EuroPCR
Metaanalyse entkräftet irritierenden Verdacht
Revaskularisation und Mortalität-- Ergebnisse einer Studie haben jüngst den Anschein erweckt, dass eine invasive Revaskularisation bei stabiler KHK längerfristig mit einer Zunahme von nicht kardiovaskulär verursachten Todesfällen einhergehen könnte. Eine Metaanalyse hat sich diesem Verdacht nun gestellt.
Veröffentlicht:
Beim EuroPCR-Kongress werden wichtige Studien der interventionellen Kardiologie vorgestellt.
© Garderes Sylvain
In der viel diskutierten ISCHEMIA-Studie ist bekanntlich die Erwartung, dass eine initiale invasive Behandlungsstrategie mit Koronarangiografie und – falls indiziert – perkutaner Koronarintervention (PCI) bzw. Bypass-Op bei stabiler KHK kardiovaskuläre Ereignisse verringert, nicht erfüllt worden. Eine über den Effekt einer konservativen medikamentösen Therapie hinausgehende Verbesserung von Symptomatik und Lebensqualität konnte dagegen gezeigt werden.
ISCHEMIA-EXTEND-Studie sorgte für Überraschung
Ende 2022 publizierte Ergebnisse einer verlängerten Nachbeobachtung (ISCHEMIA-EXTEND) der Probanden haben in der Fachwelt Irritationen hervorgerufen. Danach war die zumeist mittels PCI erfolgte invasive Revaskularisation zwar mit einer niedrigeren 7-Jahres-Rate für die kardiovaskuläre Mortalität (6,4 % vs. 8,6 %; adjustierte Hazard Ratio, HR: 0,78), zugleich aber auch mit einer höheren 7-Jahres-Rate für die nicht-kardiovaskuläre Mortalität (5,6 % vs. 4,4 %; HR: 1,44) im Vergleich zur konservativen Therapie assoziiert. Angesichts der gegenläufigen Trends war die Gesamtmortalität in beiden Gruppen nicht signifikant unterschiedlich (12,7 % vs. 13,4 %). Während die Abnahme der kardiovaskulären Mortalität nach Revaskularisation nachvollziehbar erscheint, lassen sich für die Zunahme der nicht kardiovaskulären Mortalität kaum plausible Gründe benennen. Ist die Beobachtung in der ISCHEMIA-EXTEND-Studie womöglich nur dem Zufall zu verdanken?
Eine internationale Forschergruppe hat das irritierende Ergebnis der Studie zum Anlass genommen, den möglichen Zusammenhang zwischen invasiver Revaskularisation und nicht kardiovaskulärer Mortalität erstmals in einer Metaanalyse genauer zu beleuchten. Prof. William Wijns, National University of Ireland in Galway, hat die Analyse beim Kongress EuroPCR 2023 in Paris vorgestellt.
In diese Metaanalyse sind Daten aus 18 randomisierten kontrollierten Studien, darunter als größte Studien ISCHEMIA, COURAGE und BARI-2D, mit insgesamt 16.908 beteiligten Patientinnen und Patienten mit chronischem Koronarsyndrom eingeflossen. Davon hatten 8.665 Teilnehmer additiv zur medikamentösen Therapie eine elektive Revaskularisation und 8.243 nur eine konservative Therapie erhalten. Die Follow-up-Dauer betrug im Schnitt 5,7 Jahre.
Kein signifikanter Unterschied bei nicht kardiovaskulärer Mortalität
Wie Wijns berichtete, bestand bzgl. der nicht kardiovaskulären Mortalität kein signifikanter Unterschied zwischen invasiv und rein konservativ behandelter Gruppe (4,7 % vs. 4,2 %; Rate Ratio: 1,09; 95%-KI 0,94–1,26; p = 0,26).
Zusätzliche Sensitivitätsanalysen, bei denen etwa die Daten der ISCHEMIA-Studie oder die Daten aller Patienten mit Bypass-Op als Revaskularisationsmethode unberücksichtigt blieben, kamen zu übereinstimmenden Ergebnissen. Auch zeigte sich, dass eine kürzere oder längere Dauer der Nachbeobachtung hinsichtlich der nicht kardiovaskulären Mortalität in beiden Gruppen nicht von Relevanz war.
Ende der Diskussion
In der auf die Präsentation der Metaanalyse folgenden Diskussion herrschte Einvernehmen unter den Experten darüber, dass mit den nun vorliegenden „robusten“ Ergebnissen der Verdacht einer möglichen Zunahme der nicht kardiovaskulären Mortalität nach PCI-Prozeduren endgültig ausgeräumt sei.
Nach Ansicht der Autorengruppe um Wijns spricht einiges dafür, dass die nur in einer großen Studie beobachtete Risikozunahme für nicht kardiovaskuläre Todesfälle wahrscheinlich auf ein statistisches Problem (statistischer Typ-1- oder alpha-Fehler) zurückzuführen ist.
Fazit
Eine Metaanalyse mit 18 randomisierten Studien konnte nach Revaskularisationen keine Erhöhung der nicht kardiovaskulären Mortalität feststellen.
Laut Experten ist damit der im Raum stehende Verdacht ausgeräumt.
Quelle-- Late breaking trials: from (N)STEMI to Chronic Coronary Syndromes (CCS). EuroPCR-Kongress 2023, 16. bis 19. Mai 2023, Paris
Literatur-- Navarese E et al. JACC Cardiovasc Interv. 2023;16:1144-56.