Biopsie deckt isolierte kardiale Sarkoidose auf

Fallbericht-- Eine bisher herzgesunde Frau kommt wegen Herzrasen, Brennen in der Brust, Schwindel und Schwäche zu uns in Kardiologie. Die Befunde im Kardio-MRT lassen auf eine kardiale Sarkoidose schließen, welche durch eine gezielte, Mapping gestützte Biopsie bestätigt werden kann.

Von Dr. Schneider und Dr. Winkelmann und Prof. Müllerleile Veröffentlicht:
Biopsie deckt isolierte kardiale Sarkoidose auf

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Eine 54-jährige, kardial nicht vorerkrankte Patientin alarmierte wegen Herzrasens, retrosternalem Brennen, Schwindel und Schwächegefühl den Rettungsdienst. Der Notarzt stellte eine monomorphe ventrikuläre Tachykardie mit einer Herzfrequenz von ca. 210/min fest, die außerklinisch mit einer elektrischen Kardioversion durch 120 Joule unter Kurznarkose erfolgreich konvertiert werden konnte.

Dr. Jan N. Schneider Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg

Dr. Jan N. Schneider Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg

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Bei Sichtung der Patientin im Schockraum war echokardiografisch die systolische LV-Funktion mittelgradig reduziert (EF 35 %). Mittels invasiver Koronarangiografie konnte eine relevante koronare Herzerkrankung ausgeschlossen werden. Während der anschließenden Monitorüberwachung traten weitere nicht anhaltende ventrikuläre Tachykardien und eine ventrikuläre Extrasystolie auf. Zur Abklärung einer zugrunde liegenden strukturellen Herzerkrankung wurde eine Kardio-MRT durchgeführt.

Typische Befunde in der Kardio-MRT

In der Kardio-MRT konnte anhand des Late-Gadolinium-Enhancement (LGE)-Musters der typische Befund einer kardialen Sarkoidose (Abb. 1) mit ausgedehnten, z. T. im Sinne eines Pseudoinfarktmusters, konfigurierten Läsionen und einer LGE-Last von 21 % (Abb. 2) festgestellt werden.

Abb. 1 A-- LGE-Bilder in 4-Kammer: A) 4-Kammerblick mit Darstellung von transmuralem, „infarktartigem“ Late-Gadolinium-Enhancement (LGE) im Bereich des basalen Septums (Pfeil).

Abb. 1 A-- LGE-Bilder in 4-Kammer: A) 4-Kammerblick mit Darstellung von transmuralem, „infarktartigem“ Late-Gadolinium-Enhancement (LGE) im Bereich des basalen Septums (Pfeil).

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Abb. 1 B-- LGE-Bilder in Kurzachsenschnitt (B):Im korrespondierenden Kurzachsenschnitt durch das basale Septum (Schnittverlauf siehe weiße Linie in A) zeigt sich ebenfalls ein transmurales LGE des basalen Septums (Pfeil).

Abb. 1 B-- LGE-Bilder in Kurzachsenschnitt (B):Im korrespondierenden Kurzachsenschnitt durch das basale Septum (Schnittverlauf siehe weiße Linie in A) zeigt sich ebenfalls ein transmurales LGE des basalen Septums (Pfeil).

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In der CT-grafischen Diagnostik ergab sich jedoch kein Anhalt für eine pulmonale oder anderweitige extrakardiale Manifestation der Sarkoidose. Daher wurde die Indikation für eine Myokardbiopsie zur definitiven Klärung der Grunderkrankung gestellt. Der in der MRT isoliert lokalisierbare Läsionsbereich lag jedoch im Bereich des basalen Septums, der mit konventionellen Schleusen oft schwierig zu erreichen ist. Daher fiel der Entschluss zur Biopsie unter Zuhilfenahme einer steuerbaren Schleuse im elektrophysiologischen Katheterlabor. Für eine gezielte Biopsie wurde zunächst von rechtsventrikulär ein orientierendes, grobes Voltagemap des Septums erstellt (CARTO 3™ System; Abb. 3). Im Bereich der septalen Niedervoltage konnten im Anschluss gezielt vier Proben entnommen werden.

Abb. 2-- LGE-Quantifizierung: Kurzachsenschnitte abgebildet von basal nach apikal. Epikardiale Kontur (grün), endokardiale Kontur (rot), Referenz für gesundes Myokard (blau), Late-Gadolinium-Enhancement/LGE (weiß).

Abb. 2-- LGE-Quantifizierung: Kurzachsenschnitte abgebildet von basal nach apikal. Epikardiale Kontur (grün), endokardiale Kontur (rot), Referenz für gesundes Myokard (blau), Late-Gadolinium-Enhancement/LGE (weiß).

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Abb. 3-- Orientierendes Voltagemap für eine gezielte Myokardbiopsie: Das Map des rechten Ventrikels in der PA-Projektion zeigt narbige Areale, korrespondierend zum MRT-Befund.

Abb. 3-- Orientierendes Voltagemap für eine gezielte Myokardbiopsie: Das Map des rechten Ventrikels in der PA-Projektion zeigt narbige Areale, korrespondierend zum MRT-Befund.

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In der anschließenden histologischen Untersuchung zeigten sich im Randbereich einer der Proben umschriebene Veränderungen, die sich als suspekt für ein epitheloidzelliges Granulom präsentierten – passend zur vermuteten kardialen Sarkoidose. Aufgrund der reduzierten LV-Funktion und rezidivierenden ventrikulären Arrhythmien wurde eine Therapie mit Prednisolon und Methotrexat, begleitet von einer leitliniengerechten medikamentösen Herzinsuffizienztherapie mit Sacubitril/Valsartan, Bisoprolol, Spironolacton und Empagliflozin begonnen. Im Verlauf wurde die Patientin aus sekundärprophylaktischer Indikation mit einem ICD versorgt.

Todesursache oft kardial bedingt

Die Sarkoidose ist eine granulomatöse, inflammatorische Systemerkrankung mit Manifestation in unterschiedlichen Organsystemen. Die meisten Patienten weisen eine pulmonale Manifestation mit Beteiligung von lymphatischem Gewebe auf. Eine kardiale Manifestation ist mit unter 10 % hingegen relativ selten. Eine Herzbeteiligung ist häufiger mit einer Manifestation der Erkrankung in ZNS, Augen sowie der Haut assoziiert, tritt jedoch, wie in diesem Fall, auch isoliert am Herzen auf. Während es sich in vielen Fällen um eine akute, primär pulmonale Verlaufsform mit anschließender Ausheilung der Erkrankung handelt, sind bei kardialer Beteiligung chronische Verlaufsformen mit Folgeschäden wie Herzinsuffizienz oder ventrikulären Herzrhythmusstörungen möglich. So stellt trotz der eher seltenen kardialen Beteiligung ein kardiales Ereignis die zweithäufigste Todesursache bei Patienten mit Sarkoidose dar. In der aktuellen ESC-Leitlinie wird eine primärprophylaktische ICD-Implantation auch im Falle einer LVEF > 35 % empfohlen, sofern im Kardio-MRT eine LGE-Last von > 20 % nachgewiesen werden kann (Klasse IIa B) oder sich monomorphe VTs induzieren lassen (Klasse IIa C). In dem geschilderten Fall präsentierte sich neben rezidivierenden, hämodynamisch relevanten VTs (Klasse I, Level B ICD-Indikation) auch eine LGE-Last von > 20 % (Abb. 2).

Fazit

Dieser Fallbericht unterstreicht den diagnostischen Stellenwert der Kardio-MRT sowie das Potenzial einer anhand von Kardio-MRT und einem kurzen, orientierenden elektroanatomischen Mapping geführten, gezielten Myokardbiopsie zur Diagnostik einer kardialen Sarkoidose.

Ferner könnte die Quantifizierung der myokardialen Narbenlast mittels Kardio-MRT auch einen zusätzlichen Risikomarker für ventrikuläre Tachykardien bei Patienten mit kardialer Sarkoidose darstellen. Diese Annahme muss jedoch erst prospektiv evaluiert werden.

Literatur bei den Verfassern

Kontakt-- Dr. Jan N. Schneider, Universitäres Herz- und Gefäßzentrum Hamburg