Positionspapier „Schlafmedizin in der Kardiologie“

Schlafapnoe & Vorhofflimmern

Ein Update-- Schlafbezogene Atmungsstörungen sind mit einem schlechteren Ansprechen auf Interventionen zur Rhythmuskontrolle assoziiert. Dieser Beitrag fasst aktuelle Empfehlungen zusammen und informiert über neue Innovationen auf dem Gebiet.

Von PD Dr. Dr. Dominik Linz und PD Dr. Henrik Fox Veröffentlicht:
Bei Schlafapnoe kommt es gehäuft zu Vorhofflimmernrezidive. BVDC/fotolia.com (Symbolbild mit Fotomodell)

Bei Schlafapnoe kommt es gehäuft zu Vorhofflimmernrezidive. BVDC/fotolia.com (Symbolbild mit Fotomodell)

© BVDC / stock.adobe.com

In der Allgemeinbevölkerung liegt die Prävalenz einer mindestens mittelgradigen schlafbezogenen Atmungsstörung (SBAS) bei etwa 9–17 % [1]. SBAS sind mit einem erhöhten Risiko für Vorhofflimmerrezidive assoziiert. Bei Patienten mit Vorhofflimmern betrug in einer Metaanalyse aus 13 prospektiven Kohortenstudien (insgesamt 2.660 Patient*innen) die Prävalenz einer mindestens mittelgradigen SBAS 40 % [2]. Zusätzlich zeigte eine weitere Metaanalyse aus 7 prospektiven Kohortenstudien (insgesamt 1.087 Patienten), dass der Gebrauch von CPAP-Therapie („Continuous Positive Airway Pressure“; kontinuierlicher Atemwegsüberdruck) mit einer 42 % niedrigeren Rezidivrate nach Vorhofflimmerablation assoziiert war [3]. In einer nicht randomisierten Studie (ARREST-AF) traten Vorhofflimmernrezidive bei Patient*innen, die zusätzlich nach einer Vorhofflimmerablation ein kombiniertes Risikofaktormanagement-Programm (inklusive einer Therapie der SBAS) durchlaufen hatten, deutlich seltener auf als bei Patientinnen und Patienten ohne ein solches Programm [4].

Prof. Dr. Dr. Dominik Linz, Maastricht University Medical Center, Maastricht/ Niederlande

Prof. Dr. Dr. Dominik Linz, Maastricht University Medical Center, Maastricht/ Niederlande

© Linz

PD Dr. med. Henrik Fox, Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen

PD Dr. med. Henrik Fox, Herz- und Diabeteszentrum NRW Bad Oeynhausen

© Fox

Aufgrund dieser Daten sind die Empfehlungen für ein SBAS-Screening und -Management bei Vorhofflimmernpatient*innen in den aktuell gültigen internationalen Leitlinien berücksichtigt. Im Update des Positionspapieres „Schlafmedizin in der Kardiologie“ [5] der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie wird bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern zur Erfassung von bestehenden Risikofaktoren ein SBAS-Screening implementiert. Zusätzlich wird die Therapie einer SBAS im Rahmen eines kombinierten Risikofaktormanagements zur Reduktion von Vorhofflimmerrezidiven, aber auch aufgrund der belegten günstigen Effekte auf den arteriellen Blutdruck und die Lebensqualität der Patient*innen empfohlen (Empfehlungsgrad I, Evidenzgrad B) [5].

Schlafapnoe & Vorhofflimmern

© nach Fox et al, Kardiologie 2021

Außerdem kann eine SBAS CPAP-Therapie berücksichtigt werden, um gezielt das Auftreten von Vorhofflimmern, die Progression von Vorhofflimmern, aber auch Rezidive von Vorhofflimmern sowie die damit einhergehenden Symptome zu reduzieren (Empfehlungsgrad IIb, Evidenzgrad C) (Tab. 1) [5].

Seit der Veröffentlichung der internationalen Leitlinien und des Positionspapieres „Schlafmedizin in der Kardiologie“ sind nun mehrere neue, kleine randomisierte Studien zur Therapie der SBAS bei Patienten mit Vorhofflimmern erschienen:

In einer Gruppe von 25 Patienten/Patientinnen mit persistierendem Vorhofflimmern wurde randomisiert untersucht, ob die Behandlung einer SBAS mittels CPAP-Therapie das Risiko eines Vorhofflimmernrezidivs nach elektrischer Kardioversion senkt. Hinsichtlich der Rezidivrate (25 %) und der Zeitdauer bis zum Rezidiv des Vorhofflimmerns zeigte sich kein Unterschied in der CPAP- im Vergleich zur Kontrollgruppe [6].

In der erst kürzlich veröffentlichten „A3 Study“ wurden 83 Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern und einer mindestens mittelgradigen SBAS vor einer geplanten Vorhofflimmernablation randomisiert untersucht und in eine CPAP-Therapie Gruppe oder Standardbehandlung eingeteilt. Primärer Endpunkt war ein Vorhofflimmerrezidiv von mindestens zwei Minuten, dokumentiert durch einen implantierbaren Loop Recorder im Follow-up. Das Wiederauftreten von Vorhofflimmern war hierbei nicht unterschiedlich in den beiden Therapiegruppen, wobei die Vorhofflimmernablation per se deutlich die Vorhofflimmernlast in beiden Gruppen reduzierte [7].

Letztlich waren diese beiden randomisierten Studien zu klein, um einen möglichen günstigen Effekt einer CPAP-Therapie auf die Rezidivrate nach Interventionen zur Rhythmuskontrolle sicher auszuschließen. Im Fall der „A3-Study“ [7] wurden beispielsweise Patient*innen mit nur sehr niedriger Vorhofflimmernlast eingeschlossen, wodurch die Rezidivraten deutlich niedriger ausfielen, als initial im Rahmen der Poweranalyse erwartet worden war. Außerdem war der erwartete Effekt einer CPAP-Therapie (50 % Reduktion von Vorhofflimmernrezidiven) womöglich überschätzt. In den nächsten Jahren folgen Ergebnisse von weiteren, deutlich größeren randomisierten Studien (z. B. die „SLEEP-AF“-Studie; ACTRN12616000088448).

Heutige zusätzliche Hürden und Herausforderungen im klinischen Alltag für eine breite Implementierung von SBAS-Screening und -Management sind lange Wartezeiten und eine häufig suboptimale CPAP-Adhärenz der Patient*innen. In naher Zukunft sind im Bereich des SBAS-Managements aber zusätzliche Innovationen zu erwarten. Das kürzlich veröffentlichte Scientific Statement der AHA deklariert die Verbesserung des SDB-Screenings und der -Behandlung als auch Gebrauch digitaler Technologien als einen vielversprechenden Fokus für zukünftige Forschungsprojekte [8]. Innovative Behandlungen wie z. B. Hypoglossusstimulatoren (Zungenschrittmacher) und neue pharmakologische Behandlungsansätze könnten hierbei weit mehr Patientinnen und Patienten den Zugang zu einer optimalen Behandlung der SBAS ermöglichen [1].

Auch das SBAS-Screening in der Praxis wird immer einfacher. Mittlerweile stehen digitale Plattformen zum virtuellen Telemedizin-basierten SBAS-Screening und -Management zur Verfügung [9]. Bislang haben wir als Kardiolog*innen uns regelmäßig noch die Frage gestellt, bei welchem Patienten zu welchem Zeitpunkt ein SBAS-Screening durchgeführt werden sollte. Nun im Zeitalter der digitalen Medizin muss davon ausgegangen werden, dass bald unsere Patient*innen bereits Hinweise auf das Vorliegen einer SBAS von ihren Wearables erhalten, welche über deren Algorithmen Daten aus Aktivitäts- oder Beschleunigungssensoren nutzen, um die „Schlafphasen“ der Person zu berechnen [10]. Zusätzlich können integrierte Pulsoxymeter in Smartwatches zur Diagnostik nächtlicher Sauerstoffentsättigungen einen Hinweis auf eine bisher unerkannte SBAS geben [8]. Die effektive und effiziente Integration solcher Technologien und deren Analysen in die Behandlung unserer Patientinnen und Patienten wird zudem ein Fokus zukünftiger Implementierungs-Projekte sein müssen.

Fazit

SBAS ist bei Patientinnen und Patienten mit Vorhofflimmern häufig und mit einem schlechteren Ansprechen auf eine Rhythmuskontrolle assoziiert.

Bis es Daten größerer randomisierter Studien gibt, wird ein SBAS-Management im Rahmen eines kombinierten Risikofaktor-Managements empfohlen.

Um neue wissenschaftliche Erkenntnisse zu implementieren und für die ärztliche Qualifizierung in integrativer kardiologischer und schlafmedizinischer Versorgung, wurde das „Curriculum Kardiovaskuläre Schlafmedizin“ neu eingeführt [11].

Literatur bei den Verfassern

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