Signals don’t lie: Weiterbildung in der Elektrophysiologie

Spezielle Rhythmologie-- Wie finden Interessierte den Weg in die Elektrophysiologie? Im Gespräch beschreibt Leon Iden, wie er diese Spezialisierung angegangen ist, was sich im Laufe der Zeit geändert hat und gibt Tipps, an denen man sich für die eigene Laufbahn orientieren kann.

Ein Interview von Dr. Henrike Hillmann und Dr. Dennis Lawin Veröffentlicht:
Elektrophysiologie – für manche das schönste Fach der Welt – ist sehr vielseitig. ipopba/stock.adobe.com

Elektrophysiologie – für manche das schönste Fach der Welt – ist sehr vielseitig. ipopba/stock.adobe.com

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Die spezielle Rhythmologie bietet als Weiterbildung innerhalb der Kardiologie vielfältige Möglichkeiten – mit den Spezialisierungen „Aktive Herzrhythmusimplantate“ und/oder „Invasive Elektrophysiologie“ kann man gleich in mehreren Bereichen gefördert und gefordert werden. Aber wie geht man bei Interesse an diesem Gebiet am besten vor? Wann in die Weiterbildung starten? Beide Spezialisierungen gleichzeitig oder lieber für eine entscheiden? Was sind Dos und Don‘ts? Hierüber haben wir mit Dr. Leon Iden, Elektrophysiologe und Mitherausgeber des Buches „Invasive Elektrophysiologie für Einsteiger“ im Interview gesprochen:

Dr. Leon Iden-- Leitung der Elektrophysiologie am Herz- und Gefäßzentrum Bad Segeberg Iden

Dr. Leon Iden-- Leitung der Elektrophysiologie am Herz- und Gefäßzentrum Bad Segeberg Iden

© Iden

Herr Iden, vielen Young EPs ist Ihr Name sicher ein Begriff. Verraten Sie uns dennoch zu Beginn kurz, wo und in welcher Position Sie derzeit arbeiten.

Ich leite die Elektrophysiologie im Herz- und Gefäßzentrum Bad Segeberg.

Wann und wieso haben Sie sich für die Rhythmologie entschieden?

Ich habe im Studium ein Wahlfach Elektrophysiologie bei Prof. Bänsch absolviert und dort überhaupt erst von der Existenz der EP erfahren. Im normalen Studium kam es damals noch nicht vor. Ehrlich gesagt hatte ich einfach dienstags nachmittags Zeit.

Was waren Ihre ersten Schritte in der Rhythmologie und wie haben Sie den „Sprung“ in die invasive Rhythmologie geschafft?

Ich habe im Bewerbungsgespräch in Segeberg erwähnt, dass ich EP interessant finde. Es war ein gewisser Bedarf in diesem Bereich vorhanden, sodass mein Chef Prof. Richardt mir damals die Möglichkeit eröffnet hat, von Beginn an die Ausbildung in der EP mit der allgemeinkardiologischen Ausbildung parallel zu absolvieren. Ich konnte also als Berufsanfänger sofort in der EP anfangen, was sicher sehr ungewöhnlich ist. Bei mir hat es dann sofort gefunkt und ich wollte nie wieder weg.

Was empfehlen Sie? Sollte man bei Interesse für die EP erst mal die allgemeine kardiologische Ausbildung durchlaufen oder sich direkt auf die Rhythmologie fokussieren?

Es gibt ja leider momentan den Mismatch, dass die Elektrophysiologie im Facharztcurriculum nahezu keine Rolle spielt, eine fundierte Ausbildung aber viel Zeit in Anspruch nimmt. Ich kann aus eigener Erfahrung einschätzen, dass die parallele Ausbildung von Anfang an sehr anspruchsvoll und fordernd ist und man auch um 17 Uhr nicht mit seinem Arbeitstag abgeschlossen hat. Außerdem tut es richtig weh, wenn man bereits „Blut geleckt“ hat, nochmal für 6 oder 12 Monate wegzurotieren. Dazu kommen meistens Ängste, sich den Platz im Labor nach der Rotation wieder erkämpfen zu müssen.

Ich finde es sinnvoll, die größeren Rotationen wie die Intensivstation, Notaufnahme etc. fertig zu haben, um keine monatelangen Lücken in der weiteren EP-Ausbildung zu riskieren. Zunächst die komplette Facharztweiterbildung zu absolvieren und dann komplett in die EP einzusteigen, finde ich zu spät.

Entweder Devices oder interventionelle EP, oder besser parallel beide Weiterbildungen anstreben?

Ich glaube, dass die Zeit der Universalgenies in der Kardiologie vorbei ist. Niemand kann alles auf richtig hohem Niveau können. Andererseits müssen wir aufpassen, die einzelnen Subdisziplinen nicht zu sehr zu zerlegen. Irgendwann landen wir sonst beim Facharzt für die rechte obere Pulmonalvene. Ein Elektrophysiologe muss vor und nach einer VT-Ablation differenziert einen ICD programmieren können. Ein Device-Spezialist muss in der Kontrolle die Reaktion einer Tachykardie auf ein ATP beurteilen können.

Man muss vielleicht nicht zwingend beide Weiterbildungen komplett durchlaufen, aber sollte auf jeden Fall fundierte Kenntnisse des jeweils anderen Bereichs erwerben.

Wie sind Sie dorthin gekommen, wo Sie jetzt sind?

Am Anfang war ich sicherlich zur richtigen Zeit am richtigen Ort. Ich glaube, man muss Chancen erkennen und ergreifen, wenn sie sich bieten und dann auch bereit sein, zu investieren. Einen Teil meiner Ausbildung durfte ich am DHZ in München absolvieren, dieser zwischenzeitliche Perspektivwechsel war neben den Fähigkeiten, die ich mitnehmen konnte, unwahrscheinlich wichtig. Am wichtigsten aber: Niemand schafft einen Weg alleine. Ich habe einen Chef gehabt, der mir Vertrauen geschenkt hat, fantastische Lehrer, Kollegen und Teammitglieder.

Würden Sie heute alles genauso machen?

Ich bin ehrlich gesagt heute manchmal froh, in einem anderen Jahrzehnt angefangen zu haben. Manche Dinge wären heute so nicht mehr möglich. Wenn mir heute nochmal jemand die Chance eröffnen würde, von Anfang an mit dem schönsten Fach der Welt anzufangen, würde ich ja sagen. Ich hätte aber heute mehr Bedenken bezüglich der Belastungen, die so ein Weg mit sich bringt.

Eine fundierte Ausbildung nimmt viel Zeit in Anspruch.

Zuletzt noch Ihre 3 Dos und Don’ts für Young EPs – was geben Sie uns als Tipps mit auf den Weg?

Dos: Nutzt die Möglichkeiten, die es heute gibt: Wissen und Erfahrung von Experten sind so einfach und mühelos verfügbar wie noch nie. Die Vernetzung in der Young DGK oder EHRA war früher viel weniger ausgeprägt. Die Welt besteht nicht nur aus Unikliniken: Manchmal ist Caseload pro Kopf interessanter als sich in einem Zentrum von Weltruf mit 20 anderen Lernwilligen um das Recht auf eine Leistenpunktion zu streiten. Gute Ausbildung kann auch außerhalb des Rampenlichts stattfinden. EP ist Teamwork, das kann man sich nicht oft genug klar machen. Erfolgreiche Elektrophysiologen sind Teamplayer, sie kommunizieren gut und nehmen in den Prozeduren alle mit. Auch in solche Fähigkeiten sollte man investieren.

Don‘ts: Krankenhäuser sind veränderungsresistente Systeme: „Das haben wir schon immer so gemacht“ ist manchmal das stärkste Argument. Akzeptiert nicht alles als gegeben und habt Mut zur Veränderung.

Basics: Signals don’t lie. Die EP kann manchmal aufgrund des hohen Caseloads an PVIs und vermeintlich einfachen Single-Shot-Systemen als stark handwerklich geprägt missverstanden werden. Am Ende kommt es in der Regel aber doch immer auf die Basics zurück: Signalinterpretation, Stimulationsmanöver, 12-Kanal-EKG. Das sollte man nie vergessen und seine eigenen Fähigkeiten hier kontinuierlich weiterentwickeln. Niemand sollte länger als ein Jahr am Stimulator verbringen.

Vielen Dank für das Gespräch!

Kontakt-- Dr. Henrike Hillmann, Hannover Herzrhythmus Centrum, Klinik für Kardiologie und Angiologie, Medizinische Hochschule Hannover; Dr. Dennis Lawin, Universitätsklinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin, Universitätsklinikum OWL der Universität Bielefeld, Campus Klinikum Bielefeld

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