Pulmonale Hypertonie

ESC-/ERS-Leitlinien-Update gibt neue Impulse

Pulmonale Hypertonie-- Die Aktualisierung der ESC-/ERS-Leitlinien zur Diagnostik und Therapie der pulmonalen Hypertonie (PH) im August 2022 beinhaltet wesentliche und auch klinisch relevante Neuerungen, die derzeit aktiv von der AG 25 Pulmonale Hypertonie diskutiert werden.

Von Dr. D. Dumitrescu und PD Dr. C. A. Eichstaedt Veröffentlicht:
Die Pulmonale Hypertonie ist keine eigenständige Erkrankung.

Die Pulmonale Hypertonie ist keine eigenständige Erkrankung.

© Dzmitry / stock.adobe.com

Derzeit ist geplant, wie auch bei den vorherigen Aktualisierungen der Leitlinien, aus diesen Diskussionen einen Konsensusprozess entstehen zu lassen. Einige ausgewählte Neuerungen der Leitlinien sollen nachfolgend dargestellt werden.

Definition und Hämodynamik

Die Pulmonale Hypertonie ist keine eigenständige Erkrankung, sondern es handelt sich um eine heterogene Gruppe von Erkrankungen, die durch eine pathologische Hämodynamik in der pulmonalen Strombahn definiert ist. Der bisherige Grenzwert des pulmonal arteriellen Mitteldrucks (mPAP) von ≥ 25 mmHg wurde auf > 20 mmHg zur Diagnose einer PH abgesenkt. Für die präkapillären Formen wurde der Grenzwert des pulmonal vaskulären Widerstands von bisher > 3 Wood-Einheiten (WE) auf > 2 WE verringert.

Dr. Daniel Dumitrescu  Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen

Dr. Daniel Dumitrescu Herz- und Diabeteszentrum NRW in Bad Oeynhausen 

© Dumitrescu

PD Dr. Christina A. Eichstaedt Universitätsklinikum Heidelberg

PD Dr. Christina A. Eichstaedt Universitätsklinikum Heidelberg

© Eichstaedt

Sämtliche Zulassungsstudien zur spezifischen Therapie der pulmonal arteriellen Hypertonie (PAH) wurden bislang jedoch mit der zuvor gültigen hämodynamischen Definition durchgeführt. Daher besteht für den hämodynamischen Bereich, der neu als PAH klassifiziert wird (mPAP 21–24 mmHg), keine belastbare Evidenz zur Wirksamkeit spezifischer Pharmakotherapien. Deshalb findet sich in den ESC-/ERS-Leitlinien auch keine Empfehlung, die neuen hämodynamischen Grenzwerte generell auf Therapiekonzepte der PAH zu übertragen.

Diagnostik der PH

Der Stellenwert der interdisziplinären Kommunikation und Zusammenarbeit insbesondere zwischen Kardiologie und Pneumologie wird in den aktualisierten Leitlinien hervorgehoben und trägt der Komplexität der Erkrankung Rechnung, sowie der Notwendigkeit einer interdisziplinären Versorgung dieser Patientengruppe. Die Indikation zu einer beschleunigten Zuweisung in ein PH-Expertenzentrum („Fast-Track-Referral“) wurde auf alle Patient*innen mit einem konkreten Verdacht auf das Vorliegen einer PAH oder einer chronisch-thromboembolischen PH (CTEPH) ausgeweitet. Zudem wurde die Spiroergometrie als zusätzliche Diagnostik neu in den diagnostischen Algorithmus aufgenommen.

Neuerungen bei der genetischen Testung und Beratung

Der Stellenwert der genetischen Testung und Beratung bei Patient*innen mit PAH wurde in den neuen Leitlinien deutlich hervorgehoben. Es wird zum ersten Mal spezifiziert, dass alle bekannten PAH-Gene gleichzeitig untersucht werden sollten. Auch wird auf den Vorteil hingewiesen, eine Gen-Panel-Sequenzierung mittels Next Generation Sequencing zu nutzen. Dieses Verfahren ist in Heidelberg seit bereits mehreren Jahren etabliert, für Deutschland patentiert und wird in der Routinediagnostik eingesetzt.

Screening von Risikogruppen

Nach Identifikation einer krankheitsauslösenden Variante wird empfohlen, auch erstgradige Familienangehörige jährlich echokardiografisch zu screenen und ihnen von qualifizierten Expert*innen eine genetische Beratung und Testung anbieten zu lassen. So bedürfen Familienmitglieder ohne familiäre, krankheitsauslösende Variante keinen weiteren Vorsorgeuntersuchungen. Im Gegenzug werden Familienmitglieder mit der genetischen Veranlagung für erste klinische Symptome einer PAH sensibilisiert. Als weitere Hochrisikogruppen für die Manifestation einer PAH werden Patient*innen mit systemischer Sklerose und solche mit anstehender Lebertransplantation eingestuft. Daher wird es empfohlen, auch Patient*innen mit einer systemischen Sklerose jährlich auf eine PAH zu screenen, da ca. 5–20 % im Verlauf eine PAH entwickeln. Auch Patient*innen zum Zeitpunkt vor einer Lebertransplantation wird ein Screening auf PH empfohlen.

Kontakt-- Dr. Daniel Dumitrescu, Herz- und Diabeteszentrum Nordrhein-Westfalen in Bad Oeynhausen, ddumitrescu@hdz-nrw.de

PD Dr. Christina A. Eichstaedt, Zentrum für Pulmonale Hypertonie, Thoraxklinik und Institut für Humangenetik am Universitätsklinikum Heidelberg, christina.eichstaedt@med.uni-heidelberg.de

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