EHRA-Kongress

Neuer „Marshall-Plan“ für die Ablation

Vorhofflimmern-- Mit einer komplexen dreistufigen Verödungsstrategie („Marshall-Plan“) ist es Kardiologen in einer Studie gelungen, die Erfolgsquote der Katheterablation bei Patienten mit persistierendem Vorhofflimmern deutlich zu erhöhen.

Von Peter Overbeck Veröffentlicht:

Speziell bei persistierendem Vorhofflimmern war eine interventionelle Katheterablation mit alleiniger Pulmonalvenenisolation (PVI) bislang nur von begrenztem Nutzen. Seit längerer Zeit wird deshalb daran gearbeitet, mittels neuer Ansätze für eine erweiterte, über die PVI hinausgehende Ablation zu besseren Behandlungsergebnissen zu gelangen. Überzeugende Erfolge konnten damit bislang allerdings nicht erzielt werden.

Umfassende Ablation indrei Schritten

Eine sehr komplexe Strategie zur Optimierung der Katheterablation bei persistierendem Vorhofflimmern haben Kardiologinnen und Kardiologen am Centre Hospitalier Universitaire de Bordeaux entwickelt. Dabei wird eine umfassende Verödung von anatomischen Vorhofstrukturen mit proarrhythmogenen Eigenschaften, die als Quelle fokaler Aktivität oder als Substrat für Reentry gelten, angestrebt. Die „Marshall-Plan“ benannte Ablationsstrategie, die mit dem Förderprogramm gleichen Namens für den Wiederaufbau der Staaten Europas nach dem Zweiten Weltkrieg selbstredend nichts zu tun hat, umfasst drei Schritte:

Ausschaltung des sog. Marshall-Bündels – auch Marshall-Ligament (Ligament of Marshall, LOM) genannt – als extrapulmonaler Trigger durch Ethanolinfusion in die Marshall-Vene (Vein of Marshall, VOM),

Pulmonalvenenisolation,

lineare Ablation zur Blockierung von drei anatomischen Isthmen (mitral, cavotrikuspidal und Vorhofdach).

Nach positiven Erfahrungen in einer nicht randomisierten Studie hat die Gruppe aus Bordeaux inzwischen eine randomisierte Studie zum Vergleich der Marshall-Plan-Strategie mit einer konventionellen PVI gestartet. Erste und noch vorläufige Ergebnisse dieses Vergleichs hat Dr. Thomas Pambrun vom Centre Hospitalier Universitaire de Bordeaux beim EHRA-Kongress 2023 in Barcelona präsentiert. Die Daten sprechen für eine Überlegenheit der komplexeren Ablationsstrategie.

Marshall-Plan-Ablation beschert signifikant niedrigere Rezidivrate

In der monozentrischen Studie sind jeweils 60 Patienten (mittleres Alter 67 Jahre, 21 % Frauen) mit Vorhofflimmern zwei Gruppen zugeteilt worden, in denen die Katheterablation entweder gemäß Marshall-Plan-Strategie oder als alleinige PVI erfolgte.

In vollständiger Form („complete lesion set“) konnten beide Ablationsverfahren bei 88 % (Marshall-Plan) und 98 % (alleinige PVI) aller Patienten durchgeführt werden. Primärer Studienendpunkt ist die Rate für Rezidivfreiheit in Bezug auf Vorhofflimmern und atriale Tachykardien (> 30 Sekunden anhaltend) nach zwölf Monaten (bei dreimonatiger Blanking-Periode).

Nach zehn Monaten, in denen ein systematisches Rhythmusmonitoring erfolgte, waren entsprechende atriale Arrhythmierezidive bei 9 Patienten in der Marshall-Plan-Gruppe und bei 18 Patienten in der PVI-Gruppe aufgetreten (p = 0,038), so das von Pambrun präsentierte Zwischenergebnis. Eine Rezidivfreiheit konnte bei 84 % der Patienten mit der komplexeren Ablationsstrategie und bei 69 % mit alleiniger PVI erzielt werden.

In der Zeit der Nachbeobachtung sind sechs Patienten in der Marshal-Plan-Gruppe und neun Patienten in der PVI-Gruppe einer erneuten Ablationsprozedur unterzogen worden. Dabei zeigte sich, dass bei allen neun Patienten der PVI-Gruppe die Pulmonalvenen komplett isoliert waren. Hier sei die Therapie vollständig ausgereizt, meinte Pambrun. Bei den sechs Patienten mit Marshall-Plan-Ablation seien dagegen noch Lücken in den Ablationsläsionen nachweisbar gewesen. Hier seien durch Schließung der Lücken noch weitere Verbesserungen zu erzielen.

„Ziemlich vielversprechende Ergebnisse“

Noch handelt es sich um vorläufige Ergebnisse auf Basis unvollständiger Daten. Das Follow-up von rund einem Viertel der Studienteilnehmer ist noch nicht abgeschlossen. Gleichwohl hält Pambrun die bereits vorliegenden Ergebnisse für „ziemlich vielversprechend“.

Prof. Gerhard Hindricks, der vor kurzen vom Herzzentrum Leipzig an das Deutsche Herzzentrum der Charité in Berlin gewechselt hat, machte als Diskutant der Studie darauf aufmerksam, dass die geprüfte Ablationsstrategie multiple Schritte beinhalte. Das mache es praktisch unmöglich zu differenzieren, auf welche Zusatzkomponente der Ablation die stärkere Reduktion von Arrhythmierezidiven im Einzelnen zurückzuführen sei. Man müsse die Strategie als ganze sehen, betonte der Kardiologe.

Fazit

Eine umfassende Ablationsstrategie mit einer Ethanolinfusion in die Marshall-Vene hat sich gegenüber einer alleinigen Pulmonalvenenisolation in puncto Rezidivfreiheit als überlegen erwiesen.

Da die Ablationsstrategie mehrere Schritte beinhaltet, ist es schwierig zu differenzieren, welche Zusatzkomponente zu dem Erfolg beigetragen hat.

Quelle-- Kongress der European Heart Rhythm Association (EHRA) 2023, 16. bis 18. April, Barcelona

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