Wie SGLT2-Hemmer auf die Niere wirken

EMPA-Kidney-Studie-- Bereits in der DAPA-CKD-Studie hat sich eine SGLT2-Inhibitor-Behandlung als nierenprotektiv herausgestellt. Jetzt liegen die Ergebnisse der EMPA-Kidney-Studie vor – die sind im Kern zwar vergleichbar zu denen von DAPA-CKD, doch es gibt durchaus Unterschiede zwischen beiden Studien.

Von PD Dr. Katharina Schütt und Prof. Nikolaus Marx Veröffentlicht:

Die Klasse der SGLT2-Inhibitoren war initial als glukosesenkende Medikamentengruppe entwickelt worden. Die Medikamente führen durch Blockade des SGLT2-Rezeptors im proximalen Tubulus der Niere zu einer vermehrten Glukosurie und senken so den Blutglukosespiegel. In den bei Patienten mit Typ-2-Diabetes durchgeführten kardiovaskulären Outcome-Studien konnte neben der Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte eine Verminderung der Progression der diabetischen Nierenerkrankung gezeigt werden. Daraufhin wurden dedizierte kardiorenale Endpunktstudien bei Patientinnen und Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz (CKD) durchgeführt.

PD Dr. Katharina Schütt Universitätsklinikum Aachen

PD Dr. Katharina Schütt Universitätsklinikum Aachen

© Schütt

In der DAPA-CKD-Studie [1] konnte eine Behandlung mit Dapagliflozin bei Patienten mit einer GFR 25–75 mg/min/1,73 m2 sowie einer Urin-Albumin-Kreatinin-Ratio (UACR) ≥ 200 mg/dl den kombinierten primären Endpunkt – bestehend aus GFR-Verschlechterung ≥ 50 %, terminaler Nierenerkrankung (Dialyse-Notwendigkeit für 28 Tage, Nierentransplantation oder GFR-Abfall < 5) sowie renalem oder kardiovaskulärem Tod – um 39% hochsignifikant senken, sowohl bei Patienten mit als auch bei jenen ohne Typ-2-Diabetes. Die Number Needed to Treat lag bei 19, um ein Ereignis zu verhindern. Darüber hinaus bewirkte die SGLT2-Hemmer-Therapie eine Reduktion des kombinierten Endpunktes von kardiovaskulärem Tod und Herzinsuffizienz-Hospitalisierung.

Zweite SGLT2-Hemmer-Studie an Nierenkranken

Im Rahmen der EMPA-Kidney-Studie wurde jetzt der Effekt von Empagliflozin vs. Placebo in einem vergleichbaren Design untersucht [2]. Eingeschlossen wurden Patienten mit und ohne Diabetes, die eine GFR von 45–90 ml/min/1,73 m2 und eine UACR ≥ 200 mg/g oder eine GFR von 20–45 ml/min/1,73 m2 aufwiesen. Insgesamt wurden 6.609 Patientinnen und Patienten mit chronischer Nierenerkrankung auf Empagliflozin 10 mg/Tag oder Placebo randomisiert. Der primäre kombinierte Endpunkt bestand aus kardiovaskulärem Tod oder Progression der Nierenerkrankung. Der Endpunkt der progressiven Nierenerkrankung setzte sich zusammen aus einer Kombination von terminaler Niereninsuffizienz (Dialyse, Nierentransplantation oder renalem Tod) oder einer Veränderung der GFR mit einer Absenkung ≥ 40 % oder einem GFR-Abfall auf < 10 ml/min/1,73 m2. Das mittlere Alter der Patienten lag bei 64 Jahren. 46 % der Teilnehmenden hatten einen Diabetes. Die mittlere GFR lag bei 34 ml/min/1,73 m2 und die mediane UACR bei 331 mg/g. 69 % der Patienten hatten eine CKD, die nicht durch den Diabetes mellitus verursacht war.

Charakteristika der EMPA-Kidney-Studie

Tab. 1-- EMPA-Kidney Studie mit Darstellung der Komponenten des primären Endpunktes. UACR: Albumin-Kreatinin-Quotient, ESKD: Nierenversagen definiert als Beginn der Erhaltungsdialyse oder Erhalt einer Nierentransplantation; CV: kardiovaskulär; eGFR: geschätzte glomeruläre Filtrationsrate

Tab. 1-- EMPA-Kidney Studie mit Darstellung der Komponenten des primären Endpunktes. UACR: Albumin-Kreatinin-Quotient, ESKD: Nierenversagen definiert als Beginn der Erhaltungsdialyse oder Erhalt einer Nierentransplantation; CV: kardiovaskulär; eGFR: geschätzte glomeruläre Filtrationsrate

© Schütt/Marx

Primärer Endpunkt hochsignifikant reduziert

In dieser Patientenpopulation reduzierte Empagliflozin hochsignifikant den primären Endpunkt um 28 %. Nach Aufsplittung der Einzelkomponenten zeigte sich ein nicht signifikanter Trend zu einer Reduktion des kardiovaskulären Todes mit einer relativen Risikoreduktion von 16 %. Signifikant war die Wirkung auf die Progression der Nierenerkrankung: mit einer Hazard Ratio (HR) von 0,71 (95%-KI: 0,62–0,81) (s. Tab. 1). Subgruppenanalysen ergaben, dass – vergleichbar zu den Daten von DAPA-CKD – der Benefit des SGLT2-Inhibitors konsistent war bei Patienten mit und ohne Diabetes und über den gesamten Bereich der eGFR.

Die Analyse der sekundären Endpunkte ergab eine signifikante Reduktion der Gesamthospitalisierungs-Raten mit einer HR von 0,86 (95%-KI: 0,78–0,95; p = 0,003). Tendenziell, aber nicht signifikant zurückgegangen ist auch das Risiko für Hospitalisierungen wegen Herzinsuffizienz oder das Risiko für kardiovaskulären Tod: mit einer HR von 0,84 (95%-KI: 0,67–1,07; p = 0,15).

Unterschiede zwischen EMPA-Kidney und DAPA-CKD

Vergleicht man die Daten von EMPA-Kidney mit denen von DAPA-CKD, so zeigt sich in der Gesamtheit ein sehr konsistentes Ergebnis: Die SGLT2-Hemmer-Therapie hat kardiorenale Endpunkte über das gesamte Spektrum der chronischen Niereninsuffizienz reduziert. Die Unterschiede in den kardiovaskulären Endpunkten sind zum einen bedingt durch die Basischarakteristika der Populationen, die sich in einigen Punkten unterschieden: Kardiovaskuläre Vorerkrankungen lagen in EMPA-Kidney nur zu 26 %, in DAPA-CKD hingegen bei 37 % der Patienten vor. Ein Diabetes mellitus in EMPA-Kidney fand sich bei 46 % vs. 67 % bei DAPA-CKD. Darüber hinaus war die mediane UACR in EMPA-Kidney mit 330 mg/g deutlich niedriger als bei DAPA-CKD mit 950 mg/g. Somit handelt es sich in Bezug auf das kardiovaskuläre Risiko bei DAPA-CKD um eine Population, die ein höheres kardiovaskuläres Risiko besitzt als die Studienpopulation in EMPA-Kidney. Ein weiterer Unterschied zwischen beiden Studien besteht in der Definition der Verschlechterung der Nierenerkrankung. So war in EMPA-Kidney eine Verschlechterung der GFR um ≥ 40 % als Endpunkt definiert, wohingegen dies in DAPA-CKD eine Veränderung ≥ 50 % war. Beide Studien waren so konzipiert, dass eine bestimmte Anzahl von Ereignissen des primären Endpunktes erreicht sein musste, bis die Studien beendet bzw. abgebrochen wurden (event-driven trial).

In der EMPA-Kidney-Studie gab es somit in einer Population mit niedrigerem kardiovaskulären Risiko und einer niedrigeren Schwelle für den GFR-Abfall in kürzerer Zeit mehr renale Endpunkte als kardiovaskuläre Todesereignisse (Anteil renaler Progressionsereignisse im primären Endpunkt 88 % vs. 12 % kardiovaskulärer Endpunkte). In DAPA-CKD trug der Nierenprogressionsendpunkt zu 71 % zum primären Endpunkt bei, wohingegen 29 % Ereignisse durch den kardiovaskulären Tod bedingt waren.

Somit wurden in EMPA-Kidney in einer niedrigeren Risikogruppe und mit einer niedrigeren Definition des renalen Endpunktes schneller renale Ereignisse erreicht als kardiovaskuläre Todesfälle, weshalb der Unterschied zwischen den beiden Studien nicht auf Unterschiede zwischen den Substanzen, sondern auf dem Studiendesign und der Patientenpopulation beruht.

Fazit

Zusammenfassend zeigt sich in der Zusammenschau von DAPA-CKD und EMPA-Kidney sehr konsistent, dass SGLT2-Inhibitoren die Progression einer Nierenerkrankung von Patientinnen und Patienten mit CKD auch unabhängig vom Diabetes vermindern.

Ebenso sind die Substanzen in der Lage, kardiovaskuläre Endpunkte in der Hochrisikopopulation von Patienten mit CKD zu reduzieren.

Literatur--

1. Heerspink HJL et al. Dapagliflozin in Patients with Chronic Kidney Disease. N Engl J Med. 2020;383(15):1436-46

2. Herrington WG et al. Empagliflozin in Patients with Chronic Kidney Disease. N Engl J Med. 2022; https://doi.org/10.1056/NEJMoa2204233

Kontakt-- Dr. Katharina Schütt, Universitätsklinikum Aachen,

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