Fallbericht

Raumforderung mit unerwarteter Ursache

Bakteriämie-- Drei Wochen, nachdem bei einer Patientin eine pneumogene Sepsis diagnostiziert worden war, stellte sich die Frau erneut mit Fieber und septischem Krankheitsbild vor. Im CT zeigte sich eine mediastinale Raumforderung. Die zugrunde liegende Ursache ist zwar ungewöhnlich, dennoch sollte man an sie denken.

Von Carina Nasta und Dawit Assefa Veröffentlicht:
Im Vergleich zur Voruntersuchung (A) einige Wochen zuvor zeigtw siw Patientin  in (B) eine neue isodense Raumforderung (RF).

Im Vergleich zur Voruntersuchung (A) einige Wochen zuvor zeigtw siw Patientin in (B) eine neue isodense Raumforderung (RF).

© Karin Klingel

Eine 79-jährige Patientin wurde mit akuter respiratorischer Insuffizienz und septischer Konstellation auf der Intensivstation aufgenommen. An relevanten Vorerkrankungen bestanden ein Typ-2-Diabetes, paroxysmales Vorhofflimmern unter oraler Antikoagulation und eine arterielle Hypertonie. Bei Infiltraten und typischer Klinik wurde die Diagnose einer pneumogenen Sepsis gestellt, in den Blutkulturen konnte S. aureus angezüchtet werden (MSSA).
Carina Nasta, Assistenzärztin, Kreiskliniken Tuttlingen

Carina Nasta, Assistenzärztin, Kreiskliniken Tuttlingen

© Nasta

Dr. Dawit Assefa, Oberarzt, Kreiskliniken Tuttlingen

Dr. Dawit Assefa, Oberarzt, Kreiskliniken Tuttlingen

© Assefa

Im TEE fand sich kein Anhalt für eine Klappenendokarditis. Unter Flucloxacillin besserte sich die Symptomatik der Patientin, die Infektionsparameter waren rückläufig, weitere Blutkulturen blieben steril. Die Frau wurde in gebessertem Zustand nach 17 Tagen Antibiose entlassen.

3 Wochen später wurde die Raumforderung entdeckt

Drei Wochen später stellte sich die Patientin erneut wegen Fieber und septischem Krankheitsbild mit unklarem Fokus vor. In Blutkulturen wurde S. aureus erneut nachgewiesen, weshalb die Patientin erneut Flucloxacillin erhielt. Eine erneute TEE ergab keinen Anhalt für Vegetationen.
Abb. 1: CT: Im Vergleich zur Voruntersuchung (A) einige Wochen zuvor zeigte sich in (B) eine neue isodense Raumforderung (RF). Außerdem zunehmende kardiale Dekompensation mit progredienten Pleuraergüssen.

Abb. 1: CT: Im Vergleich zur Voruntersuchung (A) einige Wochen zuvor zeigte sich in (B) eine neue isodense Raumforderung (RF). Außerdem zunehmende kardiale Dekompensation mit progredienten Pleuraergüssen.

© Karin Klingel

Abb. 2: TEE: A: Nativ zeigte sich eine echoarme Raumforderung (RF) mit direkter Beziehung zur Pulmonalarterie (PA), in der ein massiv turbulenter Fluss im FD bestand (B). Mit geschäumtem Gelafundin Kontrastierung lediglich der PA mit geringem Auswaschphänomen im Bereich der Raumforderung (C). Erst bei Gabe von SonoVue Kontrastierung der Raumforderung zeitgleich mit Anfärbung der Aorta (D).

Abb. 2: TEE: A: Nativ zeigte sich eine echoarme Raumforderung (RF) mit direkter Beziehung zur Pulmonalarterie (PA), in der ein massiv turbulenter Fluss im FD bestand (B). Mit geschäumtem Gelafundin Kontrastierung lediglich der PA mit geringem Auswaschphänomen im Bereich der Raumforderung (C). Erst bei Gabe von SonoVue Kontrastierung der Raumforderung zeitgleich mit Anfärbung der Aorta (D).

© Karin Klingel

Zur weiteren Fokussuche wurde eine native CT des Thorax durchgeführt. In dieser Bildgebung zeigte sich eine mediastinale Raumforderung, die in der Voruntersuchung einen Monat zuvor nicht sichtbar war (Abb. 1). Wegen des Verdachts auf ein mediastinalen Abszess wurde eine TEE wiederholt, die eine Perfusion der Raumforderung in direkter Nachbarschaft zur Aorta und zum Truncus pulmonalis zeigte. Durch sequenzielle Gabe von Gelafundin (kein Übertritt in die Raumforderung) und SonoVue (deutliche Kontrastierung der Raumforderung über die Aorta) konnte der Links-Rechts-Shunt gezeigt werden (Abb. 2). Eine ergänzend durchgeführte CT-Angiografie bestätigte die 5 × 4 cm große Raumforderung als ein in den Pulmonalishauptstamm perforiertes Pseudoaneurysma der Aorta aszendens (Abb. 3).

Die Patientin lehnte eine operative oder interventionelle Therapie nach ausführlicher Aufklärung über die sehr ernste Prognose ab und entschied sich für ein rein palliatives Prozedere. Die Patientin verstarb wenige Tage später – im Rahmen des durch die Volumenbelastung bedingten Rechtsherzversagens.

Abb. 3. CT-Angiografie: In der koronaren Darstellung zeigt sich das ca. 5 × 4 cm große, isodens zur Aorta perfundierte Pseudoaneurysma der Aorta, das kaudal in den Pulmonalishauptstamm eingebrochen ist.

Abb. 3. CT-Angiografie: In der koronaren Darstellung zeigt sich das ca. 5 × 4 cm große, isodens zur Aorta perfundierte Pseudoaneurysma der Aorta, das kaudal in den Pulmonalishauptstamm eingebrochen ist.

© Karin Klingel

Abb. 4. Im TTE zeigte sich im Verlauf eine zunehmende Belastung des rechten Ventrikels bei Volumenüberladung durch den Shunt. Der RV ist vergrößert und war zunehmend funktionseingeschränkt (TAPSE 14 mm).

Abb. 4. Im TTE zeigte sich im Verlauf eine zunehmende Belastung des rechten Ventrikels bei Volumenüberladung durch den Shunt. Der RV ist vergrößert und war zunehmend funktionseingeschränkt (TAPSE 14 mm).

© Karin Klingel

Hohe Letalität bei infizierten Aneurysmen

Infizierte Aneurysmen sind mit einer signifikanten Morbidität und Mortalität verbunden. Obwohl auch die sekundäre Besiedelung eines bestehenden Aneurysmas möglich ist, handelt es sich bei den sog. mykotischen Pseudoaneurysmen im engeren Sinne um durch Infektion der Gefäßwand bedingte Destruktionen der Wandschichten mit folgender gedeckter Ruptur. Die Invasion in die Gefäßwand kann dabei über Verletzung der Intima oder durch septische Streuung über die Vasa vasorum der Gefäße erfolgen und führt durch die bakteriell getriggerte Freisetzung von Zytokinen, Serin-Proteasen und Metalloproteinasen zur Destruktion der Gefäßwand [1]. Es handelt sich daher um Pseudoaneurysmen, die typischerweise von einer diskontinuierlichen Adventitia und einem organisierten Hämatom umgeben sind. Am häufigsten betroffen sind intrakranielle Arterien, gefolgt von Viszeral- und Extremitätenarterien. Prädilektionsstellen sind Gefäßbifurkationen, die häufigsten verursachenden Erreger sind Staphylococcus spp. und Salmonella spp. [2]. Mykotische Aneurysmen der thorakalen Aorta sind seltene Krankheitsentitäten [3].

Die Behandlung besteht aus antibiotischer Therapie und chirurgischer Versorgung (Debridement und Gefäßrekonstruktion) [4]. Die endovaskuläre Behandlung ist bei Patienten mit hohem OP-Risiko eine Therapiealternative [5].

Fazit

Bei wiederholter Bakteriämie sollte neben den üblichen Ursachen auch an seltenere Entitäten wie infizierte Aneurysmen gedacht und diese entsprechend bildgebend abgeklärt werden.

Kontakt-- Carina Nasta, Assistenzärztin, Dawit Assefa, Oberarzt, Medizinische Klinik I, Kreiskliniken Tuttlingen

Literatur bei der Verfasserin/dem Verfasser