SGLT2-Inhibitor für Postinfarkt-Patienten?

DAPA-MI-Studie-- Kann der SGLT2-Inhibitor auch in der Postinfarkt-Therapie die Prognose verbessern? Eine Antwort gab die DAPA-MI-Studie. Sie zeigte für Dapagliflozin positive kardiometabolische Effekte, aber keine Wirkung auf harte kardiovaskuläre Endpunkte.

Von Dirk Einecke Veröffentlicht:
Dapagliflozin-- Kein Einfluss auf die harten CV Endpunkte bei Postinfarkt-Patienten. peterschreiber.media/stock.adobe.com

Dapagliflozin-- Kein Einfluss auf die harten CV Endpunkte bei Postinfarkt-Patienten.

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Die beim Jahreskongress der American Heart Association und zeitgleich im „New England Journal of Medicine EVIDENCE“ publizierte DAPA-MI-Studie ist auf den ersten Blick eine Doppelblindstudie mit 4.017 Myokardinfarkt-Patienten, die den Nutzen von Dapagliflozin (10 mg/d, Therapiestart in den ersten 10 Tagen nach dem Infarkt) versus Placebo vor dem Hintergrund einer optimalen Standardtherapie untersuchte. Das Follow-up betrug ein Jahr. Die Studie wies jedoch eine Reihe von Besonderheiten auf, die der Betrachtung bedürfen.

Drei Besonderheiten

Punkt 1: Es war eine Register-basierte Doppelblindstudie, die sich der Herzinfarkt-Patienten-Register in Schweden und England bediente. Dies gewährleistete eine schnelle Rekrutierung und einen qualitativ hochwertigen Follow-up – ein kluger Ansatz für eine pragmatische Studie.

Punkt 2: Die Autoren selektierten Herzinfarkt-Patienten ohne Diabetes und chronische Herzinsuffizienz, die entweder einen ST-Hebungsinfarkt aufwiesen (72 %) oder nach dem Infarkt eine LV-Dysfunktion entwickelten – insgesamt ein Kollektiv mit eher niedrigem Risiko. Bezüglich der zu erwartenden Ereignisraten für Tod und Herzinsuffizienz-Hospitalisierungen verkalkulierten sich die Autoren, die Rate lag mit 2,5 % pro Jahr deutlich niedriger als erwartet.

Punkt 3: Aufgrund der niedrigen Ereignisraten wurde das Design während der laufenden Studie geändert. Statt der ursprünglichen harten klinischen Endpunkte wurde eine sog. Gewinn-Verhältnis-Analyse als Endpunkt definiert, welcher die sieben Komponenten Tod, Hospitalisierung wegen Herzinsuffizienz, erneuter Herzinfarkt, Vorhofflimmern, neu auftretender Diabetes mellitus, NYHA-Klasse und Gewichtsentwicklung umfasste. Für jeden Endpunkt wurden gematchte Paare aus beiden Gruppen gebildet und es wurde ermittelt, ob es unter Dapagliflozin oder Placebo mehr „Gewinner“ gab.

Eine positive Herzinfarkt-Studie?

Die Ergebnis-Mitteilung fiel folgendermaßen aus: „Bei Patienten mit akutem Herzinfarkt und beeinträchtigter ventrikulärer systolischer Funktion zeigte Dapagliflozin einen signifikanten Nutzen. Gegenüber Placebo verbesserte die Behandlung konsistent kardiometabolische Endpunkte in allen präspezifizierten Subgruppen und zeigte keine neuen Sicherheitsrisiken. Klinische Ereignisse waren selten und zeigten keine Unterschiede zwischen den Gruppen“, so Studienautor Prof. Stefan James von der Universität Uppsala beim AHA-Kongress in Philadelphia. Tatsächlich zeigten sich keine Unterschiede für die Endpunkte Tod, Krankenhauseinweisungen wegen Herzinsuffizienz, Re-Infarktrate und Vorhofflimmern. Signifikante Vorteile für die SGLT2-Inhibitor-Therapie beschränkten sich auf die Raten neuer Diabetes-Diagnosen (2,1 % vs. 3,9 %), die Rate der Patienten, die mehr als 5 % Gewicht verloren (die Gewichtsdifferenz lag bei ca. 1,65 kg), und die NYHA-Klasse.

Somit wird eine positive Herzinfarkt-Studie präsentiert, bei der vergleichsweise „weiche“ metabolische Ereignisse einen 7-Komponenten-Endpunkt mit einem signifikanten Unterschied ausstatten. Die Änderung des ursprünglichen Designs nebst Verwässerung der ursprünglichen Endpunkte setzt ein Fragezeichen hinter diese Ergebnisse.

Fazit

Der SGLT2-Inhibitor Dapagliflozin reduziert bei Postinfarkt-Patienten Gewicht und Diabetes-Risiko.

Auf harte kardiovaskuläre Endpunkte hat die Behandlung keinen Einfluss.

Der wissenschaftliche Wert der DAPA- MI-Studie wird beeinträchtigt, weil während der Studie die Endpunkte verändert wurden.

Quelle-- American Heart Association, Scientific Sessions, Philadelphia, 11. bis 13. November 2023

Literatur-- James S et al. N Engl J Med Evidence. 2023; https://doi.org/10.1056/EVIDoa2300286

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