Intravaskuläre Bildgebung: wann & wie

IVUS oder OCT?-- Bilder aus dem Inneren der Gefäße können bei der Steuerung von Koronarinterventionen hilfreich sein. Diese Übersicht vermittelt Vor- und Nachteile der intravaskulären bildgebenden Modalitäten in verschiedenen koronaren Situationen.

Von PD Dr. Jens Wiebe und Prof. Thorsten Keßler Veröffentlicht:
Myokardinfarkt mit zwei Stenosen in der rechten Koronararterie. Cavallini James/BSIP/picture alliance

Myokardinfarkt mit zwei Stenosen in der rechten Koronararterie.

© Cavallini James/BSIP/picture alliance

Die intravaskuläre Bildgebung spielt im klinischen Alltag eine zunehmend größere Rolle. Für den intravaskulären Ultraschall (IVUS) ist bereits zahlreiche Evidenz verfügbar, die den Einsatz unterstützt [1]. Auch für den Einsatz der optischen Kohärenztomografie (OCT) hat sich spätestens seit dem ESC-Kongress 2023 die Datenlage deutlich verbessert.

Unterschiede zwischen IVUS & OCT

Die vom Transducer des IVUS-Katheters erzeugten Ultraschallwellen werden vom Gewebe reflektiert und wieder empfangen, wodurch Bilder mit hoher Auflösung generiert werden. Bei der OCT wird das Bild durch die Aussendung von Licht und die Messung von Echozeitverzögerung und Intensität der Rückstreuung erzeugt. Ein Unterschied zwischen IVUS und OCT ist, dass bei der OCT-Untersuchung das zu untersuchende Gefäß blutleer sein muss, was in der Regel durch eine Kontrastmittelinjektion erzielt wird. Aufgrund der niedrigeren Wellenlänge ist die Auflösung der OCT deutlich höher als die des IVUS; die Gewebepenetration ist hingegen beim IVUS besser (Abb. 1) [1].

Einsatz der intravaskulären Bildgebung

PD Dr. Jens Wiebe-- Deutsches Herzzentrum München, TU MünchenWiebe

PD Dr. Jens Wiebe-- Deutsches Herzzentrum München, TU München

© Wiebe

Die ESC-Leitlinien empfehlen, dass die intravaskuläre Bildgebung in Erwägung gezogen werden sollte, um eine PCI zu optimieren [2]. Das ist zwar für jede PCI wünschenswert, aber in der klinischen Praxis aus verschiedenen Gründen nicht umsetzbar. Der Fokus sollte daher auf bestimmten Indikationen liegen.

Die randomisierte RENOVATE-COMPLEX-PCI-Studie hat eine angiografiegesteuerte PCI mit einer bildgebungsgesteuerten PCI verglichen und einen Vorteil für den Bildgebungsarm gezeigt [3]. Ein Blick in die Subgruppenanalysen zeigt, dass insbesondere Patienten mit Hauptstamm-Stenosen, chronischen Verschlüssen, langen Stenosen und ostialen Stenosen von der Bildgebung profitieren. Auch bei verkalkten Stenosen war ein positiver Trend zu sehen. Die randomisierte OCTOBER-Studie konnte außerdem einen Vorteil für die OCT-Bildgebung bei komplexen Bifurkationen zeigen [4]. Eine weitere Indikation stellt das Stentversagen (Restenose oder Thrombose) dar, da mit der intravaskulären Bildgebung dessen Ursache festgestellt und eine daran angepasste Therapie ausgewählt werden kann [2]. Auch im akuten Koronarsyndrom mit unklarer Culprit-Läsion sollte die intravaskuläre Bildgebung in Erwägung gezogen werden [5].

Kriterien für die Wahl der passenden Modalität

Die kürzlich publizierte OCTIVUS-Studie hat beide Modalitäten miteinander verglichen und keine Unterschiede hinsichtlich der klinischen Ergebnisse nach 1 Jahr zwischen den Gruppen festgestellt [6]. Aufgrund der technischen Unterschiede gibt es dennoch Situationen, in denen die eine oder die andere Modalität bevorzugt werden sollte [1]. Bei Gefäßen mit großem Diameter sowie aorto-ostialen Stenosen ist es unter Umständen schwierig, eine völlige Blutleere zu erreichen, sodass hier und insbesondere bei ostialen Hauptstammstenosen der IVUS zu bevorzugen ist. Bei stark kalzifizierten Stenosen ist die Tiefenausdehnung des Kalks im IVUS aufgrund der Schallauslöschung nur unzureichend beurteilbar, sodass eine genaue Quantifizierung nur mittels OCT möglich ist. Beim akuten Koronarsyndrom mit unklarer Culprit-Läsion ist aufgrund der höheren Auflösung ebenfalls die OCT zu bevorzugen. Eine Übersicht ist in Tab. 1 dargestellt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die intravaskuläre Bildgebung zwar weiter im Aufschwung ist, in Deutschland aktuell jedoch nur in einem geringen Anteil der PCIs zum Einsatz kommt [7].

Fazit

Aktuelle Daten bestätigen die Vorteile der intravaskulären Bildgebung, insbesondere bei komplexen anatomischen Verhältnissen in der PCI.

Auch bei Stentversagen und im ACS erscheint eine intravaskuläre Bildgebung sinnvoll, hier sollte der systematische Einsatz unterstützt werden.

Kontakt-- PD Dr. Jens Wiebe, Deutsches Herzzentrum München, Technische Universität München, wiebe@dhm.mhn.de

Literatur--

1. Räber L et al. Eur Heart J. 2018;39:3281-300

2. Neumann FJ et al. Eur Heart J. 2019;40:87-165

3. Lee JM et al. N Engl J Med. 2023;388:1668-79

4. Holm et al. N Engl J Med. 2023;389:1477-87

5. Byrne R et al. Eur Heart J. 2023;44:3720–826

6. Kang DY et al. Circulation. 2023;148:1195-206

7. Herzbericht 2022

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