Medikamente beim kardiogenen Schock

Intensivmedizin-- Der kardiogene Schock ist ein häufiges und tödliches Syndrom auf der Intensivstation. Trotz seiner hohen Mortalität sind Evidenzen für eine pharmakologische Therapie rar – es gibt jedoch rationale Ansätze bei pharmakologisch beeinflussbaren Faktoren.

Von Dr. Matthias Eden Veröffentlicht:
Auch wenn die Evidenz für eine medikamentöse Therapie im kardiogenen Schock gering ist, so gibt es beachtenswerte Möglichkeiten. xxxx

Auch wenn die Evidenz für eine medikamentöse Therapie im kardiogenen Schock gering ist, so gibt es beachtenswerte Möglichkeiten.

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Der kardiogene Schock (CS) ist ein lebensbedrohlicher Zustand, in dem das Herzzeitvolumen versagt, die Organe des Körpers zu versorgen. Auslöser sind ein akuter Myokardinfarkt (AMI-CS) oder eine dekompensierende Herzinsuffizienz (HF-CS). Die klinischen, metabolischen und inflammatorischen Veränderungen führen zu einem generalisierten Endorganschaden mit hoher Mortalität. Aktuell existiert keine einheitliche Definition des kardiogenen Schocks [1, 2]. Zunehmende Beachtung findet die Klassifizierung der SCAI (Society for Cardiovascular Angiography and Interventions), die Klinik, Biomarker und Hämodynamik kombiniert. Hierdurch lassen sich Stadien von A bis E unterscheiden, die als Indikator für den Schweregrad fungieren und eine Vorhersage der Mortalität ermöglichen.

Parameter einer möglichen Pharmakotherapie

Dr. Matthias Eden--Universitätsklinikum Heidelberg Eden

Dr. Matthias Eden-- Universitätsklinikum Heidelberg

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Eine pharmakologische Behandlung kann Aspekte des kardiogenen Schocks beeinflussen, allerdings gibt es kaum Belege aus kontrollierten randomisierten Studien (RCT) [3]. Zudem mehren sich Signale, dass der Einsatz von Inotropika und Vasokonstriktoren mit einer verschlechterten Prognose verbunden ist. Bei einer Pharmakotherapie sollte man daher individuell abwägen, welche Parameter adressiert und welche Zielparameter dabei angestrebt werden. Zu den beeinflussbaren Faktoren zählen u. a. Vorlast, Nachlast, Kontraktilität sowie Herzfrequenz/Rhythmus. Die Implementierung von Schockprotokollen und Schock-Teams kann sich hierbei als sinnvoll erweisen. Eine komplette hämodynamische Beurteilung (PA-Katheter) kann zudem helfen, gezielte Ansatzpunkte für die Pharmakologie zu erkennen.

Vorlast: Im kardiogenen Schock liegt zumeist eine Kongestion mit erhöhten Füllungsdrücken vor, sodass eine Entstauung ein sinnvolles Ziel darstellt. Andererseits sollte eine Hypovolämie vermieden werden, da auch Patienten im kardiogenen Schock dynamisch positiv volumenreagibel sein können.

Nachlast: In der ESC-Leitlinie wird die Wahl von Noradrenalin bei kardiogenem Schock und Hypotonie gegenüber Dopamin empfohlen [2]. Aber auch Noradrenalin verschlechtert die Prognose im kardiogenen Schock, da es die Nachlast erhöht und die Durchblutung anderer Organe einschränkt [4]. Alternativ wird Vasopressin eingesetzt, ohne empirisch rechtfertigende Daten. Insbesondere Adrenalin scheint im kardiogenen Schock zu einer erhöhten Inzidenz von refraktärem Schock und zu einer deutlich erhöhten Letalität zu führen [5–7].

Kontraktilität: Aktuell gilt für Inotropika eine Klasse-IIa-Empfehlung, allerdings wird nicht angegeben, welche Substanz zu bevorzugen ist. Laut Cochrane-Analysen gibt es keine Belege, dass ein Inotropikum- oder Vasopressor-Regime einem anderen überlegen ist, Vergleiche zu Placebo fehlen völlig [7].

Dobutamin ist das am häufigsten eingesetzte Inotropikum und erhöht das Herzzeitvolumen, wobei es den linksventrikulären Füllungsdruck und vaskulären Widerstand senkt. Es ist kostengünstig, hat eine kurze Halbwertszeit und kann unabhängig von der Nierenfunktion eingesetzt werden. Allerdings führt Dobutamin zu erhöhtem myokardialen Sauerstoffverbrauch und wirkt proarrhythmisch.

Levosimendan erhöht die kardiale Inotropie durch Ca2+-Sensibilisierung und reduziert die Nachlast durch K+-Kanal-vermittelte Vasodilatation. Die verfügbaren Beobachtungsstudien zeigen eine positive Wirkung bei Patienten im kardiogenen Schock. Der nicht placebokontrollierte LIDO-Trial beschreibt zwar einen Vorteil einer Levosimendan-Therapie im Vergleich mit Dobutamin im Cardiac-Low-Output-Syndrom, allerdings wurden Patienten im kardiogenen Schock ausgeschlossen [8]. Levosimendan sollte bei schwerer Niereninsuffizienz nicht eingesetzt werden.

Medikamentöse Therapieoptionen im kardiogenen Schock-- Faktoren, die adressiert werden können und Medikamente, die dafür infrage kommen. So könnte Zeit für die Behebung von Schockursachen gewonnen werden. Eden

Medikamentöse Therapieoptionen im kardiogenen Schock-- Faktoren, die adressiert werden können und Medikamente, die dafür infrage kommen. So könnte Zeit für die Behebung von Schockursachen gewonnen werden.

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Enoximon und Milrinon sind selektive PDE-III-Hemmer, die durch Hemmung des Abbaus von zyklischem Adenosinmonophosphat eine Steigerung der Inotropie und eine Verringerung des systemischen Gefäßwiderstands bewirken. Enoximon oder Milrinon können in Kombination mit Dobutamin verabreicht werden, was eine additive inotrope Wirkung erzielt. PDE-III-Hemmer sollten wegen ihrer synergistischen vasodilatatorischen Wirkung nicht untereinander oder mit Levosimendan kombiniert werden. Kürzlich wurde in der randomisierten, kontrollierten DOREMI-Studie kein signifikanter Unterschied zwischen der Anwendung von Milrinon oder Dobutamin gefunden [9].

Herzfrequenz und Herzrhythmus: Die ideale Herzfrequenz im kardiogenen Schock ist unklar. Auch konnte in einer Subpopulation der IAPB-Schock-II-Studie kein Unterschied in der Mortalität durch begleitendes VHF gefunden werden [10]. Die DOREMI-Studie bestätigt dies in Subanalysen, zeigt aber, dass ventrikuläre Arrhythmien im kardiogenen Schock die Prognose zusätzlich verschlechtern [11]. Eine Therapie mit Klasse-I- und -II-Antiarrhythmika ist aufgrund ihrer negativ inotropen Eigenschaften problematisch. Einzig das Klasse-III-Antiarrhythmikum Amiodaron gilt als nicht negativ inotrop, hat aber ein ausgeprägtes Nebenwirkungsprofil. Zur Herzfrequenzreduktion wurde in Fallserien Ivabradin eingesetzt, das nur im Sinusrhythmus wirkt [12]. Prognostische Daten zum Einsatz von antiarrhythmischen Substanzen im kardiogenen Schock existieren nicht.

Fazit

Bisher gibt es keine Belege, dass eine Pharmakotherapie die Überlebenswahrscheinlichkeit im kardiogenen Schock verbessert. Daher sollten die infrage kommenden Substanzen kurz eingesetzt, individuell angepasst, niedrig und zielgerichtet dosiert und optimal überwacht werden.

Pharmakotherapie kann einen Zeitkorridor schaffen, um reversible Ursachen des kardiogenen Schocks zu adressieren oder die Betroffenen auf eine Kunstherz-Unterstützung/Herztransplantation vorzubereiten.

Der Einsatz von mechanischen Herzunterstützungssystemen ist eine Alternative, jedoch noch bisher ohne Evidenz, die Prognose der Patienten zu verbessern.

Kontakt-- Dr. Matthias Eden, Innere Medizin III, Universitätsklinikum Heidelberg, Matthias.Eden@med.uni-heidelberg.de

Literatur--

1. Heidenreich PA et al. J Card Fail. 2022;28:810-30

2. McDonagh TA et al. Eur Heart J. 2021;42:3599-726

3. Bruno RR et al. J Am Coll Cardiol. 2018;72:183-6

5. Fernando SM et al. Can J Anaesth. 2022;69:1537-53

6. Karami M et al. J Clin Med. 2020;9:2051

7. Uhlig K et al. Cochrane Database Syst Rev. 2020;11:CD009669

8. Follath F et al. Lancet. 2002;360:196-202

9. Mathew R et al. N Engl J Med. 2021;385:516-25

10. de Waha S et al. Clin Res Cardiol. 2018;107:233-40

11. Jung RG et al. Can J Cardiol. 2023;39:394-402

12. Chiu MH et al. ESC Heart Fail. 2019;6:1088-91

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