Forschung

Neuer Sonderforschungsbereich in Heidelberg

DFG-Förderung in Heidelberg-- Ein neuer Sonderforschungsbereich „Molekulare Schaltkreise von Herzerkrankungen“ soll die Grundlagen für maßgeschneiderte Behandlungen von Herzerkrankungen legen. Dafür werden bestehende und neue Modelle für verschiedene Ursachen von Herzerkrankungen verwendet.

Von Prof. Johannes Backs Veröffentlicht:
Forscherinnen und Forscher versuchen, die krankheitsverursachenden molekularen Schaltkreise zu identifizieren.

Forscherinnen und Forscher versuchen, die krankheitsverursachenden molekularen Schaltkreise zu identifizieren.

© Monet / stock.adobe.com

Seit dem 1. Juli 2022 fördert die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) in den nächsten vier Jahren an der Universität Heidelberg den neuen Sonderforschungsbereich (SFB) 1550 „Molekulare Schaltkreise von Herzerkrankungen“ mit bis zu 14 Millionen Euro (Sprecher: Prof. Johannes Backs; stellvertretender Sprecher: Prof. Norbert Frey). Weitere beteiligte Einrichtungen sind das European Molecular Biology Laboratory (EMBL) und das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ). Neben dem vaskulär orientierten SFB 1118 (Sprecher: Prof. Hellmut Augustin) „Vaskuläre Kontrolle der Organfunktion“ werden an der Universität Heidelberg damit zwei kardiovaskuläre SFBs koordiniert. Der SFB 1550 soll die Grundlagen dafür legen, maßgeschneiderte Behandlungen von Herzerkrankungen zu ermöglichen. Dafür werden bestehende und neue Modelle für verschiedene Ursachen von Herzerkrankungen verwendet.
Prof. Johannes Backs, Universitätsklinikum Heidelberg

Prof. Johannes Backs, Universitätsklinikum Heidelberg

© Backs

Die Hälfte der Projekte nutzt Modelle für angeborene Herzerkrankungen (z. B. in Folge von LMNA, RBM20, MYBPC3, ATGL und BAG3 Mutationen) und basiert sowohl auf gemeinsame als auch spezifische Signalwege, die in den Vorarbeiten herausgearbeitet wurden. Die andere Hälfte der Projekte nutzt Modelle für erworbene Herzerkrankungen (infolge neurohumoraler Aktivierung, Druckbelastung, Ischämie oder metabolischem Stress). Der SFB 1550 untersucht damit die Gemeinsamkeiten und Unterschiede von angeborenen und erworbenen Herzerkrankungen. Die Wissenschaftler legen die Hypothese zugrunde, dass jede Herzerkrankung infolge einer unterschiedlichen Ursache durch teils spezifische molekulare Schaltkreise, aber teils auch durch Wechselwirkungen verschiedener Schaltkreise verursacht wird. So weisen z. B. vorläufige Daten darauf hin, dass das LMNA-Protein bei einer RBM20-Kardiomyopathie fehlreguliert ist. Die schlechte Prognose einer RBM20-Kardiomyopathie und Laminopathie aufgrund letaler Arrhythmien könnte somit auf eine gemeinsame molekulare Basis zurückzuführen sein. Solche Gemeinsamkeiten fanden sich auch zwischen metabolischem Stress und der Laminopathie.

Modelle für Krankheitsursachen

Der SFB 1550 profitiert davon, dass in der modernen Kardiologie die primäre Ätiologie heute mit großer Präzision erfasst werden kann. Erwähnt werden müssen hier die Möglichkeit der Genomsequenzierung aber auch anderer moderner Multi-OMICs-Technologien, die die Ebenen der Epigenetik, des Transkriptoms, des Proteoms und des Metaboloms erfassen. Gleichermaßen wichtig ist die in den letzten Jahren rasante Weiterentwicklung und hohe klinische Relevanz der Krankheitsmodellierung. Heute können in kürzester Zeit krankheitsverursachende humane Mutationen in Tiermodelle eingebracht werden und es werden komplexe metabolische Ursachen nachgeahmt. In humanen, aus induzierten pluripotenten Stammzellen differenzierte Herzmuskelzellen (hiPSC) lassen sich in 2D- und 3D-Modellen Krankheitskausalitäten nachweisen. Damit besitzen die Wissenschaftler in Heidelberg heute für viele verschiedene Ursachen einer Herzerkrankung ein experimentell zugängliches Krankheitsmodell.

Die 18 wissenschaftlichen Teilprojekte wenden diese Kombination zwischen Multi-OMICs-Charakterisierung und Krankheitsmodellierung im SFB 1550 konsequent an und legen den Fokus auf verschiedene Ebenen vom Gen zum Protein und die Interaktionen mit metabolischen Vorgängen (s. Abb.).
Verschiedene Ursachen, die zur Entstehung des Herzinsuffizienz-Syndroms beitragen: dazu gehören angeborene wie erworbene Faktoren.

Verschiedene Ursachen, die zur Entstehung des Herzinsuffizienz-Syndroms beitragen: dazu gehören angeborene wie erworbene Faktoren.

© Backs

Wichtige Fragen sind:

1. wie Genmutationen zu einer Umprogrammierung der Herzmuskelzellfunktion führen,

2. wie Stresssignale auf die Herzmuskelzellfunktion und wie deren instruktiven Signale auf andere Zellpopulationen im Herzen wirken,

3. wie Gene und Umwelteinflüsse zusammen wirken, um die Herzmuskelzellfunktion zu regulieren, und

4. was die wichtigsten gemeinsamen Knotenpunkte bei vererbten und erworbenen Herzerkrankungen sind?

Unterstützt werden die wissenschaftlichen Teilprojekte von drei Serviceprojekten. Diese kümmern sich um den Aufbau einer gemeinsamen Infrastruktur für Biobanking, Datenmanagement und Bioinformatik, bieten standardisierte zellbasierte und in-vivo-Krankheitsmodelle sowie phänotypische Techniken zur Analyse von strukturellen und funktionellen Krankheitsparametern an und begleiten die gezielte Ausbildung von Nachwuchswissenschaftler*innen.

Fazit

Die DFG fördert den Sonderforschungsbereich (SFB) 1550 „Molekulare Schaltkreise von Herzerkrankungen“ in den kommenden vier Jahren mit bis zu 14 Millionen Euro.

Die neue SFB soll die Grundlage für maßgeschneiderte Behandlungen von Herzerkrankungen schaffen.

Hinweis-- Weitere Infos: www.crc1550.com

Kontakt-- Prof. Johannes Backs, Sprecher des SFB 1550 und Direktor des Instituts für Experimentelle Kardiologie (Innere Medizin 8) am Universitätsklinikum Heidelberg

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