Herzstillstand

Alternative Technik erhöht Überleben

Defibrillation-- Patienten mit Herzstillstand und schockrefraktärem Kammerflimmern haben höhere Überlebenschancen, wenn statt der Standardtechnik eine doppelte sequenzielle Defibrillation eingesetzt oder der Vektor beim Defibrillieren gewechselt wird.

Von Robert Bublak Veröffentlicht:

Fast die Hälfte der Patienten mit Herzstillstand und prinzipiell schockbarem Rhythmus wie Kammerflimmern oder pulsloser ventrikulärer Tachykardie reagiert nicht auf mehrfache Defibrillationsversuche. Hier hilft es möglicherweise, die Defibrillationstechnik zu wechseln. Mögliche Alternativen sind ein Vektorwechsel oder die doppelte sequenzielle Defibrillation. Beim Wechsel des Vektors werden die Elektroden anterior-posterior statt standardmäßig anterior-lateral platziert. Für die doppelte sequenzielle Defibrillation klebt man die Elektroden sowohl anterior-lateral wie anterior-posterior, woraufhin mit zwei Defibrillatoren Schocks in kurzem zeitlichem Abstand verabreicht werden.

Höhere Überlebenschancen mit alternativer Technik

Ein Team um den Notfallmediziner Sheldon Cheskes von der Universität Toronto hat die Erfolgsaussichten der beiden Alternativen zur Standarddefibrillation in einer Studie mit 405 Patienten – mehr als 80 % waren Männer – mit schockrefraktärem Herzstillstand außerhalb von Kliniken in einer Vergleichsstudie untersucht. Bei 136 (33,6 %) wurde versucht, das Kammerflimmern nach Versagen von drei Schocks weiterhin mit Standarddefibrillationen zu beenden. 144 (35,6 %) behandelte man nach drei vergeblichen Versuchen im Standard mit einem Vektorwechsel, 125 (30,9 %) erhielten eine doppelte sequenzielle Defibrillation im Abstand von unter einer Sekunde. In der Standardgruppe erlebten 18 Patienten (13,3 %) ihre Entlassung aus dem Krankenhaus. In der Gruppe mit Vektorwechsel waren es 31 (21,7 %) und nach doppelter sequenzieller Defibrillation 38 (30,4 %). Rechnerisch waren die Überlebenschancen nach Vektorwechsel ums 1,7-Fache und nach doppelter sequenzieller Defibrillation um das 2,2-Fache erhöht. Die Alternativen erwiesen sich damit dem Standardvorgehen als signifikant überlegen.

Vektorwechsel, falls zweiter Defi fehlt

Auch mit Blick auf das Beenden des Kammerflimmerns und die Rückkehr der Spontanzirkulation sprach das Ergebnis für die Alternativen. Ein gutes neurologisches Resultat, definiert als modifizierter Rankin-Score von maximal 2 (also mit höchstens leichter Beeinträchtigung), erreichten mit Standarddefibrillation 15 Patienten (11,2 %); mit Vektorwechsel waren es 23 (16,2 %) und mit doppelter sequenzieller Defibrillation 34 (27,4 %). Damit stiegen die Chancen nach Vektorwechsel um etwa die Hälfte und nach Doppeldefibrillation um mehr als das Doppelte.

Bei allen Vorteilen, die für die doppelte sequenzielle Defibrillation sprechen, geben Cheskes und Kollegen zu bedenken, dass die Verfügbarkeit eines zweiten Defibrillators für die Rettungskräfte logistisch herausfordernd sein kann. „Angesichts dessen, dass die Überlebenschancen auch mit einem Vektorwechsel zu steigen scheinen, könnte dies eine Alternative in Situationen darstellen, in denen nur ein Defibrillator zur Hand ist.“

Ursprünglich war geplant gewesen, 930 Patienten in die Studie aufzunehmen, um eine ausreichende Teststärke zu erreichen. Die Coronapandemie durchkreuzte diese Rechnung. Es kamen Bedenken auf, die Reaktionszeiten der Einsatzkräfte könnten sich verlängern, was mit der rechtzeitigen Applikation der jeweiligen Defibrillationstechnik interferieren würde. Daher wurde die Studie gestoppt. Die geringe Zahl von Ereignissen im primären Endpunkt, dem Überleben bis zur Entlassung, birgt die Gefahr, den Behandlungseffekt zu überschätzen. Hätten in der Gruppe mit Doppeldefibrillation neun Patienten weniger bis zur Entlassung überlebt, wäre das Ergebnis nicht mehr signifikant gewesen. In der Gruppe mit Vektorwechsel hätte dafür sogar ein einziger weiterer verstorbener Patient genügt.

Fazit

Patienten/Patientinnen mit Herzstillstand hatten höhere Überlebenschancen, wenn statt der Standarddefibrillation eine alternative Technik angewendet wurde.

Allerdings war die Power der Studie durch die geringen Ereigniszahlen stark eingeschränkt, sodass die Ergebnisse mit Vorsicht zu interpretieren sind.

Literatur-- Cheskes S et al. N Engl J Med. 2022; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2207304.

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