PCI reduziert Symptome bei CCS

ORBITA-2-- Die Datenlage zum Nutzen einer PCI beim chronischen Koronarsyndrom (CCS) ist bislang unbefriedigend. Nun wurde ORBITA-2 im New England Journal of Medicine veröffentlicht und als Durchbruch für die interventionelle Kardiologie gefeiert. Was ist dran?

Von Prof. Andreas May Veröffentlicht:
PCI gegen Scheinprozedur getestet: Die „echte“ Intervention verbessert die CCS-Symptomatik. Damian/stock.adobe.com

PCI gegen Scheinprozedur getestet: Die „echte“ Intervention verbessert die CCS-Symptomatik.

© Damian/stock.adobe.com

Ein kurzer Rückblick: Frühere groß angelegte randomisierte Studien wie COURAGE und ISCHEMIA konnten keinen Vorteil der PCI im Hinblick auf prognostisch relevante Endpunkte wie Mortalität oder Myokardinfarkt beim CCS nachweisen. Ursächlich hierfür wurden von den interventionellen Kardiologen verschiedene Aspekte angeführt wie z. B. wenig repräsentative hochselektionierte Niedrig-Risiko-Patientenkollektive sowie eine hohe Zahl von PCIs innerhalb der konservativen Kontrollgruppe im Zeitraum des Follow-up als sogenanntes „Cross-over“.

PCI bei hämodynamischen Stenosen prognostisch vorteilhaft

Erst die FAME-2-Studie konnte einen prognostisch relevanten PCI-Effekt nachweisen, und zwar für Patienten, deren Stenosen mittels Druckdrahtdiagnostik als hämodynamisch relevant identifiziert worden waren. Innerhalb von fünf Jahren trat damals der primäre Endpunkt (Kombination aus Tod jeder Ursache, nicht letalem Myokardinfarkt und Notfallhospitalisierung mit Notfall-Revaskularisation) in der PCI-Gruppe hochsignifikant seltener auf als in der Kontrollgruppe mit optimaler medikamentöser Therapie (OMT).

Für das Erreichen dieses Endpunkts war die Notwendigkeit einer Notfallrevaskularisation (PCI 6,3 % bzw. OMT 21,1 %) hauptverantwortlich, während der Endpunkt Myokardinfarkt die Signifikanz verfehlte (PCI 8,1 % bzw. OMT 12,0 %) bei identischer Mortalität (PCI 5,1 % bzw. OMT 5,2 %). Für das Nichterreichen der Signifikanz des Endpunktes Myokardinfarkt wird auch in FAME-2 eine hohe Cross-over-Rate diskutiert: Ähnlich wie schon in COURAGE erhielt die Hälfte der Patienten (51 %) in der primär konservativen Kontrollgruppe im Laufe des Follow-up eine PCI.

ORBITA untersucht Symptomatik nach PCI

Die ORBITA-Trials zielen nicht auf prognostisch relevante Endpunkte ab, sondern „nur“ auf die Symptomatik. Im Jahr 2017 wurde ORBITA heftig diskutiert, denn die Studie zeigte für die Druckdraht-geführte Koronarintervention (PCI) keine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit im Vergleich zu einer Scheinintervention innerhalb von 8 Wochen.

Prof. Andreas E. May,Klinikum MemmingenMay

Prof. Andreas E. May, Klinikum Memmingen May

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In ORBITA-2 wurde nun untersucht, ob die alleinige PCI im Vergleich zu einem Scheinverfahren die Symptome bei Patienten mit CCS verbessert. Um den Effekt bestmöglich herauszuarbeiten, wurden Patienten ohne antianginöse Medikation eingeschlossen. ORBITA-2 ist eine doppelblinde, placebokontrollierte Studie. An 14 Zentren wurden über einen Zeitraum von 4,5 Jahren 301 Patienten mit Angina pectoris, objektivem Ischämienachweis und KHK randomisiert. Vor Randomisierung wurden sie einer Koronarangiografie mit Druckdrahtmessung (FFR) unterzogen und im Verhältnis 1:1 randomisiert. PCI oder Schein-PCI erfolgten in Sedierung, um eine Verblindung zu gewährleisten. In der PCI-Gruppe wurde eine komplette Revaskularisation aller hämodynamisch relevanten Stenosen gefordert. Im Laufe der 12-wöchigen Nachbeobachtungszeit meldeten die Patienten ihre Symptome täglich in einer Smartphone-App. Den primären Endpunkt bildete ein Angina-Symptom-Score, der täglich anhand der Anzahl der Angina-Episoden und der verschriebenen antianginösen Medikamente berechnet wurde, sowie das Auftreten klinischer Ereignisse. Zu den sekundären Ergebnissen gehörten Belastungsdauer, Häufigkeit und Schwere der Angina pectoris und die Lebensqualität.

PCI reduziert Angina-Symptom-Score

ORBITA-2 ergab, dass die PCI den Angina-Symptom-Score deutlich und signifikant reduzierte (PCI 2,9 vs. Placebo 5,6; Odds Ratio [OR], 2,21; 95%-Konfidenzintervall [KI] 1,41–3,47; p < 0,001) – im Wesentlichen getrieben durch eine verringerte Häufigkeit täglicher Angina-Episoden. Auch die Belastbarkeit auf dem Laufband war in der PCI-Gruppe um 60 Sekunden länger (700,9 s vs. 641,4 s; OR 59,5; 95%-KI 16,0–103,0). Als Limitationen gelten die relativ kleine Patientenzahl, das selektionierte Patientengut (z. B. 96 % der Patienten mit normaler LV-Funktion; 80 % der Patienten mit 1-Gefäß-Erkrankung; Ausschluss von Patienten mit Hauptstammstenose) und die relativ kurze Beobachtungszeit. ORBITA-2 lässt keine Bewertungen über prognoserelevante klinische Endpunkte zu.

ORBITA-2 gilt anhand einer hoch selektionierten Patientengruppe als „Proof of Principle“: Eine Koronarintervention ist in der Lage, das Beschwerdebild des CCS, konkret die Parameter Angina pectoris-Häufigkeit, körperliche Belastbarkeit und die Lebensqualität, zu verbessern – und zwar unmittelbar sowie anhaltend über einen Zeitraum von 12 Wochen.

Fazit

ORBITA-2 belegt die Machbarkeit: Eine Koronarintervention kann die klinische Symptomatik von Patienten mit CCS verbessern.

Die PCI kann nun als evidenzbasierte Behandlung des CCS bei individuell ausgesuchten und informierten Patienten erfolgen.

Kontakt-- Prof. Dr. Andreas E. May, Medizinische Klinik I, Klinikum Memmingen, Andreas.May@klinikum-memmingen.de

Literatur--

Boden WE et al. N Engl J Med. 2007;356:1503-16

Maron DJ et al. N Engl J Med. 2020;382:1395-407

Xaplanteris P et al. N Engl J Med. 2018;379:250-9

Al-Lamee R et al. Lancet. 2018;6;391(10115):31-40

Rajkumar CA et al. N Engl J Med. 2023;389(25):2319-30

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