Interview

Prävention im Alltag umsetzen

Spezielle Assistenzkräfte-- Im September 2022 wurden die ersten Präventionsassistent*innen gemäß des DGK-Curriculums ausgebildet. Professor Harm Wienbergen, der den Kurs in Bremen leitet, spricht über das neue Therapiekonzept.

Ein Interview von Melissa Wilke Veröffentlicht:
Eine Präventionsassistenzkraft berät die Patient*innen hinsichtlich ihres Lebensstils.

Eine Präventionsassistenzkraft berät die Patient*innen hinsichtlich ihres Lebensstils.

© picsfive / stock.adobe.com (Symbolbild mit Fotomodell

Prof. Harm Wienbergen-- Klinikum Links der Weser, Bremen

Prof. Harm Wienbergen-- Klinikum Links der Weser, Bremen

© Wienbergen

Wie viele Präventionsassistenzkräfte wurden bereits ausgebildet?

Prof. Harm Wienbergen: 15 Teilnehmer*innen haben an dem Pilot-Ausbildungskurs in Bremen teilgenommen. Nachdem nun die ersten Zeugnisse über die praktischen Tätigkeiten, die ja eine weitere Voraussetzung für die Zertifizierung sind, bei der DGK eingegangen sind, konnte die Erstellung von Zertifikaten zur „kardiovaskulären Präventionsassistenz“ Anfang dieses Jahres beginnen. Der nächste Ausbildungskurs wird vom 12.6.–16.6.2023 in Bremen stattfinden. Wir hoffen sehr, dass wir dann viele weitere Teilnehmer*innen begrüßen dürfen, damit dieses neue Konzept zur Förderung einer besseren Versorgung von kardiovaskulären Patient*innen zunehmend im klinischen Alltag eingesetzt werden kann.

Wie sieht der Arbeitsalltag einer Präventionsassistenzkraft aus?

Derzeit ist der typische Einsatzbereich einer Präventionsassistenzkraft die Beratung von Patient*innen in einer „Präventionssprechstunde“. Die Patient*innen werden befragt, wie die kardiovaskulären Risikofaktoren eingestellt sind, also z. B. wie es mit der Nikotinabstinenz oder der körperlichen Aktivität aussieht. Es werden Präventionsangebote gemacht (Tabakentwöhnung, Bewegungsprogramm, gesundes Kochen), um eine nachhaltige Umstellung des Lebensstils zu erreichen. Risikofaktoren wie Cholesterin, Gewicht, Blutdruck und Blutzuckerwerte werden regelmäßig kontrolliert. Die „Präventionssprechstunden“ können in einer ärztlichen Praxis, in einer Ambulanz oder in einem Medizinischen Versorgungszentrum erfolgen. Es besteht ein deutlicher ökonomischer Nutzen, dadurch dass mehr Abrechnungsscheine und/oder DMP-Patient*innen betreut werden können. Außerdem kann damit geworben werden, dass eine Betreuung durch von der DGK zertifizierte Präventionskräfte erfolgt.

Welche Herausforderungen muss sie bei der täglichen Arbeit mit den Patient*innen meistern?

Bei Patient*innen, die Schwierigkeiten bei der Anpassung des Lebensstils haben, ist „motivierende Gesprächsführung“ ein wichtiges Stichwort. Zudem sollte sich die Präventionsassistenzkraft Zeit nehmen und die Patientinnen und Patienten wiederholt kontaktieren, was ja sonst in der ärztlichen Routine oft nicht möglich ist.

Die Grundkenntnisse der motivierenden Gesprächsführung erlernen die Präventionsassistenzkräfte in den Ausbildungskursen. Dieses Thema ist fester Bestandteil der Kurse. Gerade hier liegt eine Stärke der Präventionsassistenz: Wenn man sich Zeit nimmt und regelmäßig nachfragt, gibt es häufig doch noch die Möglichkeit, diese Patient*innen positiv zu motivieren. Die betreuenden Kardiolog*innen haben aber leider selten die Zeit dafür. Überwiegend ist die Resonanz der Patient*innen aber sehr positiv. Viele von ihnen arbeiten sehr eng mit den Präventionsassistenzkräften zusammen und stellen ihre Risikofaktoren nachhaltig gut ein.

Bei welchen Patient*innen sollten sie vor allem eingesetzt werden?

Bisher haben wir Präventionsassistenzen bei Patientinnen und Patienten mit manifesten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, wie zum Beispiel einem Myokardinfarkt, eingesetzt. Prinzipiell ist aber auch eine Ausweitung auf präventive Maßnahmen bei Personen ohne manifeste Erkrankungen denkbar, beispielsweise Personen mit Risikofaktoren, wie arterielle Hypertonie oder Adipositas, die Unterstützung bei nachhaltigen Präventionsmaßnahmen brauchen.

Welche Skills sollten an der Weiterbildung interessierte Assistenzkräfte mitbringen?

Neben Engagement und Einfühlungsvermögen bei der Betreuung von Patient*innen sollte die Assistenzkraft ein medizinisches Grundwissen haben, typischerweise eine Ausbildung zur Medizinischen Fachangestellten oder eine Tätigkeit in einem medizinischen Bereich. Spezielles Vorwissen in der Präventivmedizin ist nicht notwendig, das wird im Rahmen des Curriculums vermittelt.

Ein großer Teil der Aufgaben erledigt die Präventionsassistenzkraft selbstständig. Ab wann werden die betreuenden Kardiolog*innen eingebunden?

Insbesondere wenn es um Fragen zur medikamentösen Therapie geht oder wenn die Patient*innen spezielle medizinische Fragen haben, müssen die Kardiolog*innen eingebunden werden.

Vielen Dank für das Gespräch!

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