Kardiovaskuläre Prävention

Remnant-Cholesterin – ein neues Risiko?

Prävention-- Das sog. Remnant-Cholesterin hat sich als potenziell neuer kardiovaskulärer Risikofaktor einen Namen gemacht. Nun bestätigen neue Daten, dass diese Lipidfraktion mit einem erheblich erhöhten Sterberisiko assoziiert ist.

Von Veronika Schlimpert Veröffentlicht:

Hohe Spiegel von Remnant-Cholesterin (≥ 1 mmol/L) sind einer großen Kohortenstudie zufolge mit einem zweifach erhöhten kardiovaskulären Sterberisiko assoziiert. Ebenso zeigten sich in der Analyse der Copenhagen General Population Study ein Zusammenhang dieser Lipidfraktion mit anderen Todesursachen, nicht aber mit der krebsbedingten Mortalität. Dieselben Beobachtungen wurden auch für erhöhte Plasmatriglyzeride gemacht. Wie die Autoren um Benjamin Wadström in der Publikation im „European Heart Journal“ betonen, stellen diese Befunde eine neue Erkenntnis dar. Denn bisher habe man nicht gewusst, ob erhöhte Spiegel von Remnant-Cholesterin und Plasmatriglyzeriden mit einer erhöhten ursachenspezifischen Mortalität einhergehen, erläutern sie.

Als Remnant-Cholesterin in dieser Studie definiert ist das Cholesterin, das in den Restpartikeln der triglyzeridreichen VLDL (very-low-density lipoprotein) und Chylomikronen enthalten ist. In den letzten Jahren wurde dem Remnant-Cholesterin zunehmend eine wichtige Rolle in der Entstehung atherosklerotischer Erkrankungen zugesagt. Rechnerisch abschätzen lässt es durch das Gesamtcholesterin subtrahiert durch das LDL-Cholesterin und HDL-Cholesterin.

Auf diese Weise wurde auch das Remnant-Cholesterin der Probanden aus der Copenhagen General Population Study bestimmt. 87.192 Männer und Frauen aus der zeitgemäßen Kohorte wurden in die Analyse einbezogen. Im Schnitt sind die Teilnehmer 13 Jahre lang nachverfolgt worden. 22 % wiesen zu Baseline ein Remnant-Cholesterin von ≥ 1 mmol/L (≥ 39 mg/dl) auf.

Mehr als doppelt so hohes Sterberisiko bei viel Remnant-Cholesterin

Und diese Patienten hatten in einer multivariaten Analyse ein mehr als doppelt so hohes Risiko, während der Beobachtungszeit an einer kardiovaskulären Ursache zu versterben, als Patienten mit Remnant-Cholesterin < 0,5 mmol/L (< 19 mg/dl; Hazard Ratio, HR: 2,2). Das Risiko, an einer Tumorerkrankung zu versterben, war im Falle erhöhter Remnant-Cholesterinwerte dagegen nicht erhöht (HR: 1,0), das für andere Todesursachen schon (HR: 2,1). In der Einzelbetrachtung der Todesursachen konnten die Autoren bei Patienten mit hohem Remnant-Cholesterin ein mehr als vierfach erhöhtes Sterberisiko durch ischämische Herzerkrankungen (HR: 4,4), ein mehr als achtfach erhöhtes Sterberisiko durch Infektionskrankheiten (HR: 8,4) sowie ein gut neunfach erhöhtes Sterberisiko durch endokrinologische Erkrankungen (HR: 9,1) feststellen.

Dasselbe Bild ergab sich, wenn die erhöhte Plasmatriglyzeridspiegel > 2 mmol/L (> 177 mg/dl) im Vergleich zu Konzentrationen < 1 mmol/L (< 89 mg/ dl) mit den jeweiligen Todesursachen in Verbindung gebracht wurden.

Doch welche Konsequenzen ergeben sich für die Praxis?

Was lässt sich aus diesen Ergebnissen nun für den klinischen Alltag ableiten? Klar ist, dass das Remnant-Cholesterin vor allem dann an Bedeutung gewinnen würde, wenn eine therapeutische Intervention zur Senkung der Spiegel in einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse resultiere. Und in dieser Hinsicht gab es in letzter Zeit eher enttäuschende Nachrichten. So hat in der beim AHA-Kongress 2022 präsentierten PROMINENT-Studie eine Behandlung mit dem PPARa-Agonisten Pemafibrate keinen kardiovaskulären Nutzen gebracht, obwohl das Medikament die Konzentration triglyzeridreicher Lipidfraktionen deutlich reduziert hat, inkl. dem Remnant-Cholesterin. Die Autoren um Wadström möchten das Therapiekonzept deshalb aber noch nicht ad acta legen. So gebe es noch weitere Therapiekandidaten in der Pipeline, die derzeit in klinischen Studien untersucht werden, darunter auch Inhibitoren von Apolipoprotein C3 und Angiopoietin-related Protein 3

Fazit

Ein Remnant-Cholesterin von ≥ 1 mmol/L ging mit einem mehr als doppelt so hohen Sterberisiko einher.

Allerdings haben therapeutische Interventionen zur Beeinflussung dieses potenziellen Risikomarkers in letzter Zeit eher enttäuschende Ergebnisse hervorgebracht.

Literatur-- Wadström BN et al. Eur Heart J. 2023; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehac822

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