Nebenwirkungen von Immuncheckpoint-Inhibitoren

ICI-Myokarditis – was die ESC-Leitlinien empfehlen

Myokarditis-- Eine gefürchtete Nebenwirkung von Immuncheckpoint-Inhibitoren (ICI) ist die ICI-assoziierte Myokarditis. Wie diese Form der Herzmuskelentzündung diagnostiziert und therapiert werden sollte, wird in der neuen ESC-Leitlinie Onkokardiologie beschrieben.

Von PD Dr. Raluca Mincu und Prof. Dr. Matthias Totzeck Veröffentlicht:
Für die Diagnose einer ICI-assoziierten Myokarditis gelten neue Kriterien.

Für die Diagnose einer ICI-assoziierten Myokarditis gelten neue Kriterien.

© U. J. Alexander/stock.adobe.com

ICI haben die Therapie von fortgeschrittenen soliden und hämatologischen Krebsformen durch eine signifikante Verbesserung der Überlebenswahrscheinlichkeit revolutioniert. Durch die Ausweitung der Indikation und die Entwicklung neuer Substanzen ist von einer erheblich steigenden Anzahl von betroffenen Patientinnen und Patienten in Zukunft zu rechnen – schon jetzt kommen über 40 % aller Patienten mit fortgeschrittenen Malignomen potenziell für eine ICI-Therapie in Betracht. Die ICI-Therapie ist mit immunvermittelten Nebenwirkungen assoziiert, die mit unterschiedlicher Ausprägung alle Organsysteme betreffen können. Die frühzeitliche Diagnostik von immunvermittelten Nebenwirkungen ist daher von entscheidender Bedeutung für die bestmögliche Behandlung von Patienten unter ICI-Therapie. Der Schweregrad dieser Nebenwirkungen kann von leicht und selbstlimitierend bis schwer und lebensbedrohlich reichen. In Anbetracht der hohen Mortalitätsrate von bis zu 50 % stellt die ICI-assoziierte Myokarditis eine wichtige und schwerwiegende Nebenwirkung dar.

PD Dr. Raluca Mincu  Universitätsmedizin Essen

PD Dr. Raluca Mincu Universitätsmedizin Essen

© Mincu

Prof. Dr. Matthias Totzeck Universitätsmedizin Essen

Prof. Dr. Matthias Totzeck Universitätsmedizin Essen

© Totzeck

Neue Kriterien für die Diagnose einer ICI-assoziierten Myokarditis sind in diesem Jahr im Rahmen der neuen ESC-Leitlinie Onkokardiologie publiziert worden. Diese lassen eine Diagnose anhand von pathohistologischen oder klinischen Kriterien zu. Die definitive Diagnosesicherung erfolgt durch eine positive Endomyokardbiopsie, diese ist jedoch nicht zwangsläufig notwendig. Eine Diagnose anhand klinischer Parameter erfolgt bei Patienten mit positivem Troponin-Wert, wenn zusätzlich ein Hauptkriterium oder zwei Nebenkriterien vorhanden sind und zudem eine koronare Herzerkrankung und eine infektiöse Myokarditis ausgeschlossen sind.

Neue Kriterien für die Diagnose

Das Hauptkriterium ist

ein positives Herz-MRT für eine akute ICI-assoziierte Myokarditis gemäß der modifizierten Lake-Louise-Kriterien. Die Nebenkriterien sind:

klinische Symptome (Müdigkeit, Myalgien, Angina, Diplopie, Ptosis, Dyspnoe, Orthopnoe, Ödeme in unteren Extremitäten, Palpitationen, Schwindel, Synkope, Muskelschwäche, kardiogener Schock),

ventrikuläre Arrhythmie und/oder neue Erkrankungen des Reizleitungssystems,

Reduktion der systolischen LV-Funktion mit oder ohne regionale Wandbewegungsstörungen in einem Nicht-Takotsubo-Muster,

nicht eindeutiges Kardio-MRT oder

andere immunbezogene Nebenwirkungen, insbesondere Myositis, Myopathien, Myasthenia gravis.

Diagnostik: Zentrale Rolle für MRT

Die Diagnose einer ICI-assoziierten Myokarditis stellt im Alltag häufig eine große Herausforderung dar. Zwar finden sich bei den meisten Patienten Auffälligkeiten im EKG und ein erhöhter Troponin-Wert, die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) bleibt jedoch bei über 60 % der Betroffenen im Normbereich. Als echokardiografischer Parameter wird aktuell in Studien der Parameter „Global Longitudinal Strain“ (GLS) untersucht, der die Deformation des Myokards anzeigt. Eine Reduktion des GLS bei Patienten mit ICI-assoziierter Myokarditis resultierte in einem vierfachen Anstieg der kardialen Morbidität und Mortalität. Die modifizierten Lake-Louise-Kriterien im kardialen MRT spielen eine zentrale Rolle in der Diagnose einer ICI-assoziierten Myokarditis, jedoch sind abnormale T1- und T2-Werte in 78 % bzw. 43 % der Patienten beschrieben und 53 % erfüllten die Myokardödem-Kriterien. Eine Myokardbiopsie ist nur bei Patienten mit hohem klinischen Verdacht und negativer oder unklarer nicht invasiver Testung indiziert.

Therapie

In der Behandlung der ICI-assoziierten Myokarditis stellt die Verabreichung einer hoch dosierten Kortikosteroidtherapie die Erstlinientherapie dar. Methylprednisolon wird in einer Dosis von 500–1.000 mg i. v. für 3–5 Tage verabreicht, gefolgt von einer Prednisolon-Dosis von 1 mg/kg. Die Prednisolon-Dosis sollte in der Regel um 10 mg/Woche unter klinischem-, EKG- und Troponin-Monitoring deeskaliert werden. Die Zweitlinientherapie stellen Immunsuppressiva wie die CTLA4-Agonisten Abatacept, Mycophenolat Mofetil sowie Immunglobuline und der CD52-Antikörper Alemtuzumab dar. Diese können, zusammen mit Inotropika und mechanischer Kreislaufunterstützung, bei Patienten mit einem schwerwiegenden Verlauf indiziert sein.

Fazit

Die Diagnose einer ICI-assoziierten Myokarditis wird durch pathohistologische oder klinische Kriterien gestellt.

Die definitive Diagnose kann nur durch eine Endomyokardbiopsie gestellt werden, sie ist aber nicht zwangsläufig nötig. Eine zentrale Rolle spielen die modifizierten Lake-Louise-Kriterien im MRT.

Hochdosierte Kortikosteroide stellen die Standardtherapie dar.

Literatur bei dem Verfasser/der Verfasserin

Kontakt-- PD Dr. Raluca Mincu, Prof. Matthias Totzeck, Klinik für Kardiologie und Angiologie, Westdeutsches, Herz- und Gefäßzentrum, Universitätsklinikum Essen,

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