Der Medical Scientist in der Herz-Kreislauf-Forschung
Kardiovaskuläre Forschung-- Ein Workshop der KEK befasste sich mit den Herausforderungen und Karriereoptionen für Medical Scientists (MS). Die Ergebnisse der Diskussionen sind in einem Positionspapier festgehalten, das die Bedürfnisse der MS sowie strukturelle Probleme im deutschen Forschungssystem darstellt.
Veröffentlicht:Um die Herausforderungen und Karriereoptionen von Medical Scientists (MS) zu diskutieren, richtete die Kommission für experimentelle kardiovaskuläre Medizin (KEK) der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) im vergangenen Oktober den 4. Translationalen Workshop der DGK und des Deutschen Zentrums für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) aus. Ein gemeinsames DGK/DZHK Positionspapier fasst die Ergebnisse des Workshops zusammen, reflektiert die besonderen Anforderungen, denen MS in Bezug auf Ausbildung, Finanzierung und Karriereentwicklung gegenüberstehen, sowie die strukturellen Herausforderungen in Bezug auf das deutsche akademische Forschungssystem.
Was ist ein Medical Scientist?
Als MS werden Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler bezeichnet, die in der medizinischen Forschung, aber nicht in der Patientenversorgung tätig sind [1]. Sie kommen aus unterschiedlichen Fachdisziplinen wie den Natur- und Technikwissenschaften, den Ingenieurwissenschaften, der Mathematik oder Bioinformatik und teilweise auch aus der Medizin. Demgegenüber stehen die Clinician Scientists (CS), Ärztinnen und Ärzte, die medizinisch qualifiziert sind, (bio-)medizinische Forschung betreiben und Patienten behandeln.
Aufgrund der derzeit steigenden interdisziplinären Zusammenarbeit in der kardiovaskulären Forschung entsteht ein zunehmender Bedarf an MS, und dies bietet MS eine Reihe an beruflichen Chancen in der Gesundheitsforschung. So wurden im DZHK 2015 etwa 50 % nicht ärztliche Forschende beschäftigt, während nur 9 % der Mitarbeitenden Ärztinnen und Ärzte waren [2].
Wo liegen die aktuellen Herausforderungen des MS?
Hauptprobleme für MS sind die mangelnde Arbeitsplatzsicherheit und die schlechten langfristigen Karriereaussichten. Die realistischen Chancen eines Doktoranden in Deutschland eine Professur zu erhalten, liegt bei etwa 1:25. Des Weiteren gibt es nur wenige unbefristete Arbeitsplätze im wissenschaftlichen Mittelbau. Die meisten MS haben somit befristete Verträge von oft kurzer Dauer. Aufgrund der vom WissZeitVG gesetzten Fristen ist es für MS kaum möglich, einen unbefristeten Vertrag zu erhalten, da dies laut Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) im Durchschnitt 7,5 Jahre dauert. Das BMBF plant derzeit eine weitere Verkürzung befristeter Arbeitsverträge in der Postdoc-Phase auf nur vier Jahre, was nach Ansicht der KEK zu einer weiteren Verschlechterung der Situation der MS führen wird [3]. Ein weiteres Problem ist die begrenzte Anzahl von speziellen Förderprogrammen an deutschen Universitätskliniken und medizinischen Fakultäten sowie von Aus- und Weiterbildungsprogrammen während der Karriere der MS.
Ausbildung, Unterstützung und Karriere für MS
Die wenigen vorhandenen Ausbildungsprogramme für MS lassen sich grob in die Bereiche Grundausbildung, Weiterqualifizierung und Postdoktorandenausbildung unterteilen. Das Masterprogramm Cardiovascular Science an der Universitätsmedizin Göttingen ist ein Beispiel für die Grundausbildung von MS, wohingegen das „pre-PhD“ MSc Medical Sciences - Cardiovascular Research Programm am Institut für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin der Universität Freiburg auf eine Ausbildung vor Beginn der Promotion abzielt und somit ein Beispiel zur Weiterqualifizierung darstellt. Das von der Else-Kröner-Fresenius-Stiftung geförderte MS-Programm bietet eine einmalige dreijährige strukturierte wissenschaftliche Förderung für junge Postdoktorandinnen und -doktoranden, die über eine eigene Forschungsprojektförderung verfügen. Während diese Programme hervorragende Beispiele für die Unterstützung in allen drei Ausbildungsphasen von MS darstellen, sind es löbliche Ausnahmen: Uns ist kein weiteres Beispiel für die gezielte Einführung von MS in die kardiovaskuläre Medizin in einer dieser Kategorien bekannt.
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft fördert derzeit 23 CS-Programme an medizinischen Fakultäten, wohingegen fast keine vergleichbaren Programme für MS existieren. Auch das DZHK fördert MS über sogenannte Exzellenzprogramme. Insgesamt werden jedoch mehr Stipendien, spezielle Überbrückungsprogramme und Fördermittel für MS benötigt, um wettbewerbsfähige akademische Profilentwicklung zu ermöglichen. Es gibt ein breites Spektrum an Karrieremöglichkeiten für MS innerhalb und außerhalb der akademischen Forschung, z. B. nicht forschungsbezogene Aufgaben in der akademischen Welt sowie Tätigkeiten in der industriellen Forschung, Wissenschaftskommunikation, Wirtschaft, Verwaltung und im öffentlichen Sektor. Trotz der Fülle an außeruniversitären Möglichkeiten sind MS in der Regel nicht gut auf eine außerakademische Karriere vorbereitet.
Fazit
Es besteht ein breiter Konsens in der deutschen kardiovaskulären Forschungswelt, dass die Nachwuchsförderung im Berufsfeld des MS weiterentwickelt werden sollte.
Das erste Ziel besteht darin, das Bewusstsein für MS und ihre besonderen Bedürfnisse zu schärfen und sie besser zu vertreten.
Zweitens muss sichergestellt werden, dass MS während ihrer gesamten Laufbahn Zugang zu fairen und angemessenen Finanzierungsmöglichkeiten haben.
Außerdem ist die Entwicklung einer angemessenen und kohärenten Aus- und Weiterbildungslandschaft für MS unerlässlich.
Hinweis-- Kommission für Experimentelle Kardiovaskuläre Medizin: Peter Kohl, Nicolle Kränkel, Christoph Maack, Renate Schnabel, Katrin Streckfuß-Bömeke (Vorsitz), Laura Zelarayan
Literatur--
1. Health Research Forum. https://projekttraeger. dlr.de/media/gesundheit/GF/Konzept_Medical_Scientists_final.pdf. Accessed 11.10.2023
2. Wissenschaftsrat. https://www.wissenschaftsrat.de /download/archiv/6413-17.pdf. Accessed 30.10.2023
3. Zelarayán LC et al. https://dgk.org/daten/v2023_ 092-wisszeitvg.pdf. Accessed 2.11.2023