Kommentar von Dr. Brück

Chancengleichheit und Gendern

Der Nächste bitte-- In der öffentlichen Diskussion wird viel Zeit auf das sogenannte „Gendern“ verwenden, obwohl wir reichlich andere Probleme haben – oder ist es gerade deswegen...

Ein Kommentar von Dr. Heribert Brück Veröffentlicht:
Dr. Heribert Brück, Kardiologe aus Erkelenz und BNK-Pressesprecher

Dr. Heribert Brück, Kardiologe aus Erkelenz und BNK-Pressesprecher

© Brück

Neulich war ein Patient zur Echokardiografie bei mir, der rein äußerlich schon sehr weit auf dem Weg vom Mann zur Frau zurückgelegt hatte, wie man deutlich sehen konnte. Jetzt stand die finale Operation an, für die er diese Untersuchung benötigte – warum auch immer. Ich hatte mich nett mit ihm unterhalten, die Untersuchung gemacht, ihm den Befund sofort mitgegeben und ihm alles Gute gewünscht. Ein paar Tage später kam er wieder und fragte, ob in dem Befund statt Patient nicht Patientin stehen könne. Offensichtlich sind selbst in einer solchen Phase, in welcher ich mir ganz andere Gedanken machen würde, diese Formalien extrem wichtig. So verwundert es auch nicht, dass wir in der öffentlichen Diskussion viel Zeit auf das sogenannte „Gendern“ verwenden, obwohl wir reichlich andere Probleme haben – oder ist es gerade deswegen.

Jeder der mich kennt, wird mich eher der Fraktion der „Frauenversteher“ zuordnen und nicht der Machofraktion. Und ich bin in diesem Punkt auch der gleichen Meinung wie meine Frau. Es gibt noch eine Menge zu tun, dafür zu sorgen, dass Frauen in der Gesellschaft die gleichen Möglichkeiten haben wie Männer, aber das Gendersternchen (um nur ein Beispiel zu nennen) bringt uns da keinen einzigen Schritt weiter.

Es gibt noch eine Menge zu tun, dafür zu sorgen, dass Frauen die gleichen Möglichkeiten haben.

Und leider hat sich in den letzten 30–40 Jahren hier nichts geändert, wohl weil es auch gar nicht wirklich gewollt ist. Aber kann man dann, nur als ein Beispiel, einen Arbeitgeber, und dazu gehören ja auch die Praxisinhaber, kann man ihn verstehen, wenn er Probleme hat, junge Frauen als MFA oder Ärztin einzustellen. Wenn das Kind krank ist oder die Kita ausfällt, wer ist dann gefordert – natürlich die Frau, selten der Mann und im günstigsten Fall die Großeltern. Es kann sich eben nicht jeder eine Nanny leisten. Andere Länder sind uns in diesem Punkt weit voraus, dort sind arbeitende Frauen mit kleinen Kindern auch keine „Rabenmütter“, weil das dort normal ist.

In Deutschland wird stattdessen ausgiebig darüber diskutiert, ob das Sternchen, der Doppelpunkt, die Sprechpause oder was auch immer die bessere Variante ist. Wir vergessen dabei, dass immer einzelne Personen nicht berücksichtigen werden, egal was wir machen, es sei denn, wir bleiben so schwammig, dass das auch wieder niemandem nützt.

Ich habe für mich beschlossen, nicht zu gendern, weil ich glaube, dass es den Frauen mehr nützt, sie ernst zu nehmen und die „Schranken im Kopf“ zu überwinden.

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