Endokarditis-Fälle

Mögliche Kontamination kardialer Implantate

Interdisziplinäre Kardiologie--Nachdem vor drei Jahren der erste Fall einer M. chelonae Endokarditis im Zusammenhang mit biologischen Herzklappenprothesen des Herstellers BioIntegral Surgical Inc. bekannt wurde, wurden auch in Deutschland und Frankreich bei mehreren Patient*innen Hinweise auf eine Besiedelung mit M. chelonae nach Explantation von Herzklappenbioprothesen dieses Herstellers aufgrund von Endokarditiden gefunden

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Da im Rahmen weiterer Untersuchungen von insgesamt 14 nicht implantierten, originalverpackten Prothesen (12/12) und Patches (2/3) M. chelonae nachgewiesen wurde, muss eine Kontamination während des Produktionsprozesses angenommen werden. Eventuell noch im Umlauf befindliche Produkte könnten daher ebenfalls kontaminiert sein und sollten nicht implantiert werden. Der Hersteller hat im Juli 2022 alle für den Marktzugang in der EU erforderlichen Zertifikate gekündigt, sodass in der EU keine neuen Produkte mehr in Verkehr gebracht werden dürfen. Für die bereits vorher in den Markt gebrachten Herzklappenprothesen und Conduits gilt derzeit ein Anwendungsstopp.

Es muss leider davon ausgegangen werden, dass einzelne Patientinnen und Patienten mit einem solchen Implantat dem Risiko ausgesetzt sind, im Verlauf eine Infektion mit M. chelonae zu entwickeln. Die DGK hat daher gemeinsam mit der DGPK, der DGTHG und der DGI eine interdisziplinäre Fachinformation herausgegeben.

Verdacht auf Erregerbefall

Bei Patientinnen und Patienten mit Implantaten des genannten Herstellers besteht in folgenden Fällen ein hohes Verdachtsmoment:

bei kulturnegativer BioIntegral-Prothesen-Endokarditis oder Verdacht auf eine solche;

bei akuter Herzinsuffizienz aufgrund Dehiszenz einer BioIntegral-Herzklappenprothese

bei unklarer/schneller Degeneration einer BioIntegral-Herzklappenprothese.

Die Inkubationszeit ab Implantation bis zur Entwicklung einer klinisch manifesten Infektion liegt im Bereich von Tagen bis Jahren, zumeist aber vermutlich innerhalb des ersten Jahres.

Zu den von den Fachgesellschaften empfohlenen Maßnahmen gehört die Involvierung von infektiologischer Expertise sowie die Abnahme von speziellen Mykobakterien-Blutkulturflaschen und Bebrütung bei 30 °C und 37 °C für 12 Wochen. Sollte eine Bioprothesen-Klappe der Firma BioIntegral mit Endokarditisverdacht explantiert werden, aber kein Erregernachweis vorhanden sein oder eine unklare Klappendehiszenz/-degeneration vorliegen, sollte neben der üblichen Diagnostik eine Mykobakteriendiagnostik erfolgen. Die einzelnen Schritte werden in der Fachinformation der Fachgesellschaften detailliert beschrieben.

Bei entsprechendem Verdacht sollte vorab das Nationale Referenzzentrum für Mykobakterien informiert werden. Ob bei Patientinnen und Patienten, die nach Implantation einer BioIntegral-Prothese diesem Risiko ausgesetzt sind, präventiv eine engmaschigere klinische Kontrolle und ggf. Bildgebung erfolgen soll, muss von Fall zu Fall entschieden werden. Eine gezielte Therapieempfehlung sollte nur nach Diskussion in einem interdisziplinären Board unter Einbeziehung von Experten der Fachgesellschaften ausgesprochen werden. Auch die Bestimmungen zur Meldepflicht sind zu beachten.

Hinweis-- Weitere Informationen sowie eine Liste der betroffenen Implantate sind unter https://dgk.org/daten/interdisziplinaere-information.pdf abrufbar.

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