Zukunft gestalten beginnt schon in der Ausbildung
Kardiologischer Nachwuchs-- Was angehende Kardiologinnen und Kardiologen der nächsten Generation bei ihrer Ausbildung und Karriereplanung bewegt und wie sie diese Entwicklungsphase erleben, ist diesmal Thema unseres Schwerpunktes. Dabei zeigen sich Kardiologiebegeisterung, Optimierungsbedarf und auch Lösungsansätze.
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Bei der Kongresseröffnung stellten die Tagungspräsidenten die Highlights aus dem Programm vor.
© DGK/Jürgen Christ

Prof. Dr. med. Meinrad Gawaz, Universitätsklinikum Tübingen
© Gawaz

Prof. Dr. med. Tienush Rassaf, Universitätsklinikum Essen
© Rassaf
Liebe Leserinnen und Leser,
aller Anfang ist schwer. Diese Floskel gilt für alle Lebensbereiche, nicht jedoch ausschließlich für Berufsanfänger. Jede Veränderung der beruflichen und auch privaten Situation erfordert ein hohes Maß an Engagement insbesondere in den Anfangszeiten.
Aber jedem Anfang wohnt auch ein Zauber inne (frei nach Hermann Hesse).
Die junge Generation kommt im Schwerpunkt zu Wort
Jeder von uns wird sich noch an die Anfangszeiten seiner ärztlichen Ausbildung sehr gut erinnern. Die heutige Ausgabe der Cardio News widmet sich zu einem großen Teil der Facharztausbildung und lässt ausführlich die junge Generation zu Wort kommen.
Entscheidend für die berufliche Entwicklung ist die Auswahl der ersten Assistenzstelle. Steht für mich eine klinische Ausbildung im Vordergrund oder möchte ich zusätzliche Qualifikationen in Lehre und Forschung erwerben? Diese Fragen kann nur der Berufsanfänger für sich beantworten, da nur er seine weiteren Lebenspläne vor Augen hat.
Sicher ist jedoch, dass ein großes persönliches Engagement gepaart mit einer guten strukturierten klinisch-wissenschaftlichen Ausbildung für die zukünftigen Aufgaben im Gesundheitswesen unabdingbar sind, unabhängig ob im stationären oder ambulanten Bereich.
Aber mal Hand aufs Herz: Engagement, Leidenschaft, Arbeitseinsatz, dieses alles ist doch nicht nur in der (Herz)Medizin wichtig.
Fundierte Ausbildung und solides Fachwissen
Nur wenige Disziplinen in der Medizin sind so dynamisch und innovativ wie die Herzmedizin. Dies erfordert jedoch eine fundierte Ausbildung und den Erwerb von solidem Fachwissen, um die Fähigkeit zu erreichen, neue Studienresultate und wissenschaftliche Ergebnisse kritisch werten zu können. Dies ist jedoch nur zu erreichen, wenn über den klinischen Alltag hinaus ein genuines Interesse besteht, sich kontinuierlich aus- und weiterzubilden.
Warum fällt es der jungen Generation so schwer? Antworten finden Sie in der heutigen Cardio News.
Therapieentscheidungen sind nicht allein vom Alter abhängig
Das Lebensalter war noch nie eine gute Kennzahl für die Therapieentscheidung. Besonders bei Patientinnen und Patienten mit kritischer Aortenklappenstenose ist dies ein immer wieder diskutiertes Thema, das durch die aktuelle Studienlage wenig begründet ist.
Beeindruckend ist die jüngste Diskussion zwischen Kardiologie und Herzchirurgie auf den vergangenen Herztagen wie Sie in der Cardio News lesen können. Nach derzeitigen ESC-Leitlinien wäre der Leadsänger von den Rolling Stones konventionell operiert worden und hätte wahrscheinlich nicht so bald wieder die Bühnen der Welt rocken können. Die TAVI hat dies aber ermöglicht.
Kritisch: Digitalkonzerne und Datenschutz
Die großen Technologiekonzerne haben unseren Alltag fest im Griff. Es ist nicht mehr auszudenken, wie wir ohne mobile Kommunikation unser Leben bestreiten können. Zunehmend dringen die digitalen Technologiekonzerne auch in unseren beruflichen Alltag vor
Die Entwicklungen und Absichten sind nicht immer beruhigend, aber nicht aufzuhalten. Die individuelle Datenakkumulation wird mit und ohne Datenschutz dazu führen, dass krankheits- mit persönlichkeitsrelevanten Daten weltweit vernetzt werden und die Visionen von George Orwell aus dem Jahre 1948 war werden. In China hat der digitale „Social Score“ bereits eine sehr große gesellschaftliche Eindringtiefe erreicht.
Hier müssen sich die Politik und auch die Fachgesellschaften verständigen, wie weit sich Digitalkonzerne in bestehende Gesundheitsstrukturen einbinden dürfen. Das Selbstbestimmungsrecht der Patientinnen und Patienten darf nicht übergangen werden und muss geschützt bleiben.
Renale Denervation bei Hypertonie und Ablation bei PAH
Ablationsverfahren für Rhythmusstörungen sind fest etabliert und ein Segen für viele Patientinnen und Patienten. Auch die ablative Nierendenervation bei Bluthochdruckpatienten nimmt erneut Fahrt auf.
Trotz zunehmend klinischer Daten erstatten die Krankenkassen die Therapie nur sehr eingeschränkt und nur bei sehr ausgewählten Patientinnen und Patienten. Die Antragstellung ist mühsam. Ist das berechtigt? Ein Pro und Kontra in der vorliegenden Ausgabe dient zur Orientierung.
Eine sehr interessante Neuentwicklung ist die Möglichkeit der Denervierung im Bereich der Pulmonalarterien bei pulmonaler Hypertonie. Auch wenn die vorliegende PADN-CPDA-Studie mehr Fragen als Antworten aufzeigt, sollte die interventionelle Therapie bei PAH weiter verfolgt werden.
Immer weniger forschende Nachwuchsmediziner
Ist die klinisch-medizinische Forschung an unseren Universitätsklinika gefährdet? Immer weniger Nachwuchskräfte entscheiden sich für eine akademische Karriere, trotz zunehmend gut etablierter Forschungsförderungen und Clinical Scientist Programme.
Eine Twitterumfrage der Young Cardiologists ist alarmierend und muss uns zu denken geben. Ist dies lediglich einem Generationswandel zuzuschreiben oder ist die Arbeitsdichte in der Klinik über die Jahre tatsächlich so angestiegen, dass nicht einmal mehr Zeit zum regelmäßigen Essen oder zur sportlichen Aktivität bleibt?
Ein Viertel der Befragten Jungmediziner erwägt die Tätigkeit aufzugeben oder sich zu verändern. Was ist da los? Wie können wir die beruflichen Bedingungen adäquat verändern? Keine einfache Frage aber sicherlich eine riesige zukünftige Aufgabe. Eine konstruktive Diskussion muss jedoch stattfinden und Lösungsmöglichkeiten aufzeigen.
Heart-Teams – ein Qualitätsmerkmal funktionierender Herzmedizin
Nicht erst seit dem GBA-Beschluss (Bezug nehmend auf die interventionelle Klappentherapie), haben sich Allerortens fest etablierte Heart-Teams gebildet. Unisono funktioniert bei allen Befragten das interdisziplinäre Herzteam reibungslos.
Kaum zu glauben, aber ohne Zweifel ist und war die interdisziplinäre Diskussion über die optimale Behandlung nicht nur von Klappenpatienten ein wesentliches Qualitätsmerkmal einer funktionierenden Herzmedizin.
Chest Pain Units – eine Bestandsaufnahme
An allen Standorten werden die Notaufnahmen zunehmend zentralisiert. Was bedeutet dies für die seit Jahren gut etablierten Chest Pain Units?
Ohne Zweifel wurde die Qualität der Versorgung akuter und kritischer Herzkranker deutlich verbessert, was durch klinische Studien gut belegt wurde.
Die Frage stellt sich aber zunehmend wie etablierte CPU-Strukturen mit zentralen Notaufnahmen zusammenwirken? Wie wird sichergestellt, dass die Abläufe mit zentralen Notaufnahmen ähnlich gut organisiert werden, wie mit herkömmlich internistischen Notaufnahmen, wo die fachliche und örtliche Nähe oft von Vorteil ist.
Also alles spannende Themen und vieles mehr in der aktuellen Ausgabe der Cardio News, wie immer mit viel Herz!
Beste Grüße Ihre
Tienush Rassaf und Meinrad Gawaz