Neue US-Leitlinie zur stabilen KHK
Wichtige Änderungen-- Die kardiologischen Fachgesellschaften AHA und ACC haben die US-Leitlinien zum Management bei stabiler KHK aktualisiert. Geändert hat sich neben der Nomenklatur unter anderem die Empfehlung zur Langzeittherapie mit Betablockern.
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Chronisches Koronarsyndrom-- heißt in den USA jetzt „chronische Koronarerkrankung“.
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Die Kennzeichnung „stabil“ wird, wie schon in den europäischen ESC-Leitlinien, nun auch in den USA durch einen neuen Begriff ersetzt – mit einer kleinen Abweichung. Während hier aus der stabiler KHK das „chronische Koronarsyndrom“ (chronic coronary syndrom, CCS) geworden ist, ist jenseits des Atlantik nun von der „chronischen Koronarerkrankung“ (chronic coronary disease, CCD) die Rede.
Vieles ist gleichgeblieben, einiges ist verändert worden. Nach wie vor wird ein gesunder Lebensstil bezüglich Ernährung, körperlicher Bewegung und Rauchen als grundlegend für die KHK-Prävention erachtet. Auch wird empfohlen, Patienten darüber aufzuklären, dass von rezeptfreien Nahrungsergänzungsmitteln wie Fischöl oder Vitamine keine Reduktion von kardiovaskulären Ereignissen zu erwarten ist.
Betablocker: Prognostischer Langzeitnutzen hängt von der LVEF ab
Geändert hat sich der Stellenwert von Betablockern. Auf der Grundlage lange zurückliegender Studien waren Betablocker v. a. bei Postinfarktpatienten für eine unbefristete Langzeittherapie empfohlen worden. Neuere Studien lassen Zweifel an einer langfristigen Prognoseverbesserung aufkommen.

Bei Betablockern machen die neuen US-Leitlinien zur KHK Abstriche: Laut Guidelines gibt es bei einer LVEF > 50 % nur noch eine Klasse-III-Empfehlung.
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Unangefochten ist der Stellenwert von Betablockern zur Prognoseverbesserung bei KHK mit eingeschränkter linksventrikulärer Ejektionsfraktion (LVEF ≤ 40 %) mit oder ohne Myokardinfarkt in der Vorgeschichte. Hier bleibt es bei einer starken Klasse-I-Empfehlung. Auch bei KHK mit einer LVEF ≤ 50 % werden Betablocker mit gleicher Empfehlungsstärke (Klasse I) befürwortet, hier mit Präferenz für retardiertes Metoprolol-Succinat, Carvedilol und Bisoprolol.
Unbestrittene Betablocker-Indikationen
Eine Klasse-III-Empfehlung (kein Nutzen) erhalten Betablocker jetzt aber bei KHK-Patienten, die keine linksventrikuläre Dysfunktion (LVEF ≤ 50 %) und keinen Myokardinfarkt in ihrer Vorgeschichte aufweisen und bei denen keine anderen Indikationen wie Arrhythmien, Hypertonie oder Angina pectoris bestehen.
Als symptomatische Therapie bei Angina pectoris bleiben Betablocker weiterhin neben Kalziumantagonisten eine First-Line-Option. Bei KHK-Patienten, die nach einem Myokardinfarkt eine Sekundärprävention mit Betablockern erhalten, empfehlen die neuen US-Leitlinien, die Indikation für eine Langzeittherapie zur Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse kritisch zu prüfen (Klasse-IIb-Empfehlung).
Die restriktivere Neubewertung von Betablocker basiert primär auf Daten aus Beobachtungsstudien. Allerdings laufen derzeit mehrere randomisierte Studien wie REDUCE-AMI, DANBLOCK oder BETAMI, in denen der mögliche klinische Nutzen einer Postinfarkttherapie mit Betablockern im Kontext einer zeitgemäßen KHK-Therapie geprüft wird.
Klasse-I-Empfehlung für Revaskularisation
Die koronare Revaskularisation mittels Bypass-Operation oder perkutaner Koronarintervention (PCI) zur Verbesserung von Angina-pectoris-Beschwerden trotz leitliniengerechter medikamentöser Therapie hat in den neuen Leitlinien eine Klasse-I-Empfehlung erhalten.
Ebenfalls mit einer Klasse-I-Empfehlung ist die koronarchirurgische Revaskularisation zur Reduktion der Mortalität bedacht worden, und zwar bei Patienten mit Stenosen des Hauptstamms der linken Koronararterie oder mit koronarer Mehrgefäßerkrankung bei eingeschränkter linksventrikulärer Funktion (LVEF ≤ 35 %). Mit geringerer Empfehlungsstärke wird die weniger invasive PCI als Alternative zur Bypass-Op bei Patienten mit Hauptstammstenose befürwortet (Klasse-IIa-Empfehlung).
Fazit
Aus stabiler KHK wird in den USA chronische Koronarerkrankung – fast so wie in Europa.
Betablocker in Langzeittherapie sind bei KHK derzeit nur dann indiziert, wenn die LVEF eingeschränkt ist.
Unbestritten bleibt die Betablockade bei Angina sowie Betablocker-pflichtigen Begleiterkrankungen.
Die koronare Revaskularisierung erhält eine Klasse-1-Empfehlung bei gegen Medikamente resistenter Angina pectoris.
Quelle-- Virani SS et al. Circulation. 2023; https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000001168