Symptomatische KHK: Wann CT oder MRT?

Bildgebung-- Die kardiale Computertomografie (CT) und die Magnetresonanztomografie (MRT) haben das klare Ziel, eine präzise Diagnose zu stellen und eine maßgeschneiderte klinische Konsequenz für den Patienten abzuleiten. So ist die moderne Bildgebung ein „Gatekeeper“ für invasive Verfahren. Bei der Indikationsstellung, technischen Durchführung und Befundinterpretation ist die Fachdisziplin Kardiologie entscheidend.

Von Prof. G. Korosoglou und Prof. S. Kelle und Dr. A. Rolf Veröffentlicht:
Eine kardiale CT sollte bei Patienten mit einer niedrig-intermediären Vortestwahrscheinlichkeit durchgeführt werden.

Eine kardiale CT sollte bei Patienten mit einer niedrig-intermediären Vortestwahrscheinlichkeit durchgeführt werden.

© Zephyr/Science Photo Library

Die koronare Herzkrankheit (KHK) und ihre Folgeerkrankungen führen zu den meisten Erkrankungs- und Todesfällen in Deutschland. Die moderne kardiale Bildgebung mittels kardialer Computertomografie (CT) und Magnetresonanztomografie (MRT) erlaubt eine präzise diagnostische Klassifikation und Risikostratifikation von Patienten mit Verdacht auf obstruktive KHK oder Progression einer bekannten KHK. Das klare Ziel beider Methoden ist, eine präzise Diagnose zu stellen und eine maßgeschneiderte klinische Konsequenz für den individuellen Patienten abzuleiten. Somit kann jeweils eine der beiden Methoden als „Gatekeeper“ invasiver Verfahren dienen und sicherstellen, dass nur die Patienten und Patientinnen einer invasiven Herzkatheterdiagnostik zugeführt werden, die diese benötigen.

Durch die Fachdisziplin Kardiologie werden klinische Parameter, typische versus atypische Angina pectoris, EKG-Veränderungen und echokardiografische Befunde berücksichtigt und in Hinsicht auf die Planung der Diagnostik und Therapie im gesamtinternistischen Kontext gewertet. Die Kenntnis der Koronarangiografie ist entscheidend, um die Befunde der kardialen CT oder MRT korrekt zu interpretieren und für die weitere Diagnostik und Therapie patienten- und nicht methodenzentriert zu bewerten.

Diagnostisches Vorgehen bei Verdacht auf KHK

Prof. Grigorios Korosoglou, GRN-Klinik Weinheim

Prof. Grigorios Korosoglou, GRN-Klinik Weinheim

© Korosoglou

Die diagnostische Vorgehensweise bei Patienten mit Verdacht auf KHK sollte mit der Bewertung der klinischen Symptome beginnen, um Patienten mit instabiler Angina pectoris und akutem Koronarsyndrom zu identifizieren, die nach aktuellen ACS-Leitlinien behandelt werden müssen [1]. Nach Ausschluss eines ACS mittels Anamnese, EKG und serieller Enzymtestung sollten der Allgemeinzustand, die Lebensqualität und Komorbiditäten erfasst werden, da sie entsprechende therapeutische Entscheidungen potenziell beeinflussen können. Zudem sollten andere mögliche Ursachen wie muskuloskelettaler Schmerz, Reflux oder gastrointestinales Ulkus, Pankreatitis, Perikarderguss, Pneumothorax etc. differenzialdiagnostisch in Erwägung gezogen werden. Anschließend sind ein Ruhe-EKG und eine Echokardiografie indiziert. Letztere dient der Evaluation der linksventrikulären Pumpfunktion, wodurch die linksventrikuläre Ejektionsfraktion (LVEF) und regionale Wandbewegungsstörungen erkannt werden, die zur Risikostratifikation der Patienten wesentlich beitragen [2]. Anhand dieser Befunde sollte die Vortestwahrscheinlichkeit (VTW) [3] und die klinische Wahrscheinlichkeit einer obstruktiven KHK erfasst werden. Zusätzlich zu den kardiovaskulären Risikofaktoren und der klinischen Symptomatik (typische versus atypische Angina pectoris), sollten EKG-Veränderungen (pathologische Q-Zacken, fehlende R-Progression, ST-Segment-Veränderungen, T-Negativierungen) und regionale Wandbewegungsstörungen in der transthorakalen Echokardiografie von Kardiologinnen und Kardiologen kritisch bewertet werden. Nur durch diese essenziellen Schritte und eine direkte Interaktion zwischen der hausärztlichen Versorgung und der Fachdisziplin Kardiologie kann der bedarfsgerechte Einsatz der nachfolgenden diagnostischen Tests gewährleistet und eine Mengenausweitung beider Verfahren verhindert werden.

1. Bei Patienten mit niedriger Vortestwahrscheinlichkeit (< 15 %) kann der Ausschluss einer KHK durch die Fachdisziplin Kardiologie klinisch erfolgen, sodass hier kein weiterer diagnostischer Test notwendig ist. Dies gilt für die Mehrheit, ca. 60 % der Patienten haben unklaren Brustschmerz.

2. Bei Patienten mit hoher Vortestwahrscheinlichkeit (> 85 %) und ausgeprägten limitierenden Beschwerden im Sinne einer typischer Angina pectoris bei leichter Belastung sollte eine invasive Diagnostik ggf. mit iFR/RFR/FFR-Messung und koronarer Revaskularisation in der gleichen Sitzung erfolgen, sodass solche Patienten auch keine kardiale MRT oder CT benötigen.

3. Bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit im unteren intermediären Bereich (15–65 %), ohne kardiale Ereignisse in der Vorgeschichte und bei denen voraussichtlich eine hohe Bildqualität erzielt werden kann, sollte eine kardiale CT durchgeführt werden. Hier erreicht das Verfahren die höchstmögliche Präzision und dient somit als effektiver „Gatekeeper“ zur invasiven Diagnostik. Die Indikationsstellung, Durchführung, Befundung und Therapieempfehlung der kardialen CT erfordert klare Qualitätskriterien, die in einem aktuellen Positionspapier der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie aufgelistet sind [4]. Patienten mit unauffälligen Koronararterien oder einer nicht obstruktiven KHK in der kardialen CT bedürfen keiner weiteren Diagnostik und nach klinischer Indikation einer gezielten antianginösen, bzw. lipidsenkenden Therapie. Bei Patienten mit intermediären Stenosen sollte je nach klinischer Symptomatik eine weiterführende Ischämiediagnostik in Erwägung gezogen werden. Bei Patienten mit Stenosen, die an die 90 % angrenzen, und typischen Beschwerden, sollte ein Herzkatheter mit der Option einer Druckdrahtmessung mittels iFR/FFR erfolgen.

4. Bei Patienten mit einer Vortestwahrscheinlichkeit im höheren intermediären Bereich (66–85 %), insbesondere bei Patienten mit Verdacht auf Progression einer bekannten KHK, sollte eine funktionelle Ischämiediagnostik, z. B. mittels kardialer Stress-MRT oder Stressechokardiografie erfolgen. Hier bietet die kardiale MRT durch die LGE-Bildgebung auch die Möglichkeit der Darstellung der Myokardvitalität, was zur Planung einer Revaskularisation entscheidend ist. Bei der Wahl der Methode sollten die lokale Expertise sowie patientenspezifische Parameter berücksichtigt werden (Alter und Risiken durch die entsprechende Strahlenexposition, Kontraindikationen für pharmakologische Stressoren oder Allergien gegen jodhaltige Kontrastmittel oder Gadolinium). Im Falle eines negativen Ischämienachweises ist keine weitere Diagnostik erforderlich. Diese Patientinnen und Patienten bedürfen je nach kardiovaskulärem Risikoprofil und Klinik einer gezielten antianginösen oder/und lipidsenkenden Therapie. Im Falle eines positiven Ischämienachweises sollte je nach klinischer Symptomatik eine koronare Revaskularisation erfolgen.

Nutzen-Risiko-Abwägung der Verfahren

Die Fachdisziplin Kardiologie verfügt über eine fundierte Strahlenschutzqualifikation, die im Rahmen ihrer Weiterbildung und ihres Berufsalltags bei der Koronarintervention und der kontinuierlichen Kontrolle solcher Prozeduren mittels Röntgendurchleuchtung und angiografischer Dokumentation fest verankert ist. Auch mit den Möglichkeiten und Limitationen der Röntgendiagnostik und Angiografie des Herzens und der herznahen Gefäße sind Kardiologen und Kardiologinnen vertraut. Dies ist bei der Einschätzung von Nutzen und Risiken der diagnostischen Methoden in Hinsicht auf die entsprechende Strahlenexposition entscheidend. Methodenspezifische Vorteile, Risiken und Nebenwirkungen sollten auf individueller Basis kritisch gewertet werden. Die entsprechenden Risiken durch die Diagnostik sollten den potenziellen Nutzen unterschreiten, was mit den jeweiligen Patienten im Sinne eines „informed consent“ festgehalten werden sollte.

Im Falle der Notwendigkeit einer Revaskularisation bei höhergradigen Stenosen in der kardialen CT oder beim positiven Ischämienachweis in der kardialen MRT, sollten Nutzen und Risiken solcher Eingriffe versus eine optimale medikamentöse Behandlung mit den behandelnden Kardiologen bzw. mit den Kardiochirurgen im Heart Team kritisch evaluiert werden. All diese Schritte sind entscheidend zur Gestaltung bedarfsgerechter Pfade der KHK-Diagnostik und zur Verhinderung einer Mengenausweitung [5].

Fazit

Die kardiale Computertomografie (CT) und die Magnetresonanztomografie (MRT) erlauben eine präzise Diagnostik und Risikostratifikation von Patienten mit Verdacht auf obstruktive KHK oder Progression einer bekannten KHK.

Entscheidend dabei ist die bedarfs- und leitliniengerechte Anwendung der beiden Verfahren, um eine Mengenausweitung zu vermeiden.

Zum Thema siehe auch S. 32 und S. 39

Kontakt-- Prof. Dr. Grigorios Korosoglou, Abt. für Kardiologie, GRN-Klinik Weinheim, gkorosoglou@hotmail.com; SK: DHZB Charité – Universitätsmedizin Berlin; AR: Herzzentrum Kerckhoff-Klinik, Bad Nauheim

Literatur--

1. Collet JP et al. Eur Heart J. 2021;42:1289-367

2. Knuuti J et al. Eur Heart J. 2020;41(3):407-77

3. Montalescot et al. Eur Heart J. 2013;34:2949-3003

4. Rolf A et al. Kardiologie. 2023;17:81-94

5. Korosoglou G et al. Kardiologie. 2023; https://doi.org/10.1007/s12181-023-00636-x