Prekäres Geschlechterverhältnis

Frauen in Fachgesellschaften-- Frauen sind laut einer weltweiten Analyse in nationalen kardiologischen Fachgesellschaften stark unterrepräsentiert. Die Autoren bezeichnen das Ungleichgewicht – trotz aller Bemühungen – als „prekär“.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:

Die „Gender Gap“ in kardiologischen Fachgesellschaften ist global betrachtet immer noch sehr groß. So das ernüchternde Ergebnis einer weltweiten Analyse. Das Ungleichgewicht betreffe sowohl die Präsidentschaften als auch die Mitgliedschaften in den jeweiligen Organisationen, berichten die Autorinnen und Autoren um Dr. Svenja Ravioli vom King’s College Hospital NHS Foundation Trust in London. Nur in Australien war ein weiblicher Überschuss bei der Präsidentschaft zu verzeichnen (weil es hier nur einen Präsidenten gibt, und das ist zum Zeitpunkt der Analyse eine Frau), sonst waren Frauen überall in der Minderheit.

„Die aktuellen Ergebnisse sind zusammen mit der zurückliegenden Evidenz zum Geschlechterungleichgewicht nicht nur prekär in Bezug auf Gleichberechtigung, Fairness und Gerechtigkeit“, kommentieren Ravioli und ihr Team die Ergebnisse. Es gebe ebenso eine starke Evidenz, dass gemischte Teams bessere Resultate in der Wissenschaft produzieren und weniger anfällig für Teamkonflikte seien, führen sie weiter aus.

Frauenanteil von 104 nationalen Gesellschaften wurden analysiert

Für die Untersuchung haben die Autorinnen und Autoren die Geschlechterverteilung bei 104 nationalen kardiologischen Fachgesellschaften analysiert, darunter auch die Deutsche Gesellschaft für Kardiologie (DGK). Der Männeranteil unter den amtierenden Präsidenten lag bei 85 %, nur 14 Frauen (13 %) waren an der Spitze. Unter den Mitgliedern – 1.129 Personen wurden hierfür analysiert – waren 72 % Männer und 23 % Frauen, bei 5 % war das Geschlecht unbekannt. Den größten Frauenanteil war mit 32 % in nordamerikanischen Fachgesellschaften zu verzeichnen, die geringste Quote mit 9 % wiesen die asiatischen Gesellschaften auf. In Europa mit seinen 42 kardiologischen Fachgesellschaften lag der Anteil weiblicher Mitglieder gerade mal bei 10 %.

Weibliche Role Models schaffen

Ravioli und Kolleginnen sehen angesichts dieser Zahlen Handlungsbedarf, obwohl die Notwendigkeit für mehr Diversität inzwischen von vielen erkannt worden sei. Die bloße Einsicht reicht nach Ansicht der Wissenschaftlerinnen aber nicht aus, um weitreichende Veränderungen zu bewirken. Spezifische Maßnahmen müssten entwickelt und implementiert werden, um weibliche Role Models zu schaffen und weibliche Karrieren zu fördern, schlagen sie vor. Entsprechende Coaching-Programme müssten dann auf ihre Wirksamkeit überprüft werden, fügen sie hinzu. Ein besseres Geschlechtergleichgewicht in kardiologischen Fachgesellschaften zu schaffen, ist ihrer Ansicht nach auch insofern wichtig, weil nationale Fachgesellschaften wichtige regionale Interessenvertreter darstellen. Durch diese könnte für eine Gleichberechtigung auf nationaler Ebene gesorgt werden, machen die Autorinnen und Autoren deutlich.

Fazit

Laut einer weltweiten Analyse ist der Anteil weiblicher Mitglieder in kardiologischen Fachgesellschaften gering. Ebenso gibt es verhältnismäßig wenige Präsidentinnen.

Die Autorinnen und Autoren der Analyse sehen deshalb – trotz der bereits vorhandenen Awareness – Handlungsbedarf.

Literatur-- Ravioli S et al. Am J Med. 2023; https://doi.org/10.1016/j.amjmed.2023.02.012

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