Interview mit Prof. Mahfoud

„Ein zusätzlicher Pfeil im Köcher“

Renale Denervation-- Die Renale Denervation (RDN) wird wieder vermehrt zur Hypertonie-Therapie eingesetzt. Eine neue DGK-Zertifizierung wurde eingerichtet, um verbindliche Mindeststandards zur Durchführung der RDN zu definieren. Hier spricht Prof. Felix Mahfoud über das Comeback der einst umstrittenen Methode.

Ein Interview von Kerstin Kacmaz Veröffentlicht:
Bei erhöhtem Blutdruck trotz der Gabe von drei Medikamenten kann über die RDN nachgedacht werden.

Bei erhöhtem Blutdruck trotz der Gabe von drei Medikamenten kann über die RDN nachgedacht werden.

© LordHenriVoton / Getty Images / iStock

Die RDN galt mal als abgeschrieben und feiert jetzt ein Comeback. Welche Bedeutung kommt ihr heute bei der Blutdrucktherapie zu?

Prof. Felix Mahfoud: Die letzten randomisierten, scheinkontrollierten Studien haben nachgewiesen, dass die RDN zu einer Blutdrucksenkung beitragen kann. Sie ist aber als eine additive, komplementäre Therapiestrategie zu verstehen, also als zusätzlicher Pfeil im Köcher zum Blutdruckmanagement bei Patient*innen, die schwer zu kontrollieren sind. Übrigens gibt es bisher kaum interventionelle Verfahren, die eine Prüfung in Studien mit einer invasiven Placeboprozedur als Kontrolleingriff überstanden haben – ein großer Erfolg für die RDN.

Im Moment wird das Verfahren auch für andere Indikationen geprüft, z. B. für Arrhythmien wie Vorhofflimmern und ventrikuläre Tachykardie sowie für die Herzinsuffizienz. Die wissenschaftliche Bearbeitung dieses Themas ist also lange nicht abgeschlossen.

Prof. Dr. med. Felix Mahfoud-- Universitätsklinikum des Saarlandes inHomburg/Saar

Prof. Dr. med. Felix Mahfoud-- Universitätsklinikum des Saarlandes in Homburg/Saar

© Mahfoud

Welche Patient*innen kommen für die Prozedur infrage, und welche profitieren nicht?

Laut einem neuen Konsensuspapier der ESC, das gerade erschienen ist, eignet sich die Therapie für Patient*innen, die mit drei oder mehr Medikamenten immer noch erhöhte Praxis- und ambulatorische Blutdruckwerte aufweisen und eine erhaltene Nierenfunktion haben (eGFR > 40 ml/min). Sie stellt außerdem eine Therapieoption für Patient*innen dar, die keine Medikamente einnehmen können oder wollen und ausdrücklich eine interventionelle Behandlung wünschen. Wichtig ist, dass die Nierenanatomie dafür geeignet sein muss.

Ungeeignet ist die Prozedur für Patient*innen mit einer klassischen, sekundären Hypertonie, die in vielen Fällen kurativ behandelbar ist, wenn ihre Ursache behoben wird. Das sind etwa Personen mit einem primären Hyperaldosteronismus, einer hochgradigen Nierenarterienstenose oder Phäochromozytom. Wir würden auch niemanden mit hochgradig eingeschränkter Nierenfunktion, außerhalb von klinischen Studien, behandeln. Da sollte man aktuell sehr zurückhaltend sein.

Warum ist eine Zertifizierung von Zentren, die diese Therapiemethode anbieten, so wichtig?

Damit dieses Verfahren sicher und effektiv bei den richtigen Patient*innen durchgeführt wird. Dafür hat man einige Kriterien zur Patienten- und Zentrumsselektion und zur Abfrage der lokalen Expertise, u. a. bei Nierenarterieninterventionen festgelegt. Können die Kolleginnen und Kollegen vor Ort eine sekundäre Hochdruckursache ausschließen und bestehen die räumlichen und personellen Voraussetzungen, um diesen Eingriff sicher und effektiv durchzuführen? Kann auf Komplikationen adäquat reagiert werden? Zudem signalisieren ein national einheitlicher Mindeststandard und eine erfolgreiche Zertifizierung den Kostenträgern, wo es sinnvoll ist, dieses Verfahren zu vergüten. Denn das Verfahren sollte zunächst nicht in jedem Krankenhaus mit einem Katheterlabor angeboten werden, sondern nur in spezialisierten Zentren bei ausgewählten Patient*innen, damit diese auch wissenschaftlich nachverfolgt werden.

Woran lässt sich denn diese Expertise messen?

Zum Beispiel an der Definition von sogenannten Standard-Operating-Procedures (SOP) oder der Sicherstellung von Mitbehandlungen, z. B. durch eine Nephrologie, Gefäßchirurgie, Radiologie und eine Hypertensiologie. Aber auch an der Anzahl an Interventionen, die ein Zentrum an Nierengefäßen durchgeführt hat.

Es gibt kaum interventionelle Verfahren, die eine Prüfung in solchen Studien bisher überstanden haben.

Es gibt eine ganze Reihe von strukturellen und personellen Voraussetzungen, die sicherstellen sollen, dass die Expertise lokal hoch genug ist. Definiert haben wir das in einem Konsensuspapier gemeinsam mit der Deutschen Hochdruckliga und der Deutschen Gesellschaft für Nephrologie.

Welche Kliniken sollten sich um eine solche Zertifizierung bemühen und warum?

Solche, die ein Interesse an resistenter und schwer einstellbarer arterieller Hypertonie haben und bei denen eine Expertise in devicebasierten Prozeduren besteht, und wenn sie neue und vielversprechende Verfahren zur Anwendung bringen wollen. Einerseits erhöht eine erfolgreiche Zertifizierung die Sichtbarkeit des Standortes und dient auch Patient*innen und Zuweisern als Leitfaden, andererseits soll es den Prozess der Kostenübernahmeanträge für die Prozeduren beschleunigen. Denn die Kostenträger möchten, dass dieses Verfahren nur an Zentren mit nachgewiesener Expertise durchgeführt wird.

Vielen Dank für das Gespräch!

Weitere Infos unter https://rdz.dgk.org/

Schlagworte: