KHK präziser vorhersagen

Der Wert des Kalziumscores-- Die Hinzunahme des koronararteriellen Kalziumscores ermöglicht eine genauere Risikoklassifikation von Patienten und Patientinnen mit Verdacht auf eine Koronarstenose. Die Maßnahme ergänzt die gängige Risikoprognose, Neueinstufungen sind häufig.

Von Robert Bublak Veröffentlicht:
Die zusätzliche CTA ersparte vielen Patienten weitere Tests. samunella/stock.adobe.com

Die zusätzliche CTA ersparte vielen Patienten weitere Tests.

© samunella/stock.adobe.com

Begeben sich Patienten mit Brustschmerzen oder Dyspnoe ohne bekannte koronare Herzerkrankung in medizinische Behandlung, kann eine erste Einschätzung des Risikos für eine Koronarstenose auf der Basis von Alter, Geschlecht und Art der Symptome erfolgen. Letztere werden unterschieden in typische Angina, atypische Angina oder Dyspnoe und nicht anginöser Schmerz. Genauer wird die Vorhersage, wenn kardiovaskuläre Risikofaktoren mit ins Kalkül gezogen werden, wie KHK-Familienanamnese, Rauchen, Dyslipidämie, Hypertonie, Diabetes [1].

Herkömmliches Prognosemodell plus CT-Angiografie

Eine dänische Studiengruppe hat herauszufinden versucht, ob und wie sich die Aussage zur klinischen Wahrscheinlichkeit von obstruktiven Koronarstenosen (≥ 50 % oder fraktionelle Flussreserve ≤ 0,8) verändert, wenn das herkömmliche Prognosemodell um den in der koronaren CT-Angiografie (CTA) gemessenen koronaren Kalziumscore, berechnet nach der Agatston-Methode, erweitert wird [2]. Dabei dienten die Prätest-Schätzungen der Wahrscheinlichkeit für obstruktive Stenosen auf der Basis von Risikofaktoren als Vergleich, eingeteilt in die Kategorien sehr niedrig (≤ 5 %), niedrig (5–15 %), moderat (15–50 %) und hoch (≥ 50 %). Analysiert wurden die Daten von knapp 40.000 Patienten mit KHK-Verdacht in einem dänischen Herzregister, die sich zwischen 2008 und 2017 einer ersten koronaren CTA unterzogen hatten. 24 % von ihnen wiesen eine Koronarstenose auf, 9 % eine obstruktive Verengung. Eine Reklassifizierung nach der koronaren CTA erfolgte bei 39 % der Patienten. Die höchste Reklassifizierungsquote war bei den Patienten mit niedrigem Risiko festzustellen, sie betrug 75 %. In der Kategorie mit sehr niedrigem Risiko wurden 8 %, in jener mit moderatem Risiko 53 % und in der Kategorie mit hohem Risiko 30 % der Patienten reklassifiziert. 58 % waren nach der koronaren CTA in eine niedrigere Risikokategorie, 42 % in eine höhere Kategorie eingestuft worden.

Viele Veränderungen bei niedrigem Prätest-Risiko

Für Patienten der Prätest-Kategorien mit sehr niedrigem bzw. hohem Risiko brachte die Messung des koronaren Kalziumscores kaum Veränderungen in der Klassifikation und hatte keinen wesentlichen Einfluss auf das klinische Management. Im Gegensatz dazu wurden 47 % der Patienten in der Kategorie mit niedrigem Risiko auf sehr niedriges Risiko herabgestuft, wodurch ihnen weitere Tests erspart blieben. 28 % ordnete man der Kategorie mit moderatem Risiko zu, was üblicherweise weitere Untersuchungen nach sich zieht. Substanzielle Auswirkungen des Kalziumscores ergaben sich auch für Patienten mit moderatem Stenoserisiko, sofern ihr Risiko 25 % nicht überstieg. Rund 20 % dieser Patienten fielen nach der koronaren CTA unter die Kategorie mit sehr niedrigem und knapp 30 % unter die Kategorie mit niedrigem Risiko. Wurden vor der koronaren CTA 49 % der Patienten als sehr gering stenosegefährdet eingestuft, waren es nach der CTA 63,4 %. Für niedriges Risiko lagen die Vorher-nachher-Raten bei 34 % und 16 % und für moderates Risiko bei 16 % und 18 %. Die größte relative Steigerung gab es in der Hochrisikogruppe, die sich von 0,1 % vor auf 2,5 % nach der koronaren CTA veränderte.

Nicht nur auf Schätzungen verlassen

Die Zahl der Patienten, die mithilfe der koronaren CTA untersucht werden müssten, um einen Patienten zu reklassifizieren, hängt nach Angaben der Autoren von der Prätest-Wahrscheinlichkeit ab und sei mit 2,1 in der Gruppe mit niedriger Risikokategorie am geringsten. Sie warnen aber davor, sich ausschließlich auf die Schätzung des Stenoserisikos zu verlassen. „Die Entscheidung für oder gegen weitere Untersuchungen sollte auf dem Gesamtbild und nicht nur auf der Prätest-Wahrscheinlichkeit oder klinischen Prognosemodellen beruhen“, so die dänischen Forscher.

Fazit

Der Kalziumscore verbessert die Abschätzung der Wahrscheinlichkeit für obstruktive Koronarstenosen.

Dies gilt v. a. in der Gruppe von Patienten mit niedrigem Ausgangsrisiko.

Durch zusätzliche CTA wird ein höherer Anteil von Patienten identifiziert, die mutmaßlich nicht von weiteren Tests profitieren.

Literatur--

1. Winther S et al. J Am Coll Cardiol. 2020;76:2421-32

2. Brix GS et al. JACC Cardiovasc Imaging. 2024; https://doi.org/10.1016/j.jcmg.2023.11.008

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