Lazarus-Phänomen – schon mal erlebt?

Reanimation-- „Lazarus-Phänomen“ steht für den spontanen Wiedereintritt von Zirkulation und Atmung nach scheinbar erfolglosen und abgebrochenen Reanimationsbemühungen. Forscher trugen nun Daten von 76 Fällen zusammen.

Von Robert Bublak Veröffentlicht:

Von allen aus der Historie bekannten legendären Comebacks dürfte die Rückkehr des biblischen Lazarus von den Toten das vielleicht spektakulärste sein. So nimmt es nicht wunder, dass Lazarus zum Namensgeber eines verstörenden Phänomens wurde: des Wiedereinsetzens von Kreislauf- und Atmungsfunktion nach einer als gescheitert beendeten kardiopulmonalen Reanimation. Auch wenn das Phänomen extrem selten auftritt, gibt Anzeichen dafür, wonach solche Ereignisse häufiger sein könnten, als die Berichte darüber vermuten lassen [1].

Rückkehr der Lebensgeister

Ein Forschungsteam von der Universität Thessalien in Larisa hat nun Daten zu 76 „Lazarus-Fällen“ aus den vergangenen rund 40 Jahren zusammengetragen. 44 dieser Ereignisse (58 %) betrafen Patienten mit Herzstillstand im stationären Umfeld. Die Ursache war bei 16 Patienten respiratorischer Natur, bei 14 handelte es sich um ein akutes Koronarsyndrom. 45-mal war die Ursache nicht genau bezeichnet. Häufigste initiale Rhythmusbefunde waren Asystolie (29 %), pulslose elektrische Aktivität (28 %) und Kammerflimmern (22 %). Die Wiederbelebungsversuche dauerten im Median 30 Minuten. An ihrem Ende zeigte das EKG am häufigsten eine Asystolie (57 %) oder pulslose elektrische Aktivität (24 %). Schockbare Rhythmen hatten bei Reanimationsabbruch 7 % der Patienten.

Ungünstige Prognose

Median dauerte es fünf Minuten vom Ende der Reanimation bis zum spontanen Wiedereinsetzen der Zirkulation. Sofern Daten zum Rhythmusbild vorhanden waren, handelte es sich überwiegend um einen für die Perfusion ausreichenden supraventrikulären Rhythmus. Prognostisch erwies sich die Lage der Betroffenen als überwiegend ungünstig. 52 Patienten (68 %) starben Stunden oder Tage, seltener Wochen oder Monate nach dem Lazarus-Ereignis. 24 Patienten (32 %) überlebten, aber nur elf davon (14 %) kamen ohne neurologisches Defizit davon. Prädiktoren dafür gab es nicht, nur höheres Alter erwies sich als Nachteil.

Hypothesen zur Ursache

Die Pathophysiologie des spontanen Wiedereinsetzens der Zirkulation ist unklar. Eine Hypothese besagt, unbeabsichtigte Hyperinflation der Lunge während der Reanimation könne den intrathorakalen Druck so stark erhöhen, dass venöser Rückfluss und kardialer Auswurf zurückgingen. Nach Beendigung der Reanimation könne Luft entweichen und den Blutfluss wieder freigeben. Auch eingeschwemmte, koronar zunächst obstruierende Emboli, die anschließend die Reperfusion wieder erlauben, könnten eine mögliche Erklärung darstellen. Diskutiert werden zudem die verzögerte Wirkung der verabfolgten Medikamente, Hyperventilations-induzierte Alkalose mit koronarer Vasokonstriktion und die (verzögerte) Korrektur einer Hyperkaliämie durch Bikarbonatinfusionen. Die Autoren empfehlen, nach Abbruch einer Reanimation die Patienten noch mindestens 30 Minuten lang einem Monitoring zu unterziehen. Laut der Studiendaten lag der Median des Zeitraums bis zum Wiederanspringen der Zirkulation zwar bei fünf Minuten. Die längste berichtete Spanne betrug vier Stunden. Verglichen mit den vier Tagen bis zur Rückkehr des Lazarus nimmt sich das freilich immer noch relativ kurz aus.

Fazit

Es gibt mindestens 76 dokumentierte Fälle eines spontanen Erwachens nach Abbruch einer erfolglosen Reanimation.

Die Zirkulation sprang dabei im Zeitfenster von 5 Minuten bis 4 Stunden nach Ende der Reanimation an.

Nur ein Drittel der Betroffenen überlebte längere Zeit.

Literatur-- Mavrovounis G et al. Am J Emerg Med 2023;72:44-57

1. Białoń P et al. Emerg Med Serv. 2021;8(3):190-3

Schlagworte:
Mehr zum Thema

Primär- und Sekundärprävention auf vielen Ebenen möglich

Nicht ohne meine DAPT!

Strategien für Hochrisiko-PCI-Patienten