Vermeiden Sie Fachjargon!

Zu guter Letzt-- Patientinnen und Patienten gegenüber sollten medizinische Phrasen möglichst vermieden werden. Welche Formulierungen besonders häufig falsch verstanden werden, haben Forschende genauer unter die Lupe genommen.

Von Nicola Zink Veröffentlicht:

Medizinisches Personal verwende in der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten viel zu häufig Fachjargon, beklagen Rachael Gotlieb von der University of Minnesota Medical School in Minneapolis und ihre Kollegen in einer Publikation. „Wir als Angehörige der Gesundheitsberufe gehen einfach davon aus, dass unsere Patienten die von uns verwendete Terminologie verstehen. Ganz gleich, wie sehr wir darauf bedacht sind, Fachjargon zu minimieren, wir werden es nicht vermeiden können, Wörter und Ausdrücke zu verwenden, die wir nicht von vornherein als Fachsprache erkennen“, so die Studiengruppe. Die Verwendung von Fachausdrücken könne zu Verwirrung bei den Patienten führen und schwerwiegende Folgen haben. Zum Beispiel gibt es Begriffe, die im allgemeinen Sprachgebrauch eine andere Bedeutung haben als in der Medizin. So steht in den meisten Kontexten das Wort „negativ“ für etwas Schlechtes. Im medizinischen Bereich hat „negativ“ jedoch in der Regel sogar eine gegenteilige Bedeutung. Gotlieb und Kollegen haben deshalb einige oft verwendeten Phrasen auf den Prüfstand gebracht. Für ihre Querschnittsstudie befragten sie 215 Frauen und Männer, die im Jahr 2021 bei der Minnesota State Fair, einer Messe in Minneapolis, die Forschungsgebäude der Universität aufsuchten.

„Negativ“ wird oft falsch interpretiert

Unter den Befragten herrschte Uneinigkeit darüber, welche Formulierungen für gute und welche für schlechte Nachrichten stehen. So wussten z. B. die meisten der Befragten (96 %), dass ein negatives Ergebnis bei der Krebsvorsorgeuntersuchung bedeutet, dass sie keinen Krebs haben. Weniger Befragte verstanden jedoch, dass „Ihr Tumor ist in Progression“ eine schlechte Nachricht ist (79 %) oder dass ein positiver Lymphknotenbefund bedeutet, dass der Krebs gestreut hat (67 %). Die meisten Befragten (80 %) erkannten, dass eine unauffällige Röntgenaufnahme der Brust eine gute Nachricht ist. 29 % der Teilnehmenden interpretierten „Keime im Urin“ korrekt als Hinweis auf eine Harnwegsinfektion, wobei die im amerikanischen Englisch häufig verwendete Formulierung „bugs in the urine“ für noch mehr Verwirrung sorgt, da „bugs“ eigentlich „Ungeziefer“ heißt. Lediglich vier Frauen und Männer konnten mit dem Begriff „okkulte Infektion“ etwas anfangen, der Großteil dachte, es handele sich um einen Fluch. Dass die Probanden einen negativen Befund so gut einordnen konnten, habe vielleicht auch mit den vergangenen Jahren der Corona-Pandemie zu tun, bei der die Bevölkerung lernte, dass negative Testergebnisse etwas Positives seien, vermuten Gotlieb und ihr Team. Es sei jedoch erwähnenswert, dass beim Vergleich der Formulierungen „Ihr Bluttest zeigt keine Infektion“ und „Ihre Blutkultur war negativ“ deutlich mehr Befragte die erste Formulierung richtig interpretierten, die das Wort „negativ“ gänzlich vermieden.

Höheres Alter und höhere Bildung kein Garant für besseres Verständnis

Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler waren zudem überrascht, dass ein höheres Alter kaum erfahrener im Umgang mit medizinischem Fachjargon macht: Ältere Teilnehmende zeigten lediglich bei 2 von 13 getesteten Formulierungen ein besseres Verständnis. In Anbetracht der Tatsache, dass mit zunehmendem Alter mehr Gelegenheit besteht, diverse Begriffe in einem medizinischen Kontext zu hören, hätten die Forschenden dieses Ergebnis nicht unbedingt erwartet. Auch eine höhere Bildung war nicht immer hilfreich, was Gotlieb und Kollegen zu dem Schluss kommen lässt, dass eine klare Kommunikation mit allen Patienten wichtig sei.

Fazit

Viele der abgefragten Formulierungen wurden von den Befragten nicht verstanden.

Medizinischer Fachjargon sollte in der Kommunikation mit Patientinnen und Patienten deshalb stets vermieden werden.

Literatur-- Gotlieb R et al. JAMA Network Open 2022; https://doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2022.42972

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