Ein Warnzeichen?

Testosteronabfall kündigt Herzinfarkt an

Myokardinfarkt-- Sind niedrige Testosteronspiegel ein Warnzeichen für einen drohenden Herzinfarkt? In einer Studie jedenfalls ist das Testosteron bei Männern und Frauen ein Monat vor dem Ereignis signifikant abgefallen.

Von Joana Schmidt Veröffentlicht:

Eine anhaltende Stressbelastung kann den Hormonhaushalt beeinflussen. In Studien mit Pavianen senkten viel Stress und erhöhte Kortisolwerte den Testosteronspiegel. Auch bei Menschen wurden Korrelationen zwischen Kortisol und Testosteron beobachtet. In weiteren Studien waren niedrige Testosteronspiegel mit einem gesteigerten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen assoziiert. Einer neuen Analyse zufolge könnte eine Abnahme der Testosteronkonzentration ein Warnsignal für einen Herzinfarkt sein. Bei 168 Männern und Frauen mittleren Alters, die einen Myokardinfarkt erlitten hatten, wurde per Haarprobe der Testosteronspiegel der vorausgehenden drei Monate analysiert. Mithilfe eines Radioimmunoassays (RIA) wurde die mediane Testosteronkonzentration im Haar etwa einen Monat sowie drei Monate vor dem Herzinfarkt mit oder ohne ST-Streckenhebung untersucht. Die gleiche Messung erfolgte zu Studienbeginn bei 3.150 Kontrollpersonen ähnlichen Alters aus der Allgemeinbevölkerung.

Ein verringerter Testosteronspiegel kann Teil des stressbedingten pathophysiologischen Prozesses sein.

Forschende um Prof. Ashild Faresjö von der Universität Linköping in Schweden konnten keinen signifikanten Unterschied zwischen dem Testosteronspiegel der Erkrankten drei Monate vor ihrem Herzinfarkt und dem der Kontrollpersonen feststellen. Einen Monat vor dem Ereignis nahmen die medianen Testosteronspiegel der Infarktgruppe jedoch signifikant ab: Bei Männern von 2,84 auf 2,10 pg/mg und bei Frauen von 1,43 auf 1,10 pg/mg. „Das deutet darauf hin, dass ein Abfall der Testosteronkonzentration einem schweren kardiovaskulären Ereignis vorausgeht“, folgern Faresjö und Kollegen. Auch nach Adjustierung auf klassische Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen änderte sich nichts an dieser Tendenz. Bei einer zweiten, zufällig ausgewählten Kontrollgruppe (n = 205) aus der Allgemeinbevölkerung wurden Haaranalysen in einem zweimonatigen Abstand durchgeführt, um zu prüfen, ob auch dort eine Abnahme des Testosteronspiegels im Laufe der Zeit erfolgt war. In dieser Gruppe war eine tendenziell sinkende Testosteronkonzentration nur bei Männern signifikant. Jedoch war sie weniger stark gesunken als in der Herzinfarkt-Gruppe und die Kontrollgruppe war relativ klein, sodass es sich um natürliche biologische Schwankungen des Testosteronspiegels gehandelt haben könnte.

Steckt eine Stressreaktion dahinter?

„Die Ergebnisse zeigen, dass Patienten und Patientinnen mit einem Myokardinfarkt einen Monat zuvor einen niedrigeren Testosteronspiegel zu haben scheinen“, fassen die Forschenden zusammen. Dies stimme mit dem bisher nur in Tierversuchen beobachteten Stressreaktionsmechanismus überein. „Ein verringerter Testosteronspiegel kann Teil des stressbedingten pathophysiologischen Prozesses sein, der einem Myokardinfarkt vorausgeht, was weitere Studien rechtfertigt“, schließen Faresjö et al.

Fazit

Ein Monat vor dem Auftreten eines Herzinfarktes ließ sich bei betroffenen Patientinnen und Patienten ein Abfall der Testosteronkonzentrationen nachweisen.

Ein verringerter Testosteronspiegel könnte somit Teil des stressbedingten pathophysiologischen Prozesses sein, der einem Myokardinfarkt vorausgeht.

Literatur-- Faresjö A et al. Am J Cardiol. 2022. https://doi.org/10.1016/j.amjcard.2022.10.00471

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