Leistenpunktion in der Rhythmologie

Troubleshooting Leistenpunktion-- Bei Vorhofflimmern hat sich die Katheterablation als effektive und sichere Methode erwiesen. Ein Nachteil sind jedoch vaskuläre Komplikationen im Leistenbereich. Ist diesbezüglich eine ultraschallgestützte Punktion der „blinden“ vorzuziehen?

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Abb. 1-- Sonografische Darstellung eines Aneurysma spurium (Pseudoaneurysma) der A. femoralis nach akzidentiell transarterieller Lage einer 12-French- Schleuse bei Pulmonalvenenisolation. Unmittelbar durch einen Aneurysmahals mit derA. femoralis verbunden findet sich eine Aneurysmahöhle, die pulsatilen Fluss aufweist. Der Befund ist behandlungswürdig, da sonst die Gefahr einer Größenzunahme der Aneurysmahöhle mit Ruptur besteht.Lawin

Abb. 1-- Sonografische Darstellung eines Aneurysma spurium (Pseudoaneurysma) der A. femoralis nach akzidentiell transarterieller Lage einer 12-French- Schleuse bei Pulmonalvenenisolation. Unmittelbar durch einen Aneurysmahals mit der A. femoralis verbunden findet sich eine Aneurysmahöhle, die pulsatilen Fluss aufweist. Der Befund ist behandlungswürdig, da sonst die Gefahr einer Größenzunahme der Aneurysmahöhle mit Ruptur besteht.

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Die Pulmonalvenenisolation (PVI) ist die derzeit effektivste Maßnahme zur Reduktion der Arrhythmielast bei Menschen mit Vorhofflimmern [1]. Die Komplikationsrate ist allgemein gering, jedoch machen vaskuläre Komplikationen nach Punktion den größten Anteil aus [2]. Beispielhaft zeigt Abb. 1 ein Aneurysma spurium, ausgehend von der A. femoralis. Einige Studien lassen einen Vorteil der ultraschallgestützten im Vergleich zur „blinden“, anhand topografischer Landmarken durchgeführten Punktion annehmen [3–8], jedoch hat die bisher einzige randomisierte Studie hierzu keinen eindeutigen Vorteil in der Reduktion von Leistenkomplikationen gezeigt [9].

Aktuelle Studie favorisiert ultraschallgestützte Leistenpunktion

Dr. Dennis Lawin--Universitätsklinikum Bielefeld Lawin

Dr. Dennis Lawin--Universitätsklinikum Bielefeld

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Dr. Henrike Hillmann--Medizinische Hochschule Hannover Hillmann

Dr. Henrike Hillmann--Medizinische Hochschule Hannover

© Hillmann

Eine 2023 im Journal of Cardiovascular Electrophysiology publizierte, quasi-randomisierte Studie zeigt nun einen signifikanten Vorteil der ultaschallgestützten Leistenpunktion hinsichtlich der Reduktion vaskulärer Komplikationen [10]. Im Rahmen der Untersuchung wurden Personen eingeschlossen, die sich einer PVI unterzogen. Für die Intervention standen zwei elektrophysiologische Labore zur Verfügung. Während in dem einen ein Ultraschallgerät verfügbar war und dort alle Punktionen ultraschallgestützt stattfanden, wurde in dem anderen Labor ausschließlich konventionell („blind“) punktiert. Eine Quasi-Randomisierung in die ultraschallgestützte oder konventionelle Punktionsgruppe fand über die willkürliche Zuordnung der Teilnehmenden in die jeweiligen Katheterlabore statt. Vier Fellows mit jeweils wenig Erfahrung in der ultraschallgestützten Punktion rotierten ebenso zufällig zwischen beiden Laboren. Im Anschluss wurden Daten zu vaskulären Komplikationen sowie zur Hospitalisierungsdauer erhoben und ausgewertet.

Number needed to treat: 10

Insgesamt wurden 457 Personen eingeschlossen, von denen 199 ultraschallgestützt punktiert wurden. Bei 11,63 % der konventionellen Punktionen kam es zu vaskulären Komplikationen jeder Art. Die ultraschallgestützt punktierten Patientinnen und Patienten wiesen nur in 2,01 % der Fälle vaskuläre Komplikationen auf (p < 0,0001). Insbesondere wurden auch die Major-Ereignisse (Leistenhämatom mit Interventionsbedarf, arteriovenöse Fistel, Pseudoaneurysma) durch die ultraschallgestützte Punktion reduziert (1,01 vs. 4,26 % nach konventioneller Punktion; p = 0,038). Darüber hinaus hatten Personen, die ultraschallgestützt punktiert wurden, seltener prolongierte Krankenhausaufenthalte (1,01 vs. 5,04 %; p = 0,032). Aus den Daten errechnet sich eine absolute Risikoreduktion von 9,62 % für Leistenkomplikationen jeder Art durch die ultraschallgestützte Punktion [10]. Zur Vermeidung einer Gefäßkomplikation müssen demnach 10 Patienten und Patientinnen mittels Ultraschall punktiert werden (Number needed to treat) [10].

Praktische Aspekte der ultraschallgestützten Punktion der V. femoralis

Das Erlernen der Leistenpunktion in Seldinger-Technik sollte einer der ersten Schritte eines jeden Fellows sein. Die Bildgebung dient als Zusatzinformation zu anatomischen Landmarken. Abb. 2 zeigt beispielhaft eine ultraschallgestützte Punktion der V. femoralis. Vorteile sind die Visualisierung der individuellen Gefäßanatomie und des Gefäßverlaufes. Dies optimiert die mögliche Einstellung der Punktionshöhe und die genaue Visualisierung der Nadel während der Punktion. So kann eine Fehlpunktion oder Verletzung der posterioren Gefäßwand bestmöglich ausgeschlossen sowie anschließend die korrekte Lage von Nadel und Draht nachgewiesen werden [11]. Der lineare Schallkopf wird mit einem sterilen Überzug versehen und in einem Winkel von 90° zum Gefäßverlauf 1–2 cm unterhalb des Leistenbandes (Lig. inguinale) platziert, wobei auf die richtige Ausrichtung des Markers geachtet werden sollte [10]. Alternativ kann die Ausrichtung des Schallkopfes auch längs zum Gefäßverlauf erfolgen. Die Vene liegt an dieser Stelle meist medial der Arterie (Merkspruch: „IVAN: Innen -> Vene -> Arterie -> Nerv“), bevor sie weiter unterhalb hinter der A. femoralis verläuft [11, 12]. Im Vergleich zur Arterie ist sie leichter durch Druck mit dem Schallkopf komprimierbar.

Abb. 2-- Ultraschallgesteuerte Punktion der rechten V. femoralis. Links schematische Visualisierung der Gefäßanatomie der rechten V. femoralis sowie der Position von Schallkopf und Punktionsnadel. Rechts Ultraschallaufnahme unmittelbar während Punktion der V. femoralis. Lawin

Abb. 2-- Ultraschallgesteuerte Punktion der rechten V. femoralis. Links schematische Visualisierung der Gefäßanatomie der rechten V. femoralis sowie der Position von Schallkopf und Punktionsnadel. Rechts Ultraschallaufnahme unmittelbar während Punktion der V. femoralis.

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Der Farbdoppler kann zwar hilfreich sein, jedoch sollte man sich nicht auf die Farbe allein verlassen, da diese vom Winkel zwischen Schallkopf und Flussrichtung des Blutes abhängt. Bei Zweifeln kann durch Hinzunahme des PW-Dopplers die Vene durch ihren eher kontinuierlichen Fluss von der Arterie mit ihrem pulsatilen Fluss unterschieden werden [13]. Die Vene wird nach Identifizierung mittig unterhalb des Schallkopfes eingestellt, die Punktion kann nun im 30- bis 45°-Winkel unter Aspiration erfolgen [11]. Der Schallkopf wird in der einen Hand, die Nadel in der anderen gehalten. Über die Nadel wird dann der Draht in die V. femoralis vorgebracht. Nach Entfernen der Kanüle kann erneut sonografisch geprüft werden, dass dieser in der Vene liegt und keinen transarteriellen Verlauf nimmt. Bei Verwendung langer Drähte kann außerdem radiologisch die Lage rechts der Wirbelsäule (anatomische Lage der V. cava) verifiziert werden. Ist man sich der korrekten Drahtlage sicher, können die Schleusen eingebracht, aspiriert und gespült werden. Das Vorbringen einer langen Schleuse kann durch Kinking oder derbes Unterhautgewebe erschwert sein. Hier hilft die Vorbereitung des Punktionskanals mit dem Dilatator der Schleuse oder schrittweise mit Dilatatoren kleineren Kalibers.

Fazit

Die quasi-randomisierte Studie von Kupo et al. (2023) konnte zeigen, dass die ultraschallgestützte Punktion der V. femoralis mit signifikant weniger vaskulären Komplikationen der konventionellen Punktion überlegen ist.

Sollten sich diese Daten bestätigen, dürfte die ultraschallgestützte Leistenpunktion der neue Standard in jedem elektrophysiologischen Labor werden.

Kontakt-- Dr. Dennis Lawin, Universitätsklinik für Kardiologie und internistische Intensivmedizin, Universitätsklinikum OWL der Universität Bielefeld, Campus Klinikum Bielefeld, dennis.lawin@klinikumbielefeld.de

Literatur--

1. Wazni OM et al. N Engl J Med. 2021;384:316-24

2. Hussain SK et al. J Cardiovasc Electrophysiol. 2015;26:527-31

3. Ding WY et al. J Interv Card Electrophysiol. 2023;66:693-700

4. Kupó P et al. J Interv Card Electrophysiol. 2020;59:407-14

5. Sobolev M et al. Europace. 2017;19:850-5

6. Ströker E et al. Europace. 2019;21:434-9

7. Tanaka-Esposito CC et al. J Interv Card Electrophysiol. 20213;37:163-8

8. Wynn GJ et al. J Cardiovasc Electrophysiol. 2014;25:680-5

9. Yamagata K et al. Europace. 2018;20:1107-14

10. Kupo P et al. J Cardiovasc Electrophysiol. 2023;34:1177-82

11. Duncker D et al. Herzschr Elektrophys. 2021;32:274-84

12. Baum PA et al. Radiology. 1989;173:775-7

13. Wiles BM et al. J Interv Card Electrophysiol. 2017;49:3-9

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