Genomeditierung von Herzmuskelzellen

Aus der Forschung-- Eine dilatative Kardiomyopathie-Form wird durch Mutationen im LMNA-Gen ausgelöst. Kausal könnte sie durch eine Editierung der Mutation behandelt werden. Dr. Julian Grünewald hat hierfür Lösungsansätze entwickelt.

Von Joachim Pietzsch Veröffentlicht:

Dilatative Kardiomyopathien sind die häufigsten Ursachen von Herztransplantationen. Einer Form dieser Krankheit will Dr. Julian Grünewald auf einer Tenure-Track-Professur an der TU München mit Prime-Editoren beikommen. Grünewald hat Beiträge zur Optimierung von Basen-Editoren geliefert. Dafür verlieh ihm die Aventis Foundation jetzt einen Life Sciences Bridge Award.

Eine besonders aggressive Form der Dilatativen Kardiomyopathie (DCM) wird von Mutationen des Gens LMNA ausgelöst. Dieses codiert für Proteine, die wie Filzfasern die innere Membran des Zellkerns auskleiden und so das Zytoskelett stabilisieren. Grünewald plant, diese Mutationen mithilfe von Prime-Editoren zu korrigieren, die er selbst für diesen Lokus optimiert. Eine Editierung dieser Mutation wäre die einzige Möglichkeit, betroffene Patienten langfristig kausal zu behandeln. Menschliche Herzmuskelzellen lassen sich in vitro aber nicht halten. Als Modell verwendet Grünewald deshalb Zellkulturen, die aus induzierten pluripotenten Stammzellen (iPSC) von Patienten mit kardialer Laminopathie mit DCM entstanden sind.

Abkömmlinge von CRISPR-Cas

Als Abkömmlinge der CRISPR-Cas-Verfahren sind Basen-Editoren und Prime-Editoren 2016 bzw. 2019 erfunden und weiterentwickelt worden. Auch wenn die CRISPR-Cas-Technik die DNA sehr genau editieren kann, so durchtrennt sie die DNA-Doppelhelix komplett. Jeder Doppelstrangbruch birgt das Risiko, dass DNA-Reparaturmechanismen nicht exakt genug gelingen, und es zu unerwünschten Mutationen kommt.

Sowohl Basen- als auch Prime-Editoren setzen dagegen nur einen Einzelstrangschnitt. Basen-Editoren bringen ein Deaminase-Enzym mit sich, das Aminogruppen abspaltet und dadurch bestimmte DNA-Buchstaben in andere umwandelt. Prime-Editoren bringen neben einem neuen Text in RNA-Buchstaben das Enzym reverse Transkriptase mit sich, das diesen Text in seine DNA-Spiegelschrift übersetzt und in die zu reparierende Stelle des Genoms einschreibt.

Herzmuskelzellen editieren

Als Post-Doc im Labor von Prof. Keith Joung am Massachusetts General Hospital war Grünewald fast fünf Jahre lang in die Optimierung von CRISPR-Nukleasen, Basen-Editoren und Prime-Editoren involviert. Er entdeckte, dass Basen-Editoren unerwünschte Off-Target-Effekte auf RNA haben können, und konstruierte als Konsequenz Editoren mitveränderten Deaminasen und einem deutlich verbesserten Sicherheitsprofil.

In seinen Arbeiten beschäftigte er sich mit der Minimierung und Optimierung von Basen- und Prime-Editoren, auch mit dem Ziel, sie effektiv und sicher in Herzmuskelzellen anwenden zu können. Bisher ist die Leber das bevorzugte solide Zielorgan therapeutischer Geneditierung. „Die Herzmuskelzelle ist eine besondere Herausforderung“, sagt Grünewald. Denn anders als Leberzellen, die sich unentwegt regenerierten, blieben sie ein Leben lang dieselben und stellten deshalb höchste Ansprüche an ihre Integrität auf DNA-Ebene.

„Seine aktuellen Projekte zeugen von Mut und strategischer Klarheit. Wir möchten ihm mit diesem Preis über die Brücke zu einerunbefristeten Professur helfen“, sagte Prof. Werner Müller-Esterl, Vorsitzender der Jury des Life Sciences Bridge. Der Life Sciences Bridge Award ist einer der höchst dotierten Nachwuchspreise Deutschlands. Er wird jährlich an drei Preisträger*innen vergeben. Sie erhalten jeweils 100.000 Euro

Fazit

Eine aggressive Form der DCM wird durch Mutationen im LMNA-Gen augelöst.

Dr. Julian Grünewald plant, diese Mutationen mithilfe von Prime-Editoren zu korrigieren, um die Erkrankung kausal heilen zu können.

Literatur--

Hsu, JY, Grünewald, J. et al. Nature Communications 2021; https://doi.org/10.1038/s41467-021-21337-7

Grünewald J. et al. Nature Biotechnology 2019; 37(9), 1041–8; https://doi.org/10.1038/s41587-019-0236-6

Grünewald J. et al. Nature 2019; 569(7756), 433–7; https://doi.org/10.1038/s41586-019-1161-z

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