Cannabistherapie stört Herzrhythmus

Schmerztherapie-- Kardiovaskuläre Risiken von Cannabis sind auch beim Einsatz zu medizinischen Zwecken zu berücksichtigen. Nach Daten aus Dänemark gilt dies v. a. in den ersten Monaten und unabhängig vom THC-Gehalt der Produkte.

Von Dr. Beate Schumacher Veröffentlicht:

Was vom Rauschmittel bekannt ist, muss offenbar auch beim medizinischen Gebrauch von Cannabis beachtet werden: Die Anwendung der Droge geht mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung von Herzrhythmusstörungen einher. In einer registerbasierten Studie aus Dänemark war dieses Risiko vor allem zu Beginn einer Schmerztherapie mit Cannabis deutlich höher als bei der Verordnung von anderen Schmerzmedikamenten [1]. Während eines Pilotprojekts in den Jahren 2018–2021 konnten alle dänischen Ärzte und Ärztinnen Cannabis zur Behandlung chronischer Schmerzen verordnen. 5.391 Männer und Frauen haben in dieser Zeit zum ersten Mal Cannabis auf Rezept erhalten, bei den meisten waren die Schmerzen muskuloskelettal bedingt, bei den übrigen, soweit spezifiziert, durch neurologische oder Krebserkrankungen. Jeder Person mit Cannabisverordnung wurden fünf nicht exponierte Personen gegenübergestellt, die in Alter, Geschlecht, Schmerzdiagnose und der sonstigen Schmerzmedikation übereinstimmten; das mediane Alter lag bei 59 Jahren, fast zwei Drittel waren Frauen.

Risiko in ersten 180 Tagen verdoppelt

In den ersten 180 Tagen nach Beginn einer Cannabistherapie wurde bei 0,8 % der Patienten neu eine Arrhythmie diagnostiziert, in den meisten Fällen ein Vorhofflimmern. In der Kontrollgruppe ohne Cannabis erhielten im selben Zeitraum nur 0,4 % eine Arrhythmiediagnose. Die Cannabisgruppe hatte damit ein rund doppelt so hohes Risiko für eine Rhythmusstörung (RR 2,1). Die Zunahme des Risikos war nicht nur unabhängig von Alter und Geschlecht der Patienten, sondern auch davon, ob die verordneten Präparate nur Tetrahydrocannabinol (THC), nur Cannabidiol (CBD) oder THC plus CBD enthielten. Besonders ausgeprägt war das Cannabis-assoziierte Arrhythmierisiko bei Personen mit Krebs oder einer kardiometabolischen Erkrankung, von ihnen bekamen 1,5 % bzw. 1,6 % innerhalb von 180 Tagen eine entsprechende Diagnose gestellt. Nach einem Jahr war der Anteil der neu mit einer Herzrhythmusstörung diagnostizierten Personen in der Cannabisgruppe immer noch höher als in der Vergleichsgruppe (1,2 % vs. 0,9 %), der Unterschied aber deutlich geringer als in den ersten sechs Monaten. Ein Zusammenhang mit dem Auftreten von akuten Koronarsyndromen ließ sich dagegen weder nach sechs noch nach zwölf Monaten feststellen.

„Vor allem bei anfälligen Personen Wachsamkeit geboten“

„In Anbetracht des niedrigen medianen Alters und der niedrigen Prävalenz von Komorbiditäten in der untersuchten Kohorte stellt der Anstieg des Arrhythmierisikos, trotz des nur mäßigen absoluten Risikos, einen Grund zur Sorge dar“, schreiben Studienerstautor Anders Holt von der Kopenhagener Universitätsklinik und Mitforschende. Vor allem bei Personengruppen mit erhöhter Suszeptibilität, etwa aufgrund einer kardiometabolischen Erkrankung, sei besondere Wachsamkeit geboten – „zumal medizinisches Cannabis als Schmerztherapie noch immer umstritten ist“, so Holt et al. In einem Kommentar zur Studie betont auch Robert Page, Pharmakologe an der University of Colorado, dass bei der Verordnung von Cannabis Begleiterkrankungen der Patienten und ihre Anfälligkeit für Nebenwirkungen berücksichtigt werden müssen [2]. „Wie unter anderen psychotropen Agenzien können Nebenwirkungen, insbesondere am Herzkreislaufsystem, auftreten – egal, ob es sich um Cannabis als Rauschdroge oder um Cannabis zum medizinischen Gebrauch handelt.“

Fazit

Auch bei der medizinischen Anwendung von Cannabis ist ein erhöhtes Arrhythmierisiko zu beachten.

Dies ist unabhängig von Alter und Geschlecht der Probanden oder dem THC-Gehalt der konsumierten Produkte.

Literatur-- 1. Holt A et al. Eur Heart J. 2024; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad834; 2. Page RL. Eur Heart J. 2024; https://doi.org/10.1093/eurheartj/ehad848

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