Ticagrelor-induzierte Dyspnoe

Nach PCI-- Unter Ticagrelor kommt es häufiger als unter anderen P2Y12-Inhibitoren zu Therapieabbrüchen wegen Dyspnoe. In einer Post-hoc-Analyse erscheint Ticagrelor trotzdem als sichere Wahl für die Monotherapie nach DAPT.

Von Dr. Beate Schumacher Veröffentlicht:

Bis zu 20 % der Patienten und Patientinnen entwickeln unter Ticagrelor Atemnot, die, obwohl meistens vorübergehend und nicht schwer ausgeprägt, bei rund einem Drittel von ihnen zum Absetzen des Wirkstoffs führt. Die Dyspnoe-bedingten Therapieabbrüche könnten vor allem dann ein Problem darstellen, wenn nach PCI und Kurzzeit-DAPT eine Ticagrelor-Monotherapie erfolgen soll. Die TWILIGHT-Studiengruppe hat daher in einer Post-hoc-Analyse geprüft, wie oft, bei wem und mit welchen Konsequenzen in der Studie eine Ticagrelor-Behandlung infolge von Atemnot abgebrochen wurde. Den Ergebnissen zufolge ist die Dyspnoeproblematik kein Argument gegen eine Monotherapie mit dem potenten P2Y12-Antagonisten.

9 % Abbrüche wegen Atemnot

In TWILIGHT hatte eine 3-monatige DAPT, gefolgt von einer 12-monatigen Monotherapie mit Ticagrelor, im Vergleich zu einer fortgesetzten Therapie mit Ticagrelor plus ASS das Blutungsrisiko gesenkt, ohne das Risiko für ischämische Komplikationen zu erhöhen. In der Post-hoc-Analyse wurden nun nur jene Teilnehmenden in den Fokus genommen, die die Ticagrelor-Behandlung vorzeitig beendeten: Das waren 745 Personen (9,1 %). Die Mehrzahl von ihnen, nämlich 6,4 %, hatte Ticagrelor bereits in den ersten drei Monaten abgesetzt. In fast 94 % der Fälle wurde die Therapie auf einen anderen P2Y12-Antagonisten, meistens Clopidogrel, umgestellt.

Prädiktoren fürs Absetzen

Als unabhängige Vorhersageparameter für ein Dyspnoe-bedingtes Absetzen erwiesen sich höheres Alter, Rauchen, eine weitere PCI oder ein Bypass in der Anamnese, Hypercholesterinämie, PAVK und Adipositas. Von den Teilnehmenden, die Ticagrelor erst nach der Randomisierung wegen Dyspnoe abgesetzt und im Regelfall durch einen anderen P2Y12-Antagonisten ersetzt hatten, waren erwartungsgemäß diejenigen aus der Monotherapie-Gruppe hinsichtlich des Blutungsrisikos unverändert im Vorteil gegenüber der DAPT-Gruppe: Blutungen vom BARC-Typ 2, 3 oder 5 traten bei 3,8 % vs. 12,1 % auf. Vor allem aber war die Monotherapie-Gruppe weiterhin nicht einem erhöhten ischämischen Risiko ausgesetzt: Tod, Herzinfarkt oder Schlaganfall traten bei 5,0 % vs. 7,1 % der Patienten der DAPT-Gruppe auf.

Behandlungsstrategie scheint sicher

„Auch wenn es ein reales Risiko für Dyspnoe-bedingte Therapieabbrüche gibt, spricht unsere Analyse dafür, dass es eine sichere Strategie ist, drei Monate nach der PCI die ASS-Therapie zu beenden und nur mit Ticagrelor weiterzubehandeln“, lautet die Schlussfolgerung der Studiengruppe. Mithilfe der Prädiktoren für Dyspnoe-bedingtes Absetzen ließe sich außerdem jener Patientenkreis eingrenzen, der von einer engeren Überwachung hinsichtlich des Auftretens von Atemnot wahrscheinlich besonders profitiere. Durch die frühe Identifikation von Personen mit erhöhtem Absetzrisiko könne zeitig auf Clopidogrel deeskaliert und damit eine Nichtadhärenz zur P2Y12-Hemmer-Therapie vermieden werden. Das Team um Angiolillo räumt allerdings ein, dass die Post-hoc-Analyse in Bezug auf die klinischen Endpunkte wahrscheinlich keine ausreichende statistische Aussagekraft besitzt, die Resultate seien daher als Hypothesen-generierend anzusehen. Wichtig ist, darauf weist ein begleitender Kommentar hin, dass bei Atemnot nach einem ACS andere Ursachen wie etwa eine Sinusknotendysfunktion oder die Exazerbation einer Herzinsuffizienz ausgeschlossen werden. Wenn sich Ticagrelor als Ursache der Dyspnoe herausstelle, dann sei die Prognose im Allgemeinen günstig.

Fazit

9,1% der Teilnehmenden setzten Ticagrelor wegen Dyspnoe ab, fast alle erhielten einen anderen P2Y12-Antagonisten.

Unter den Abbrechern war die auf Ticagrelor randomisierte Gruppe weiterhin keinem höheren ischämischen Risiko ausgesetzt als die DAPT-Gruppe.

Eine Kurzzeit-DAPT plus Ticagrelor-Monotherapie scheint trotzdem eine sichere Strategie zu sein.

Literatur-- Angiolillo DJ et al. JACC Cardiovasc Interv. 2023;16(20):2514-24

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