Keine Schwelle für Lipidsenkung

Genetische Studie-- Je höher die Werte für Apolipoprotein B und LDL-Cholesterin, desto größer ist das Risiko für koronare Komplikationen. Die Assoziation besteht auch bei sehr niedrigen Werten.

Von Peter Overbeck Veröffentlicht:

Je höher die Plasmaspiegel für Apolipoprotein B (Apo-B) oder Apo-B enthaltendes LDL-Cholesterin (LDL-C), desto höher sind die Inzidenz von Koronarereignissen und die Mortalität. Anscheinend gibt es dabei keine Untergrenze, unterhalb derer eine solche „dosisabhängige“ Assoziation nicht mehr besteht. Dies lässt sich aus Ergebnissen einer neuen genetischen Assoziationsstudie schlussfolgern.

Keine Schwelle für die Lipidsenkung gefunden

Nach ihren Ergebnissen blieb die positive Assoziation mit kardiovaskulären Ereignissen und Mortalität über die gesamte natürliche Verteilung genetisch determinierter Apo-B- und LDL-C-Spiegel bestehen – also auch im niedrigen Bereich entsprechender Blutwerte. Nach Ansicht der Studienautoren liefere die Studie „genetische Evidenz“ dafür, dass es keine Schwelle für die Senkungen von Apo-B- und LDL-C-Spiegel gibt. Sie sehen deshalb die These, dass für die Lipidsenkung der Grundsatz „je niedriger, desto besser“ gilt, durch diese Ergebnisse gestützt.

Für ihre Studie haben Forschende um Dr. Stephen Burgess, University of Cambridge, die Methode der Mendelschen Randomisierung (MR) genutzt, mit der Personen auf Basis von genetischen Markern randomisiert werden können. Hierfür werden zunächst der zufälligen Verteilung unterliegende Genvarianten, sog. Single Nucleotide Polymorphisms (SNP), identifiziert, die signifikant mit einer höheren oder niedrigeren Exposition (hier gegenüber Apo-B, LDL-C und Triglyzeriden) assoziiert sind. Besteht auch zwischen den genetischen Markern und der untersuchten Erkrankung (in diesem Fall Koronarerkrankung bzw. Mortalität) eine Assoziation, kann von einem kausalen Zusammenhang ausgegangen werden. Berechnen lässt sich die relative Erkrankungswahrscheinlichkeit pro Quantum Änderung der lebenslangen Exposition.

Positive Assoziationen von Apo-B und LDL-C mit der Mortalität

Die Analyse stützt sich auf Daten von 347.797 zwischen 2006 und 2010 in die UK Biobank aufgenommenen Menschen. Follow-up-Informationen lagen für die Zeit bis September 2021 vor. In dieser Zeit entwickelten 23.818 Personen eine Koronarerkrankung, weitere 23.848 starben. Als „genetische Instrumente“ wählten die Untersucher 163 SNP für Apo-B, 313 SNP für LDL-C und 373 SNP für Triglyzeride. Daraus wurden dann genetische Risikoscores für Apo-B, LDL-C und Triglyzeride generiert. Genetisch prädiktiertes Apo-B war positiv mit dem Risiko für Koronarerkrankungen assoziiert: Mit jeder Apo-B-Erhöhung um eine Standardabweichung stieg das Risiko um 65 % (Odds Ratio: 1,65 pro Standardabweichung; 95%-Konfidenzintervall [KI]: 1,57–1,73). Eine entsprechende Apo-B-Erhöhung war zudem mit einer um 11 % höheren Gesamtmortalität (Hazard Ratio [HR]: 1,11; 95%-KI: 1,06–1,16) und einer um 39 % höheren kardiovaskulären Mortalität (HR: 1,36; 95%-KI: 1,24–1,50) assoziiert.

Bei Männern waren die Assoziationen anscheinend stärker als bei Frauen. Die Ergebnisse für LDL-C glichen denen für Apo-B. Genetisch prädiktierte Triglyzeride waren positiv mit Koronarerkrankungen assoziiert; die Assoziationen mit der Mortalität erwiesen sich in der multivariablen Analyse als nicht signifikant. Es boten sich keine Anhaltspunkte für eine Abschwächung der Assoziationen im niedrigen Bereich der Lipidwerte.

Fazit

Apo-B- und LDL-C-Werte sind mit einem erhöhten Risiko für Koronarereignisse und Mortalität assoziiert.

Dieser Zusammenhang gilt für die gesamte Bandbreite der Werte, einschließlich sehr niedrigen Werten, wie eine genetische Assoziation zeigt.

Literatur-- Yang G et al. JAMA Netw Open. 2024;7(1):e2352572

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