LAA-Verschluss breiter einsetzen?
Leitlinien versus Alltag-- Bei welchen Patienten mit Vorhofflimmern sollte das linke Vorhofohr (LAA) verschlossen werden, statt sie zu antikoagulieren? Darauf gibt es immer noch keine einfache Antwort.
Veröffentlicht:Vorhofflimmern betrifft 1–2 % der Bevölkerung und 18 % der Menschen über 85 Jahre. Sollten diese alle antikoaguliert werden? Und wenn nein, gibt es Patienten, die sich besonders für einen alternativen LAA-Verschluss eignen? Kann die Indikation für das interventionelle Verfahren vielleicht viel breiter gestellt werden? Diese Fragen diskutierte Prof. Mariuca Nicotera von der Kardiologie am Klinikverbund Südwest Sindelfingen bei den DGK Herztagen. „In den Leitlinien ist der LAA-Verschluss bei nicht valvulärem Vorhofflimmern immer noch eine Klasse-IIB-Empfehlung“, so Nicotera. Reserviert ist er demnach für Patienten mit klaren Kontraindikationen für die orale Antikoagulation. In der Praxis wird das vielerorts etwas großzügiger gehandhabt. Niedergeschlagen hat sich u. a. im so genannten Münchner Konsensus, der einen LAA-Verschluss auch dann als eine Option vorsieht, wenn es diesseits der strengen Kontraindikationen gute Gründe gegen eine orale Antikoagulation gibt.
Wer für einen LAA-Verschluss infrage kommt
Nicotera nannte zum einen ein an einem HAS-BLED-Score ab 3 Punkten festgemachtes, erhöhtes Blutungsrisiko. Auch die Blutungsrisiken bei Langzeittherapie müssten in die Überlegungen einfließen. Antikoagulationsassoziierte Blutungen erlitten selbst bei einem HAS-BLED-Score von nur 2 Punkten 4 % der Patienten pro Jahr. Bei Langzeittherapie über zehn Jahre seien es 34 %. Zum zweiten führte sie Konstellationen mit dualer Plättchenhemmung an, in denen es darum gehe, entweder eine Triple-Therapie zu vermeiden oder zusätzlichen Schutz über die Plättchenhemmung hinaus zu erreichen. Als dritte Gruppe nannte Nicotera Patienten und Patientinnen mit schwerer Niereninsuffizienz, und als vierte all jene, die eine orale Antikoagulation ablehnen.
Hohe Abbruchrate bei Antikoagulation
Für einen liberalen LAA-Okkluder-Einsatz spricht Nicotera zufolge nicht zuletzt die relativ hohe Abbruchrate bei der oralen Antikoagulation: „Selbst in klinischen Studien liegt sie zwischen 17 und 34 Prozent.“ Häufig stelle sich die Frage des LAA-Verschlusses im kardiologischen Alltag bei Patienten, die nach akutem Koronarsyndrom langstreckige Stents oder einen Hauptstamm-Stent erhalten haben und gleichzeitig Vorhofflimmern aufweisen: „Hier sind wir relativ offen in Richtung Vorhofohr-Okkluder. Die werden davon profitieren“, konstatierte Nicotera.
Auch bei dialysepflichtigen Patienten falle ihr die Indikationsstellung relativ leicht, so die Kardiologin. Und noch eine weitere Gruppe erwähnte sie: Patienten mit zerebraler Amyloidose. Diese neigten zu mikrozerebralen Blutungen, mitunter auch größeren Blutungen. Solche Patienten würden von Neurologen zunehmend explizit für eine LAA-Okklusion zugewiesen. Klar sei jedoch, dass es sich beim LAA-Verschluss immer um eine individuelle Entscheidung handeln müsse, die idealerweise im interdisziplinären Team zu treffen sei, betonte Nicotera
Fazit
Der LAA-Verschluss hat eine IIB-Leitlinien- Empfehlung.
Es gibt Konstellationen, in denen der Eingriff eine gute Option sein kann.
Dazu gehören hohe Blutungsrisiken, Vermeidung von Triple-Therapien, Dialyse oder zerebrale Amyloidose und schlechte Compliance bei oraler Antikoagulation.
Quelle-- Session „LAA-Verschluss – Past, presence and future“; DGK-Herztage, 5. bis 7. Oktober 2023 in Bonn