heart Association, Scientific Sessions, Philadelphia, 11. bis 13. November 2023

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