Sport steigert Kognition krebskranker Kinder

Bereits mehrere Studien konnten die positive Wirkung von sportlicher Betätigung auf die körperliche Leistungsfähigkeit und das krankheitsbedingte Outcome bei Kindern mit Krebs belegen. In einem systematischen Review mit Metaanalyse wurde nun auch ein günstiger Effekt auf die kognitiven Fähigkeiten nachgewiesen.

Von Nicola Zink Veröffentlicht:
Bewegung wirkt auch bei Kindern.

Bewegung wirkt auch bei Kindern.

© JackF / stock.adobe

Für Überlebende von Krebserkrankungen im Kindesalter, insbesondere – aber nicht nur – für diejenigen, die an einem Hirntumor erkrankt waren, ist das Risiko einer kognitiven Störung hoch. Schätzungsweise 35–60 % der Betroffenen haben kognitive Spätfolgen, die sich negativ auf funktionelle und psychosoziale Ergebnisse sowie schulische und berufliche Erfolge auswirken können. Um die positive Wirkung von Sport zu ermitteln, nahmen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Hongkong, China und den USA insgesamt 22 Studien genauer unter die Lupe. Daran waren 1.277 Kinder und Jugendliche mit einem medianen Alter von zwölf Jahren beteiligt. Die Krebstherapien waren im Median 2,5 Jahre zuvor abgeschlossen worden.

Die körperliche Aktivität konnte in beliebiger Häufigkeit, Intensität, Dauer, Umfang, Art und Umgebung durchgeführt worden sein, z. B. in einem Krankenhaus, einem Rehazentrum, einem Fitnessstudio oder zu Hause. Sie konnte als Monotherapie oder als Ergänzung zur üblichen Pflege oder Behandlung eingesetzt worden sein. Im Median hatten sich die Patientinnen und Patienten dreimal pro Woche sportlich betätigt. Die kognitive Leistungsfähigkeit wurde sowohl anhand von standardisierten Messungen als auch anhand von Patientenangaben gemessen.

Joshua D. K. Bernal von der University of Hong Kong und sein Team stellten fest, dass körperliche Aktivität und Bewegung die kognitive Funktion im Vergleich zu keiner Intervention oder einer üblichen Versorgung verbessern. Dies war sowohl der Fall, wenn die kognitive Leistung anhand von standardisierten Tests, als auch, wenn sie anhand von Selbstauskünften der Patientinnen und Patienten bewertet wurde. Informationen über die schulischen Leistungen der Probanden lagen allerdings nicht vor, auch die unterschiedlichen Bereiche der Kognition, wie etwa die Sprache, wurden nicht genauer spezifiziert.

Bei Studien mit Teilnehmenden, bei denen die Krebsdiagnose sowie die Krebstherapie länger zurücklagen, an denen mehr Mädchen teilgenommen hatten und bei denen der Sport eher selbstständig und weniger unter Anleitung durchgeführt wurde, kam eine signifikant geringere Verbesserung der kognitiven Funktionen durch Sport zutage.

Nach Meinung der Studienautoren würden dringend standardisierte Leitlinien für das Symptommanagement von Kindern und Jugendlichen mit Krebs benötigt, um neurokognitive Defizite sowie die Lebensqualität zu verbessern. Die optimale Art und Dosis der Interventionen und ihre Wirksamkeit bei verschiedenen Patientenmerkmalen und in unterschiedlichen klinischen Situationen sollten ebenfalls eruiert werden.

Multisystemische Wirkung von Sport

In einem begleitenden Kommentar zu der Studie merken Carmen Fiuza-Luces vom Forschungsinstitut des Krankenhauses 12 de Octubre in Madrid und drei weitere spanische Kollegen an, dass die Vorteile von Bewegung weitgehend multisystemisch sind und sich auch auf die kognitiven Funktionen auswirken. In mehreren Studien konnte inzwischen belegt werden, dass bei sportlicher Betätigung unzählige Moleküle, sog. Exerkine, freigesetzt werden. Sie können zahlreiche positive Wirkungen entfalten, z. B. entzündungshemmende Effekte oder verbesserte Insulinsensitivität. Bei Erwachsenen gibt es schon viele Belege dafür, dass Bewegung eine wirksame begleitende Behandlung für Krebspatientinnen und -patienten ist, etwa um die Nebenwirkungen einer Krebstherapie zu minimieren. „Krebs im Kindesalter sollte keine Ausnahme von solchen proaktiven Empfehlungen sein, vor allem nicht angesichts der weit verbreiteten körperlichen Inaktivität, die bereits im frühen Alter beginnt“, schreiben Fiuza-Luces und Kollegen. Auch die WHO empfiehlt Kindern und Jugendlichen mit gesundheitlichen Einschränkungen mindestens eine Stunde Sport mit mittlerer bis hoher Intensität pro Tag. Nicola Zink

Fazit

Krebskranke Kinder/Jugendliche, die sich körperlich betätigen, hatten eine bessere kognitive Funktion als betroffene Kinder, die keinen Sport trieben.

Sport ist bei jungen Krebspatientinnen und -patienten ein zentraler Baustein der komplementären Therapie.

Literatur-- Bernal JDK et al. Lancet Child Adolesc Health. 2022; https://doi.org/10.1016/S2352-4642(22)00286-3

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