Rhythmologie in der DGK

AV-synchrones Leadless Pacing für alle?

Patientenselektion-- Seit der ersten Implantation im Jahr 2013 haben sich sondenlose Schrittmacher für ausgewählte Indikationen von einem Nischenprodukt im experimentellen Stadium zu einer Alternative für konventionelle Aggregate entwickelt.

Von Dr. Niklas Schenke Veröffentlicht:
Sondenlose Schrittmacher werden in den neuesten ESC-Leitlinien in bestimmten Konstellationen empfohlen.

Sondenlose Schrittmacher werden in den neuesten ESC-Leitlinien in bestimmten Konstellationen empfohlen.

© Science Photo Library / Science Photo Library

Die initial sehr eingeschränkte Anwendungsbreite wurde mit der Zulassung des MicraTM AV (Medtronic Inc., Minneapolis, MN, USA) deutlich erweitert. Durch Wahrnehmung atrialer Aktivität mittels Akzelerometer und Übersetzung in ein elektrisches Signal ist nun eine AV-synchrone ventrikuläre Erregung möglich.

In den neuesten ESC-Leitlinien von 2021 zur Herzschrittmachertherapie sind sondenlose Schrittmacher mittlerweile ebenfalls abgebildet. Für Patientinnen und Patienten mit eingeschränkten venösen Zugangswegen, hohem Risiko für Infektionen oder Dialysepflichtigkeit besteht eine Klasse IIa-Indikation. Mit einer Klasse IIb-Indikation ist zudem eine Implantation anstelle eines konventionellen Schrittmachersystems im Sinne eines „Shared-decision-making“ möglich [1]. Als Young Cardiologist in der Ambulanz kommt es daher immer häufiger zum Kontakt mit Patient*innen mit implantierten sondenlosen Schrittmachern. Mitunter ist es jedoch schwierig, die Programmierung so zu gestalten, dass eine stabile AV-synchrone Stimulation resultiert. Hier stellte sich unter anderem wiederholt die Frage: Wie können präinterventionell Patient*innen identifiziert werden, die postinterventionell von einer AV-synchronen Stimulation profitieren? Grund genug, auf diese und weitere Fragen in einem kurzen Ratgeber für interessierte Youngs einzugehen:

In der Zulassungsstudie des MicraTM AV, der MARVEL 2-Studie, wurden 75 Patientinnen und Patienten mit bereits implantiertem sondenlosen MicraTM VR ein Update des Algorithmus zur atrial-mechanischen Wahrnehmung zur Verfügung gestellt [2]. Eine AV-synchrone Erregung wurde in 95 % der für die primary-efficacy-Analyse passenden Patientinnen/Patienten (n = 40) mit normofrequentem Sinusrhythmus und komplettem AV-Block erzielt. Die individuelle Rate an AV-synchroner Stimulation lag bei > 70 %.

Eine Post-hoc-Analyse untersuchte weitere Prädiktoren wie atriale mechanische Empfindlichkeit sowie AV-Synchronität [3]. Im multivariaten Regressionsmodell konnten ein echokardiografisch ermitteltes E/A-Verhältnis von < 0,94, sowie eine geringe Sinusrhythmus-Variabilität als unabhängige Prädiktoren identifiziert werden.

Dies erscheint sinnhaft, da eine hohe A4-Amplitude im ventrikulären Akzelerometer auf eine starke mechanische Aktivität des Atriums zurückzuführen ist, welche der spätdiastolischen A-Welle der Doppler-Echokardiografie entspricht. Patientinnen und Patienten mit atrialer Dysfunktion scheinen somit für eine AV-synchrone Stimulation mittels sondenlosem Schrittmacher eher ungeeignet.

Neuere Analysen legen den Fokus zudem auf die Programmierung der sondenlosen Schrittmacher. Neugebauer et. al. konnten in ihrer Registerarbeit deutlich machen, dass regelmäßige Verlaufskontrollen und Optimierung der Programmierung die Rate an AV-synchroner Stimulation auch bei initial schlechter Synchronität deutlich erhöhen können [4].

Es bleibt also abzuwarten, ob in Zukunft eine Echokardiografie mit Fokus auf die atriale Mechanik zum Standard vor Implantation sondenloser Schrittmacher wird und welche zusätzlichen Prädiktoren sich in weiterhin notwendigen Studien zu diesem Thema herauskristallisieren.

Fazit

Ein E/A-Verhältnis < 0,94 sowie ein stabiler Sinusrhythmus und Herzfrequenzen < 80/min sind als gute Prädiktoren für eine AV-synchrone Stimulation anzusehen.

Regelmäßige Verlaufskontrollen sind erforderlich, können aber auch bei schwierigeren Ausgangsbedingungen die Rate AV-synchroner Ventrikelstimulation erhöhen.

Literatur--

1. Glikson M et al. Eur Heart J. 2021;42(35):3427-520

2. Steinwender C et al. JACC Clin Electrophysiol. 2020;6(1):94-106

3. Garweg C et al. Hear Rhythm. 2020;17(12): 2037-45

4. Neugebauer Fet al. .Hear Rhythm. 2022; 19(5):748-56

Schlagworte: