Maschine ermittelt Auswurffraktion so gut wie ein Mensch

Künstliche Intelligenz-- Kann ein KI-Modell die linksventrikuläre Auswurffraktion im Echo genauso gut beurteilen wie ein Mensch? In einer randomisierten Studie war die Maschine der Sonografeur-Einschätzung in dieser Hinsicht jedenfalls nicht unterlegen. Die Autoren sehen vor allem einen Vorteil in der KI-gestützten Echo-Befundung.

Von Philipp Grätzel Veröffentlicht:
Eine maschinelle Unterstützung, z.B. bei der Echo-Befundung, wird die ärztliche Arbeit nicht ersetzen, sondern nur unterstützen.

Eine maschinelle Unterstützung, z. B. bei der Echo-Befundung, wird die ärztliche Arbeit nicht ersetzen, sondern nur unterstützen.

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Eine Video-KI könnte im Rahmen einer Echokardiografie eine zuverlässige Ersteinschätzung der linksventrikulären Auswurfleistung liefern. Darauf deutet eine aktuelle randomisierte Studie hin. Wie die Autoren in der Publikation in „Nature“ prognostizieren, könnte diese Art der maschinellen Unterstützung in manchen diagnostischen Situationen hilfreich sein.

Etwas mehr als 2 Minuten könnte die KI-gestützte EF-Bestimmung an Zeit einsparen.

Die Studie stammt von der Universität Stanford, wo der klinische Einsatz künstlicher Intelligenz (KI) sehr intensiv erforscht wird, insbesondere im Bereich Kardiologie. Dort war in den letzten Jahren unter anderem ein KI-Modell entwickelt und validiert worden, das Echokardiografien analysieren kann und das mittlerweile auch Teil der dortigen Befundungs-Software ist. Für die randomisierte Studie wurden 3.769 echokardiografische Untersuchungen genutzt, die im Sommer 2019 aufgezeichnet worden waren. Davon fielen knapp 10 % raus, weil sie nicht auswertbar waren. Die verbleibenden 3.495 Untersuchungen von 3.035 Patientinnen und Patienten wurden eins zu eins randomisiert.

Sonografeur versus Computer

Die eine Hälfte der Untersuchungen wurde einem Sonografeur vorgelegt, der jeweils die Ejektionsfraktion (EF) mit der von ihm üblicherweise genutzten Annotierungsmethode des linken Ventrikels ermittelte. Hier unterscheidet sich das Setting etwas von dem in Deutschland üblichen Setting: Die Durchführung der Untersuchung und das initiale Assessment werden in den USA oft nicht von Kardiologinnen bzw. und Kardiologen gemacht, sondern von spezialisierten Ultraschall-Assistenten, den Sonografeuren. Bei der anderen Hälfte der Echountersuchungen unternahm die KI die Annotierung und ermittelte auf dieser Basis die EF. Dabei wurde der KI vorgegeben, sich auf einen repräsentativen Herzzyklus zu beschränken, damit nicht schon anhand der Annotierung sichtbar wurde, ob Mensch oder KI die EF bestimmt hatte.

KI war menschlicher Einschätzung nicht unterlegen

Am Ende wurden die Echountersuchungen dann Kardiologinnen und Kardiologen mit Echo-Zertifikat vorgelegt. Deren ermittelte EF war der Goldstandard, an dem Sonografeur-EF und KI-EF gemessen wurden. Dabei fand sich eine mittlere absolute Differenz von 6,29 Prozentpunkten in der KI-Gruppe und 7,23 Prozentpunkten in der Sonografeur-Gruppe, was statistisch die Nichtunterlegenheit der Ersteinschätzung durch die KI im Vergleich zur Ersteinschätzung durch einen menschlichen Sonografeur belegte. Substanzielle Veränderungen der EF durch die Kardiologen gab es bei 16,8 % der Patienten in der KI-Gruppe und bei 27,2 % in der Sonografeur-Gruppe. Dies erfüllte sowohl das statistische Kriterium für Nichtunterlegenheit als auch für Überlegenheit.

Potenzielle Zeitersparnis

Die Kardiologinnen und Kardiologen wurden auch gefragt, ob sie der Auffassung waren, dass die jeweiligen Annotierungen der (verblindeten) Echountersuchungen von einem Menschen oder einer KI stammten. Sie lagen dabei genauso häufig richtig wie falsch, konnten es also nicht unterscheiden. Was die Effizienz angeht, spare die KI-gestützte EF-Ermittlung Zeit ein, so die Autoren. Diese Zeiteinsparung entsprach in der Studie der Zeit, die die Sonografeure für Annotierung und LVEF-Bestimmung brauchten, nämlich etwas mehr als zwei Minuten pro Untersuchung.

Ob die KI-Unterstützung in der Versorgung hilfreich ist oder nicht, dürfte stark von der klinischen Situation abhängen. Erleichtert werden dürfte in jedem Fall eine rasche, orientierende EF-Ermittlung durch Nicht-Kardiologen. Im Rahmen einer umfassenderen, primär kardiologischen Untersuchung dürften KI-Tools vor allem dann Zeit sparen, wenn sie irgendwann bei mehr als nur einer einzelnen Teilmessung assistieren können.

Faziti

Ein KI-gestütztes Modell zur EF-Bestimmung war der Einschätzung des Ultraschall-Assistenten nicht unterlegen.

Die Autoren sehen vor allem die Zeitersparnis als Vorteil der KI-gestützten EF-Ermittlung.

Literatur- He B et al. Nature. 2023;616:520-4; https://doi.org/10.1038/s41586-023-05947-3

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