Was ist die optimale Behandlung?

Neue Diskussionen um Hauptstammstenose

PCI vs. CABG-- In dem schwedischen SCAAR-Register ging eine PCI bei Patientinnen und Patienten mit linker Hauptstammstenose im Vergleich zur Bypass-OP mit einem höheren Sterberisiko einher. Beim TCT gab es deshalb erneut Diskussionen um die optimale Behandlung der Hauptstammstenose.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:

Die Debatte um die optimale Behandlung der linken Hauptstammstenose hat eine lange Vorgeschichte. Einen entsprechenden Seitenhieb konnte sich der Studienautor des beim TCT-Kongress präsentierten SCAAR-Registers, Prof. Elmir Omerovic, deshalb nicht verkneifen. Er sprich schlicht von der „EXCEL-Kontroverse“. „Wenn jemand jetzt nicht lachen muss, sollte derjenige es sofort googeln“, witzelte der Kardiologe von der Universitätsklinik Göteborg.

Den meisten dürfte die Geschichte bekannt sein: In der randomisierten EXCEL-Studie hatte sich die perkutane Koronarintervention (PCI) gegenüber einer offenen Bypasschirurgie (CABG) bei Patienten mit Hauptstammstenose geringer oder moderater Komplexität (SYNTAX bis 32) als „nicht unterlegen“ erwiesen. Kurz drauf wurden Manipulationsvorwürfe laut: Einer BBC-Recherche zufolge soll die Studienleitung absichtlich eine Infarktdefinition genutzt haben, die der PCI-Gruppe Vorteile verschaffte. Des Weiteren wurde kritisiert, dass die Autoren den Mortalitätsunterschied zugunsten der CABG bagatellisiert hätten. Danach folgten Stellungnahmen, Folge- und Metaanalysen und und und.

Neues Futter in alter Kontroverse

Nun liefert das SCAAR-Register weiteres Futter für diese Kontroverse. Wie Omerovic beim Kongress ausführte, werden in dem nationalen Register alle in Schweden vorgenommenen PCI-Eingriffe und Bypass-Operationen dokumentiert, eine „All-Comer“-Population also. Für die aktuelle Analyse wurden die zwischen 2015 und 2022 an Patienten mit linker Hauptstammstenose vorgenommenen Eingriffe berücksichtigt; STEMI-Fälle waren ausgeschlossen, und solche, bei denen die Chirurgen eine OP ablehnten. Am Ende flossen 5.391 PCI- und 4.863 CABG-Prozeduren in die Auswertung ein.

Geringere Sterblichkeit nach CABG

Wie Omerovic ausführte, konnten sie eine große Heterogenität zwischen den Kliniken feststellen. Bedeutet, es gab Krankenhäuser, wo die Patientinnen und Patienten überwiegend mit einer CABG behandelt wurden, bei anderen wiederum wurde die PCI präferiert. Eine solche Therapiepräferenz stelle eine Art Randomisierung dar, so der schwedische Kardiologe.

Dies deutet auf einen beträchtlichen Selektionsbias hin.

Zitat Dr. Ori-Ben Yehuda

Am Ende stellte sich die CABG in dieser Beobachtungsstudie – jedenfalls in puncto Gesamtmortalität – als überlegen heraus. Oder anders ausgedrückt: Die PCI war mit einem um 59 % höheren relativen Sterberisiko assoziiert, nach Adjustierung auf klassische Risikofaktoren, dem Schweregrad der KHK usw. (HR: 1,59; p = 0,011). Offenkundig scheint das Alter Einfluss auf die Ergebnisse gehabt zu haben: So war die Sterblichkeit bei über 80-Jährigen nach einer PCI geringer als nach einer CABG, wie Omerovic berichtete.

Zu beachten gilt es auch, dass der absolute Überlebensvorteil, der durch eine OP erreicht wird, entscheidend von der generellen Lebenserwartung abhängt. Wenn ein Patient voraussichtlich noch bis zu sieben Jahren zu leben habe, gewinne er durch die Bevorzugung der CABG ein halbes Jahr. Wenn die Lebenserwartung aber weniger als zwei Jahre beträgt, sei es weniger als ein Monat, den der Patient dadurch gewinne, machte der Kardiologe deutlich. Sprich, im Falle einer eingeschränkten Lebenserwartung stellt sich die Frage, welche Rolle der durch eine CABG gewonnene Überlebensvorteil am Ende für den Patienten oder die Patientin hat.

In der Diskussion machte Dr. Ori-Ben Yehuda darauf aufmerksam, dass die Mortalitäts-Kurven unmittelbar auseinanderliefen. Das sei überraschend, weil man eigentlich erwartet hätte, dass die Sterblichkeit bei den operierten Patienten zu Beginn höher ist und die Kurven sich erst mit der Zeit separierten. „Dies deutet auf einen beträchtlichen Selektionsbias hin“, gab der Kardiologe aus Tel Aviv zu bedenken.

Fazit

In dem schwedischen SCAAR-Register ging eine Bypass-OP im Vergleich zu einer PCI bei Patientinnen und Patienten mit Hauptstammstenose mit einer geringeren Sterblichkeit einher.

Der absolut betrachtete Überlebensvorteil war allerdings gering.

Quelle-- TCT-Kongress, 16.–19. September 2022 in Boston

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