Kommentar zur CIRCA-Dose-Studie

Zeit für eine Neuinterpretation?

Kommentar--Der klinische Nutzen und die Erfolgsraten der Katheterablation wurden in den letzten Jahren durch das derzeitige Diagnosekriterium mit einer Dauer des VHF von 30 Sekunden bedeutsam unterschätzt. Dies belegen die vorliegenden Daten erstmals sehr gu

Ein Kommentar von Dr. med. Doreen Schöppenthau Veröffentlicht:
Dr. med. Doreen Schöppenthau-- Deutsches Herzzentrum der Charité, Berlin

Dr. med. Doreen Schöppenthau-- Deutsches Herzzentrum der Charité, Berlin

© Schöppenthau

Die CIRCA-DOSE-Studie gewährt uns durch das im Protokoll angewendete kontinuierliche Rhythmus-Follow-up mit Ereignisrekordern spannende Einblicke in die klinische Relevanz von Arrhythmie-Rezidiven nach Pulmonalvenenisolation (PVI) bei Patientinnen und Patienten mit paroxysmalem Vorhofflimmern (VHF).

Der klinische Nutzen und die Erfolgsraten der Katheterablation wurden in den letzten Jahren durch das derzeitige Diagnosekriterium mit einer Dauer des VHF von 30 Sekunden bedeutsam unterschätzt. Dies belegen die vorliegenden Daten erstmals sehr gut. Bereits seit dem Zeitpunkt seiner Einführung durch die Heart Rhythm Society 2007 wird dieser Zeitwert debattiert, insbesondere die Tatsache, dass eine einmalige Episode dieser Dauer nach einer Ablation als Misserfolg gewertet wird. Entscheidend ist neben der Rezidiv-Episodendauer, deren Länge neu evaluiert werden sollte, vielmehr die VHF-Last, welche aus meiner Sicht am besten widerspiegelt, welche klinische Bedeutung VHF für die Patienten hat. Leider kann diese gegenwärtig nur durch implantierte Ereignisrekorder oder andere Devices quantifiziert werden. Möglicherweise werden uns in Zukunft Wearables dabei helfen können.

Die Daten bestätigen meine klinische Erfahrung, dass der Wunsch einer erneuten Ablation bei Patienten mit Episoden < 1 Stunden selten ausgeprägt ist. Zudem schränken kurze klinische Rezidive nicht in jedem Fall die Lebensqualität der Patienten ein, wobei dies in der Studie erst ab einem relativ hohen Cutoff von 24 Stunden gezeigt werden konnte. Insgesamt konnte eine > 99%ige Reduktion der VHF-Last im Patientenkollektiv erreicht werden. Nur 13–16 % der Patienten nahmen eine Re-Ablation in Anspruch trotz Rezidivraten (Goldstandard-Definition) von 52–54 %, nämlich die mit hoher VHF-Last von > 10 %.

Zudem wissen wir aus anderen Studien, dass die Katheterablation nicht nur die Lebensqualität der Patienten mit VHF verbessert und Krankenhauskontakte reduziert, sondern auch das Risiko für Herzinsuffizienz sowie Thomboembolien/Schlaganfälle senkt, was wiederum von der Episodendauer abzuhängen scheint. Auch diese Effekte sollten den Erfolg einer Pulmonalvenenisolation definieren, sie waren jedoch in dieser Studie nicht Gegenstand der Betrachtung.

Spannend wären in Zukunft ähnliche Daten zu Patienten mit persistierendem VHF, deren Lebensqualität oft primär deutlich eingeschränkter ist und deren Inanspruchnahme von Gesundheitsleistungen höher ist. Außerdem hoffe ich auf eine Langzeitanalyse der Studienpatienten hinsichtlich des Schlaganfallrisikos in Abhängigkeit von der Rezidivdauer des VHF. Solche Ergebnisse könnte auch unser Management bezüglich des Absetzens der oralen Antikoagulation weiter beeinflussen. Es sollte festgehalten werden, dass wir differenziertere Endpunkte für die Katheterablation und ein kontinuierliches Rhythmusmonitoring brauchen, gerade auch wenn wir in Zukunft neue Ablationstechnologien gegen Standard-Technologien vergleichen.

Literatur-- Steinberg et al. Circ Arrhythm Electrophysiol. 2018;11:e006274; https://doi.org/10.1161/CIRCEP.118.006274

Kontakt--Dr. med. Doreen Schöppenthau, Oberärztin Rhythmologie, Klinik für Kardiologie, Angiologie & Intensivmedizin, Deutsches Herzzentrum der Charité, Berlin

Lesen sie auch
Schlagworte: