Komplett-Revaskularisation sofort?
MULTISTARS-Studie-- STEMI-Patienten und profitieren von einer kompletten Revaskularisation, doch was ist das optimale Timing? MULTISTARS AMI zeigt, dass die sofortige Komplett-Revaskularisation mindestens nicht unterlegen ist.
Veröffentlicht:Bei hämodynamisch stabilen STEMI-Patienten und -Patientinnen mit koronarer Mehrgefäßerkrankung wird nach Beseitigung der Infarktläsion meist eine komplette Revaskularisation angestrebt, weil das in mehreren Studien Vorteile hatte. Ob diese während der Indexprozedur erfolgen sollte oder erst zeitversetzt, war bisher unklar. Dieser Frage widmete sich die MULTISTARS-AMI-Studie, deren Ergebnisse Prof. Barbara Stähli von der Kardiologie am Universitätsspital Zürich bei der ESC-Tagung in Amsterdam vorstellte.
Halb so viele Endpunktereignisse bei sofortiger Revaskularisation
Für die Studie wurden 840 im Mittel 65 Jahre alte STEMI-Patienten und -Patientinnen rekrutiert, bei denen die Infarktläsion erfolgreich mittels PCI rekanalisiert worden war und bei denen mindestens ein weiteres Koronargefäß eine mindestens 70%igen Stenose aufwies. Die Randomisierung erfolgte zwischen sofortiger Revaskularisation der übrigen Läsionen oder verzögerter Zweit-PCI, die im Median nach 37 Tagen erfolgte. Primärer Endpunkt war ein Komposit aus Gesamtmortalität, nicht tödlichem Myokardinfarkt, Schlaganfall, ungeplanter ischämiebedingter Revaskularisation oder Krankenhauseinweisung wegen Herzinsuffizienz, alles innerhalb eines Jahres. Die Patienten waren zu drei Vierteln männlich und im Mittel 65 Jahre alt.
In der Kontrollgruppe vergingen bis zur Zweit-PCI im Median 37 Tage, mit einer Spanne von 30 bis 43 Tagen. Nach einem Jahr hatten 16,3 % der Patienten in der Gruppe mit zweizeitigem Vorgehen ein Ereignis gemäß primärem Endpunkt. In der Gruppe mit sofortiger Komplett-Revaskularisation waren es dagegen nur 8,5 %, eine relative Risikoreduktion um 48 %. Das war für Nichtunterlegenheit statistisch hoch signifikant (p < 0,0001). Die Wissenschaftler berechneten auch den p-Wert für Überlegenheit. Er betrug 0,0004. Allerdings wies Stähli darauf hin, dass die Studie nicht auf Nachweis von Überlegenheit gepowert war und daher trotz des deutlichen Unterschieds nicht von Überlegenheit der sofortigen Komplett-Revaskularisation gesprochen werden dürfe.
„Extrem hilfreiche Information“
Treibende Faktoren für den Unterschied zwischen den beiden Herangehensweisen waren nicht tödliche Myokardinfarkte und ungeplante Revaskularisationen. Bei Sterblichkeit, Stentthrombosen und Major-Blutungen gab es keine Unterschiede. Kontrastmittelverbrauch und Durchleutungszeit waren beim zweizeitigen Vorgehen höher. Akutes Nierenversagen war in beiden Gruppen ähnlich häufig. Es gab keine Subgruppen, die von einem verzögerten Vorgehen profitiert hätten. ESC-Studienkommentator Prof. Robert Byrne, Mater Private Network in Dublin, wies auf die gerade aktualisierte ESC-Leitlinie hin, die eine komplette Revaskularisation bei STEMI empfehle, sich aber bezüglich des Zeitpunkts zurückhalte. Wichtigste Botschaft der Studie sei, dass die sofortige Revaskularisation sicher sei, so Byrne. Die Studie liefere zudem Hinweise, aber keine harte Evidenz für Überlegenheit der frühen Komplett-Revaskularisation.
Fazit
Bei ST-Hebungsinfarkt und Mehrgefäßerkrankung ist es besser, neben der „Culprit“-Läsion auch weitere Koronarstenosen zu beseitigen.
Die MULTISTARS-Studie zeigt nun, dass die sofortige Komplett-Revaskularisation sicher ist.
Quelle-- ESC-Kongress, Hot-Line-Session 6, 25. bis 28. August in Amsterdam
Literatur-- Stähli BE et al. N Engl J Med. 2023; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2307823