Das Lymphgefäßsystem nach Fontan-Operation

Kinderkardiologie-- Anomalien des Lymphgefäßsystems und des Lymphflusses führen bei Patienten mit Fontan-Palliation zu teilweise schweren bis lebensbedrohlichen Erkrankungen wie Bronchitis plastica oder Eiweißverlustenteropathie. Doch es gibt vielversprechende neue Diagnostik- und Therapieoptionen.

Von Prof. Ulrike Herberg und PD Dr. Claus C. Pieper et al Veröffentlicht:
Abb. 1-- Ausgehusteter bronchialer „Cast“ (eiweißreiches Ausgusspräparat) bei ausgeprägter Bronchitis plastica.

Abb. 1-- Ausgehusteter bronchialer „Cast“ (eiweißreiches Ausgusspräparat) bei ausgeprägter Bronchitis plastica.

© U. Herberg et al.

Bei Patientinnen und Patienten mit Fontan-Palliation können Anomalien des Lymphgefäßsystems und des Lymphflusses auftreten. Dazu gehören Bronchitis plastica (BP) und Eiweißverlustenteropathie, die manchmal mit einem schweren oder gar lebensbedrohlichen Verlauf einhergehen. Neue Verfahren wie die MRT-Lymphangiografie und Interventionen am Lymphgefäßsystem ermöglichen heute die Diagnostik und erweiterte Therapie bei konservativ nicht beherrschbaren Krankheitsverläufen.

Funktionsstörungen im Lymphgefäßsystem

Prof. Dr. Ulrike Herberg Universitätsklinikum Bonn

Prof. Dr. Ulrike Herberg Universitätsklinikum Bonn

© Herberg

PD Dr. Claus Christian Pieper  Universitätsklinikum Bonn

PD Dr. Claus Christian Pieper Universitätsklinikum Bonn

© Pieper

Das Lymphgefäßsystem hat eine entscheidende Bedeutung für die Flüssigkeitshomöostase und Immunregulation. Über Lymphgefäße erfolgt der Rücktransport von Gewebsflüssigkeit zurück in das venöse System. Endstrecke des Lymphabflusses der unteren Körperhälfte ist der Ductus thoracicus, der in den linken Venenwinkel mündet. Niedrige venöse Drucke und eine normale Anlage des Lymphgefäßsystems sind Voraussetzung für einen unbehinderten Transport. Diese Bedingungen sind bei Patienten mit univentrikulären Herzen nach Fontan-Palliation mitunter gestört.

Patienten mit einem univentrikulären Herzen erreichen heute durch die Etablierung der Fontan-Zirkulation in über 75 % das Erwachsenenalter. Die Fontan-Zirkulation basiert auf einer passiven Lungenperfusion ohne vorgeschalteten Ventrikel; obere und untere Hohlvene werden direkt mit den Lungenarterien anastomosiert. Daher sind die venösen Drücke im gesamten Venensystem erhöht. Folgen sind ein vermehrter Anfall lymphatischer Flüssigkeit – zum Beispiel in Leber und Darm – sowie ein erschwerter Lymphabstrom.

Zusätzliche lymphatische anatomische Varianten ermöglichen die unphysiologische Drainage von Lymphe in Pleura, Peritoneum, Bronchialbaum und Abdomen mit der Entwicklung eines Chylothorax, von Chylaszites, einer BP (Abb. 1) und einer Eiweißverlustenteropathie. Diese pathophysiologischen Zusammenhänge konnten erst in den letzten Jahren durch neue Bildgebungsmethoden aufgeklärt werden. Trotz umfassender medikamentöser, herzkatheterinterventioneller und operativer Therapieansätze bleiben Morbidität und Mortalität hoch.

Bildgebung mit und ohne Kontrastmittel

Abb. 2-- Maximum-Intensitäts-Projektion eines kontrastverstärkten MR-Lymphangiogramms bei ausgeprägter Bronchitis plastica. Darstellung eines massiven chylolymphatischen Refluxes in Lymphgefäße des Mediastinums, der Lunge und des Halses.

Abb. 2-- Maximum-Intensitäts-Projektion eines kontrastverstärkten MR-Lymphangiogramms bei ausgeprägter Bronchitis plastica. Darstellung eines massiven chylolymphatischen Refluxes in Lymphgefäße des Mediastinums, der Lunge und des Halses.

© U. Herberg et al.

In spezialisierten Zentren wurden daher neue, auf das Lymphgefäßsystem gerichtete Diagnostik- und Therapiealgorithmen entwickelt. So kann bereits ohne Gabe eines Kontrastmittels mit der nativen MR-Lymphangiografie die Anatomie größerer Lymphgefäße dargestellt werden. Hierdurch lassen sich bei Fontan-Patientinnen und -Patienten erweiterte Lymphgefäßkonvolute beispielsweise im Mediastinum peribronchial und zervikal nachweisen.

Die Ausprägung dieser Veränderungen korreliert klar mit dem Schweregrad eines Chylothorax oder einer BP und erlaubt so bereits vor der Fontan-Operation prognostische Abschätzungen.

MR-Lymphangiografie

Zur weiteren Therapieplanung hat sich daneben die kontrastmittelverstärkte MR-Lymphangiografie etabliert, dabei wird Kontrastmittel direkt in das Lymphgefäßsystem appliziert, um dynamisch die individuellen Lymphflussverhältnisse darzustellen. Bei Betroffenen mit BP oder Chylothorax zeigt sich ein unterschiedlich ausgeprägter, pathologischer chylolymphatischer Reflux in mediastinale und peribronchiale Lymphgefäßkonvolute (Abb. 2) mit einem diffusen Austritt von Lymphe in das Bronchiallumen (bei BP) oder in den Pleuraspalt (bei Chylothorax).

Bei einer Eiweißverlustenteropathie wird durch die hepatische Lymphangiografie ein Reflux von Leberlymphe über hepatoduodenale Lymphgefäße nachgewiesen. Der Verlust von eiweißreicher Leberlymphe in das duodenale Lumen kann während der Lymphangiografie auch mittels Farbstoffinjektion bestätigt werden (Abb. 3).

Interventionelles Unterbinden des pathologischen Lymphflusses

Abb. 3-- Duodenoskopie mit enteralem Austritt des transhepatisch in die Leberlymphgefäße injizierten Farbstoffs, der blaugrün aus einem Porus (rot umrundet) in der Darmschleimhaut fließt.

Abb. 3-- Duodenoskopie mit enteralem Austritt des transhepatisch in die Leberlymphgefäße injizierten Farbstoffs, der blaugrün aus einem Porus (rot umrundet) in der Darmschleimhaut fließt.

© U. Herberg et al.

Abb. 4-- Postinterventionelles Röntgenbild nach selektiver Okklusion refluxiver mediastinaler Lymphgefäße bei Bronchitis plastica, mit Darstellung des kontrastmittelreichen Okklusionsmaterials.

Abb. 4-- Postinterventionelles Röntgenbild nach selektiver Okklusion refluxiver mediastinaler Lymphgefäße bei Bronchitis plastica, mit Darstellung des kontrastmittelreichen Okklusionsmaterials.

© U. Herberg et al.

Die Lymphgefäßbildgebung ermöglicht dabei nicht nur Einblicke in die Pathophysiologie, sondern hat auch zur Entwicklung neuer interventioneller Therapieansätze bei konservativ nicht beherrschbaren Krankheitsbildern geführt. Ziel der Intervention ist die Modifikation des Lymphflusses, das heißt, die Unterbindung des pathologischen Lymphrefluxes zu Bronchus, Pleura, Peritoneum oder Darm.

Dies gelingt durch interventionelle Techniken am Lymphgefäßsystem selbst – wie die Obliteration von abnormen thorakalen Lymphgefäßen im Bereich des Ductus thoracicus (Abb. 4), die selektive transhepatische/transduodenale Embolisation hepatoduodenaler Lymphgefäße bei Eiweißverlustenteropathie oder auch die Rekonstruktion des Lymphabstroms. Diese Verfahren werden in streng selektierten Fällen interdisziplinär an weltweit wenigen spezialisierten Zentren durchgeführt und zeigen kurz- und mittelfristig gute individuelle klinische Ergebnisse.

Fazit

Anomalien des Lymphgefäßsystems führen bei Fontan-Zirkulation zu Chylothorax, Chylaszites, Bronchitis plastica oder Eiweißverlustenteropathie.

Neue Bildgebungstechniken erlauben die Darstellung sehr individueller anatomischer Pathologien des Lymphsystems.

Lymphgefäßinterventionen bieten vielversprechende Behandlungsoptionen dieser schwer behandelbaren Krankheitsbilder.

Literatur bei den Verfasserinnen/Verfassern

Kontakt-- Prof. Dr. med. Ulrike Herberg und PD Dr. med. Claus Christian Pieper, Universitätsklinikum Bonn, ulrike.herberg@ukbonn.de; claus_christian.pieper@ukbonn.de

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