Kardio-MRT muss gekonnt sein

Komplexe angeborene Herzfehler-- Besonders bei komplexen angeborenen Herzfehlern ist die Kardio-MRT zur Diagnostik und Therapieplanung nicht mehr wegzudenken. Für die Anwender bedeutet das: Expertise, und noch mehr Expertise.

Von Prof. Dr. med. Inga Voges und Dr. rer. nat. Dominik Veröffentlicht:
Kardio-MRT muss gekonnt sein

© Voges/Gabbert

Dank der Erfolge der Kinderherzchirurgie, Kinderkardiologie und Kinderintensivmedizin können heutzutage Patienten mit komplexen angeborenen Herzfehlern in vielen Fällen erfolgreich behandelt werden. Viele dieser Patientinnen und Patienten erreichen mittlerweile das Jugendlichen- und Erwachsenenalter und bedürfen einer Langzeitnachsorge, die auf die spezifischen Bedürfnisse dieser Patientengruppe ausgerichtet ist. Dabei spielt die spezialisierte Bildgebung eine entscheidende Rolle.

Prof. Inga Voges Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

Prof. Inga Voges Universitätsklinikum Schleswig-Holstein

© Voges

Vorteile der Kardio-MRT liegen auf der Hand

Die kardiovaskuläre Magnetresonanztomografie (MRT) ist fester Bestandteil der Routine- und Verlaufsdiagnostik bei angeborenen Herzfehlern, dies findet sich mittlerweile auch in nationalen und internationalen Leitlinien wieder [1, 2]. Insbesondere bei komplexen angeborenen Herzfehlern ist die MRT fester Bestandteil der Diagnostik und Therapieplanung [3]. Hier sind vor allem die univentrikulären Herzfehler nach den verschiedenen operativen Palliationsschritten wie das hypoplastische Linksherzsyndrom (Abb. 1), die Trikuspidalatresie und der „double inlet left ventricle“ zu nennen. Aber auch bei anderen komplexen Erkrankungsbildern wie der kongenital korrigierten Transposition der großen Arterien (Abb. 2) liefert die MRT Informationen, die für die Verlaufsbeurteilung und Behandlung der Patienten wichtig sind.

Abb. 1-- Junger Erwachsener mit hypoplastischem Linksherzsyndrom. Cine-Aufnahmen (A, D) und 3-D mDixon mit multiplanarer und 3-D-Rekonstruktion (B, E) zur Darstellung des rechten Ventrikels (RV), des rechtsventrikulären Ausflusstraktes und des Fontantunnels (Achsenkreuz in B). 4-D-Flow-Aufnahmen zur Visualisierung der Blutflüsse im Fontankreislauf (C) und in der Aorta (F).

Abb. 1-- Junger Erwachsener mit hypoplastischem Linksherzsyndrom. Cine-Aufnahmen (A, D) und 3-D mDixon mit multiplanarer und 3-D-Rekonstruktion (B, E) zur Darstellung des rechten Ventrikels (RV), des rechtsventrikulären Ausflusstraktes und des Fontantunnels (Achsenkreuz in B). 4-D-Flow-Aufnahmen zur Visualisierung der Blutflüsse im Fontankreislauf (C) und in der Aorta (F).

© Voges/Gabbert

Die Vorteile der MRT liegen klar auf der Hand. Sie ermöglicht in einem einzigen Untersuchungsgang eine detaillierte Beurteilung der Anatomie, der Ventrikelvolumina und -funktion sowie der Myokardstruktur. Ferner können mittels der Phasenkontrasttechnik Blutflussmessungen vorgenommen werden.

Expertise ist gefragt

Auch wenn die Durchführung der Kardio-MRT in dieser Indikation zunächst einfach klingt, sie ist es meistens nicht. Neben der primär komplexen Anatomie haben die Patienten oft mehrere operative und interventionelle kardiale Eingriffe hinter sich, die neben dem zugrunde liegenden Herzfehler dem Untersucher bekannt sein sollten. Die Durchführung, Auswertung und Bewertung solcher Untersuchungen erfordert dementsprechend eine Expertise. Diese liegt meistens nur bei Imaging-Spezialisten in EMAH- und Kinderkardiologischen Zentren vor.

Abb. 2-- Erwachsener Patient mit kongenital korrigierter Transposition der großen Arterien (Ao, Pa). Cine- (A, D) und 3-D Steady State Free Precession (B, E) Aufnahmen zur Darstellung des rechten und linken Ventrikels (RV, LV) und deren Ausflusstrakte. 4-D-Flow-Aufnahme und Flussmessung in der Aorta descendens (C, F).

Abb. 2-- Erwachsener Patient mit kongenital korrigierter Transposition der großen Arterien (Ao, Pa). Cine- (A, D) und 3-D Steady State Free Precession (B, E) Aufnahmen zur Darstellung des rechten und linken Ventrikels (RV, LV) und deren Ausflusstrakte. 4-D-Flow-Aufnahme und Flussmessung in der Aorta descendens (C, F).

© Voges/Gabbert

Fester Bestandteil einer Kardio-MRT bei komplexen Herzfehlern ist die Beurteilung der zugrunde liegenden Anatomie sowie der Ventrikelvolumina und -funktion. Hierfür kommen axiale und koronare Cine-Aufnahmen, die den gesamten Thorax abbilden, Kurzachsen- und Langachsenschnitte, die für die Volumenbestimmung von Vorhöfen und Ventrikeln verwendet werden, sowie Phasenkontrastflussmessungen zur Anwendung. Darüber hinaus werden Cine-Aufnahmen der Ausflusstrakte und der großen Arterien akquiriert. Eine detaillierte Beurteilung der Anatomie gelingt mit angiografischen Methoden. Hier eignen sich vor allem 3-dimensionale (3-D) Techniken (z. B. 3-D Steady State Free Precession, 3-D mDixon), die eine multiplanare Reformatierung und winkelkorrigierte Messungen von kardiovaskulären Strukturen ermöglichen (Abb. 1 B, E und Abb. 2 B, E).

Phasenkontrastflussmessungen helfen, die hämodynamische Situation, Gefäßstenosen und Klappenfunktionen bei komplexen Herzfehlern einzuschätzen. Zunehmend wird klar, dass strukturelle Gewebeveränderungen bei Patienten mit angeborenen Herzfehlern eine prognostische Bedeutung haben. Daher gehören auch MRT-Techniken zur myokardialen Gewebecharakterisierung wie die Late-Enhancement-Methode regelhaft zur Verlaufsdiagnostik.

Welche Fortschritte zu erwarten sind

Die Möglichkeiten der MRT entwickeln sich rapide weiter und viele der neuen Methoden sind vielversprechend für die Anwendung bei Patienten mit komplexen Herzfehlern. So ist neben der bekannten 2-dimensionalen (2-D)-Phasenkontrastflussmessung die neuere 4-D-Flow stark auf dem Vormarsch und hat durch verbesserte Sequenztechniken und käuflich zu erwerbende Softwareprogramme Einzug in den Alltag gehalten (Abb. 1 C, F und Abb. 2 C, F). Bei Patienten mit univentrikulären Herzfehlern in der Fontanzirkulation kann die Methode die Beurteilung der Hämodynamik verbessern und durch neue Marker (Energieverlust, Vortex-Flüsse etc.) in Zukunft wahrscheinlich auch therapeutische und prognostische Bedeutung haben. Auch Strainanalysen mittels 2-D-Feature-Tracking werden zunehmend durchgeführt und bieten ergänzende Informationen zur Ventrikel- und Vorhoffunktion auch bei komplizierter Anatomie. Mapping-Techniken erlauben es, diffuse Myokardveränderungen zu erfassen. Für das T1-Mapping zur Messung diffuser fibrotischer Veränderungen konnte in ersten Studien bereits belegt werden, dass es prognostische Bedeutung bei Fontanpatienten haben kann. Die Darstellung von Lymphgefäßen mittels stark T2-gewichteter Aufnahmen ist ein neuer und vielversprechender Ansatz die oft vorhandenen Lymphgefäßanomalien bei Fontanpatienten zu beurteilen und Lymphgefäßinterventionen zu planen.

Fazit

Die kardiovaskuläre MRT eignet sich durch ihre vielfältigen Methoden hervorragend für die Initialdiagnostik, Verlaufsbeurteilung und Therapieplanung komplexer angeborener Herzfehler.

Für die Durchführung und Auswertung der MRT-Untersuchungen sollte eine Expertise auf dem Gebiet angeborener Herzfehler vorliegen.

Durch stetige Weiterentwicklungen der MRT-Techniken sind in Zukunft neben einer Verbesserung der Diagnostik neue prognostische Marker für dieses komplexe Patientenkollektiv zu erwarten.

Kontakt-- Prof. Dr. Inga Voges, Klinik für angeborene Herzfehler und Kinderkardiologie, Universitätsklinikum Schleswig-Holstein, Campus Kiel, inga.voges@uksh.de

Literatur--

1. Baumgartner H et al. Eur Heart J. 2021;42(6):563-645.
2. Leiner T et al. J Cardiovasc Magn Reson. 2020;22(1):76.
3. Rychik J et al. Circulation. 2019; https://doi.org/10.1161/CIR.0000000000000696

Schlagworte: