Kardiovaskuläre Prävention

Wird Alkohol als Risiko unterschätzt?

Awareness-- Zu viel Alkohol kann das kardiovaskuläre Risiko steigern. Ob sich Menschen aufgrund von Berichten über gesundheitsfördernde Effekte von Alkohol zu schädlichen Trinkgewohnheiten verleiten lassen, wurde jetzt untersucht.

Von Joana Schmidt Veröffentlicht:

Es gibt ältere Beobachtungsstudien und Metaanalysen, die darauf hindeuten, dass moderater Alkoholkonsum kardiovaskuläre Vorteile haben könnte. Neuere Studien legen allerdings nahe, dass auch das oft zitierte Gläschen pro Tag keinen Nutzen für die Gesundheit hat und auch geringe Mengen schaden können. Zudem gibt es Evidenz, dass schon ein einmaliger Rausch die angeblichen Vorteile des moderaten Konsums aufhebt und häufigere Alkoholexzesse mit einem erhöhten Risiko für Herzinfarkte, Herzinsuffizienz, Schlaganfälle und Krebs einhergehen.

In einer Umfrage haben Dr. Theodore Medling von der Universität von Massachusetts und sein Team untersucht, ob Berichte über vermeintlich positive Effekte von Alkohol die Trinkgewohnheiten kardiovaskulär Erkrankter beeinflussen. Die 290 Teilnehmenden waren wegen akuter Herzerkrankungen in die Klinik eingeliefert worden und kamen für eine kardiale Rehabilitation infrage. Sie beantworteten anonym 35 Fragen zu ihrer Einstellung zum Alkoholkonsum, zur Wahrnehmung der gesundheitlichen Effekte des Getränks und zur Rolle der Medien bei der Meinungsbildung dazu.

Zwei Drittel hatten von positiven Effekten gehört

69 % der Befragten berichteten, aus einer oder mehreren Quellen gehört zu haben, dass moderater Alkoholkonsum gesund für das Herz sei. Dazu zählten Fernsehen (61 %), Familie/Freunde (33 %), Zeitungen (21 %), Internet (10 %), Gesundheitswesen (6 %) und Social Media (6 %). Allerdings gaben nur 19 % an, diesen Berichten zu glauben. 4 % antworteten, ihren Alkoholkonsum aufgrund der berichteten positiven Auswirkungen auf die Gesundheit mit Absicht zu erhöhen. Das war bei Personen mit Alkoholexzessen achtmal häufiger der Fall als bei denen, die nicht exzessiv tranken.

18 % der Teilnehmenden hatten ungesunde Trinkgewohnheiten. Diese Personen waren im Vergleich zu Nicht- oder Wenigtrinkern eher jünger, männlich und Raucher. Unter den alkoholischen Getränken wurde vor allem Rotwein ein Nutzen für die Herzgesundheit nachgesagt (78 %), gefolgt von Weißwein (30 %). Personen mit riskanten Trinkgewohnheiten tendierten eher dazu, Bier eine herzgesunde Wirkung anzuhängen, als diejenigen die keinen oder wenig Alkohol konsumierten (13 % vs. 7 %).

„Bessere Aufklärung nötig“

„Angesichts der bekannten kardiotoxischen Wirkungen von Alkohol, insbesondere in hohen Dosen, sind Strategien erforderlich, die auf eine bessere Aufklärung über die ungesunden kardiovaskulären Auswirkungen abzielen, insbesondere bei exzessiven Trinkern“, fordern Medling und Kollegen. Sie appellieren an Ärzte und Ärztinnen, Personen mit ungesunden Trinkgewohnheiten zu identifizieren, auf die gesundheitlichen Risiken und auch auf mögliche Fehlinformationen hinzuweisen. Kardiovaskulär bedingte Klinikaufenthalte seien ein guter Zeitpunkt für solche Gespräche, da Patienten und Patientinnen in dieser Phase möglicherweise eher bereit seien, ungesundes Verhalten zu verändern.

Fazit

Noch immer werden von der Bevölkerung Berichte über positive Auswirkungen von Alkohol wahrgenommen.

Nicht wenige Menschen mit Herzerkrankungen haben ein ungesundes Trinkverhalten.

Diese sollte man identifizieren und mit ihnen über die Risiken sprechen.

Literatur-- Medling T et al. Am J Cardiol. 2022;179:31-8

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