PCI reduziert Symptome bei CCS
ORBITA-2-- Die Datenlage zum Nutzen einer PCI beim chronischen Koronarsyndrom (CCS) ist bislang unbefriedigend. Nun wurde ORBITA-2 im New England Journal of Medicine veröffentlicht und als Durchbruch für die interventionelle Kardiologie gefeiert. Was ist dran?
Veröffentlicht:Ein kurzer Rückblick: Frühere groß angelegte randomisierte Studien wie COURAGE und ISCHEMIA konnten keinen Vorteil der PCI im Hinblick auf prognostisch relevante Endpunkte wie Mortalität oder Myokardinfarkt beim CCS nachweisen. Ursächlich hierfür wurden von den interventionellen Kardiologen verschiedene Aspekte angeführt wie z. B. wenig repräsentative hochselektionierte Niedrig-Risiko-Patientenkollektive sowie eine hohe Zahl von PCIs innerhalb der konservativen Kontrollgruppe im Zeitraum des Follow-up als sogenanntes „Cross-over“.
PCI bei hämodynamischen Stenosen prognostisch vorteilhaft
Erst die FAME-2-Studie konnte einen prognostisch relevanten PCI-Effekt nachweisen, und zwar für Patienten, deren Stenosen mittels Druckdrahtdiagnostik als hämodynamisch relevant identifiziert worden waren. Innerhalb von fünf Jahren trat damals der primäre Endpunkt (Kombination aus Tod jeder Ursache, nicht letalem Myokardinfarkt und Notfallhospitalisierung mit Notfall-Revaskularisation) in der PCI-Gruppe hochsignifikant seltener auf als in der Kontrollgruppe mit optimaler medikamentöser Therapie (OMT).
Für das Erreichen dieses Endpunkts war die Notwendigkeit einer Notfallrevaskularisation (PCI 6,3 % bzw. OMT 21,1 %) hauptverantwortlich, während der Endpunkt Myokardinfarkt die Signifikanz verfehlte (PCI 8,1 % bzw. OMT 12,0 %) bei identischer Mortalität (PCI 5,1 % bzw. OMT 5,2 %). Für das Nichterreichen der Signifikanz des Endpunktes Myokardinfarkt wird auch in FAME-2 eine hohe Cross-over-Rate diskutiert: Ähnlich wie schon in COURAGE erhielt die Hälfte der Patienten (51 %) in der primär konservativen Kontrollgruppe im Laufe des Follow-up eine PCI.
ORBITA untersucht Symptomatik nach PCI
Die ORBITA-Trials zielen nicht auf prognostisch relevante Endpunkte ab, sondern „nur“ auf die Symptomatik. Im Jahr 2017 wurde ORBITA heftig diskutiert, denn die Studie zeigte für die Druckdraht-geführte Koronarintervention (PCI) keine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Vergleich zu einer Scheinintervention innerhalb von 8 Wochen.
PCI reduziert Angina-Symptom-Score
ORBITA-2 ergab, dass die PCI den Angina-Symptom-Score deutlich und signifikant reduzierte (PCI 2,9 vs. Placebo 5,6; Odds Ratio [OR], 2,21; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,41–3,47; p < 0,001) – im Wesentlichen getrieben durch eine verringerte Häufigkeit täglicher Angina-Episoden. Auch die Belastbarkeit auf dem Laufband war in der PCI-Gruppe um 60 Sekunden länger (700,9 s vs. 641,4 s; OR 59,5; 95%-KI 16,0–103,0). Als Limitationen gelten die relativ kleine Patientenzahl, das selektionierte Patientengut (z. B. 96 % der Patienten mit normaler LV-Funktion; 80 % der Patienten mit 1-Gefäß-Erkrankung; Ausschluss von Patienten mit Hauptstammstenose) und die relativ kurze Beobachtungszeit. ORBITA-2 lässt keine Bewertungen über prognoserelevante klinische Endpunkte zu.
ORBITA-2 gilt anhand einer hoch selektionierten Patientengruppe als „Proof of Principle“: Eine Koronarintervention ist in der Lage, das Beschwerdebild des CCS, konkret die Parameter Angina pectoris-Häufigkeit, körperliche Belastbarkeit und die Lebensqualität, zu verbessern – und zwar unmittelbar sowie anhaltend über einen Zeitraum von 12 Wochen.
Fazit
ORBITA-2 belegt die Machbarkeit: Eine Koronarintervention kann die klinische Symptomatik von Patienten mit CCS verbessern.
Die PCI kann nun als evidenzbasierte Behandlung des CCS bei individuell ausgesuchten und informierten Patienten erfolgen.
Kontakt-- Prof. Dr. Andreas E. May, Medizinische Klinik I, Klinikum Memmingen, Andreas.May@klinikum-memmingen.de
Literatur--
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