ACC-Kongress

Mehr Rückenwind für verkürzte DAPT

Koronarintervention-- Die Dauer der dualen Plättchenhemmung lässt sich nach Koronarinterventionen mit Implantation von Koronarstents der neuesten Generation anscheinend ohne klinische Einbußen von zwölf auf etwa drei Monate verkürzen. Dafür sprechen Ergebnisse der randomisierten HOST-IDEA-Studie.

Von Peter Overbeck Veröffentlicht:
Der Zeitpunkt einer DAPT-Deeskalation kann auf 3 Monate vorgeschoben werden.

Der Zeitpunkt einer DAPT-Deeskalation kann auf 3 Monate vorgeschoben werden.

© doucefleur/stock.adobe.com

HOST-IDEA ist die erste größere randomisierte Studie, in der zwei unterschiedliche plättchenhemmende Therapieregime bei KHK-Patienten verglichen wurden, die bei einer perkutanen Koronarintervention (PCI) ausschließlich Stents der neuesten Generation erhalten hatten. Gezeigt wurde, dass eine auf rund drei Monate verkürzte duale Antiplättchentherapie (DAPT), gefolgt von einer frühzeitigen Monotherapie, einer DAPT von zwölfmonatiger Dauer in klinischer Hinsicht nicht unterlegen war. Eine mit der DAPT-Verkürzung assoziierte signifikante Reduktion des Blutungsrisikos wurde in der an 37 Zentren in Südkorea durchgeführten HOST-IDEA-Studie, im Unterschied zu anderen Studien aus jüngster Zeit, jedoch nicht beobachtet. Studienleiter Prof. Hyo-Soo Kim vom Seoul National University Hospital hat die Ergebnisse beim ACC 2023 vorgestellt.

An der Studie waren 2.013 Patientinnen und Patienten (mittleres Alter 65,7 Jahre; 73,9 % Männer) beteiligt, von denen knapp die Hälfte eine stabile KHK, etwas mehr als ein Drittel eine instabile Angina und rund 20 % einen Nicht-ST-Hebungsinfarkt (NSTEMI) aufwiesen. Patienten mit STEMI waren ausgeschossen. Für die PCI-Prozeduren sind ausschließlich Drug-Eluting-Stents der neuesten Generation mit ultradünnen Stentstreben (Orsiro oder Coroflex ISAR) implantiert worden.

Nach Zufallszuteilung hatten die Patienten entweder eine verkürzte DAPT (mediane Dauer: 100 Tage), gefolgt von einer Monotherapie (n = 1.002), oder eine zwölfmonatige DAPT (n = 1.011) erhalten. Die Wahl der jeweiligen Plättchenhemmer war den behandelnden Ärzten/Ärztinnen freigestellt. Die ASS/Clopidogrel-Kombi war mit knapp 90 % das mit Abstand am häufigsten gewählte Regime. Für Kombinationen von ASS mit Ticagrelor (8,5 %) oder Prasugrel (2,4 %) wurde sich deutlich seltener entschieden. Die an eine verkürzte DAPT angeschlossene Monotherapie erfolgte zu 64,1 % mit ASS, zu 33,7 % mit Clopidogrel und zu 2,2 % mit Ticagrelor oder Prasugrel.

Nachweis der Nichtunterlegenheit

Primärer Endpunkt war eine Kombination aus kardialen Ereignissen (kardial bedingter Tod, Zielgefäß-Myokardinfarkt, Revaskularisation der Zielläsion, Stentthrombose) und Blutungskomplikationen (BARC-Typ 3 oder 5). Die Inzidenzraten für diesen Endpunkt betrugen nach zwölf Monaten 3,7 % (verkürzte DAPT) und 4,1 % (Standard-DAPT). Damit wurde das Ziel, die Nichtunterlegenheit des verkürzten DAPT-Regimes nachzuweisen, erreicht (p < 0,001 für Nichtunterlegenheit). Auch bzgl. der einzelnen Endpunktkomponenten bestanden keine Unterschiede.

Die Inzidenz von Blutungskomplikationen war mit 1,5 % versus 1,9 % nach einem Jahr in der Gruppe mit verkürzter DAPT nur numerisch niedriger als in der Vergleichsgruppe (p = 0,56). Bei der Planung waren die Initiatoren von HOST-IDEA noch von 1-Jahres-Inzidenzraten von 9,5 % für den primären Endpunkt ausgegangen. In Relation dazu sind die tatsächlich beobachteten Ereignisraten nicht einmal halb so hoch.

Infolgedessen sei die in der Studie gewählte Toleranzgrenze für Nichtunterlegenheit sehr weit und die entsprechende Analyse möglicherweise „unterpowert“ gewesen, räumte Kim ein. Die Ergebnisse sollten daher mit Vorsicht interpretiert werden. Nach Ansicht Kims bedarf es zudem weiterer Studien, um zu klären, ob die in HOST-IDEA bei asiatischen Patienten erzielten Ergebnisse auf andere Populationen übertragbar sind.

Fazit

Eine auf 3 Monate verkürzte DAPT war einer 12-monatigen in klinischer Hinsicht nicht unterlegen.

Allerdings war die Analyse möglicherweise „underpowered“.

Literatur-- Han JH et al. Circulation 2023. doi: 10.1161/CIRCULATIONAHA.123.064264

Quelle-- Featured Clinical Research I. ACC-Kongress 2023, 4. bis 6. März 2023, New Orleans.

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